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Namen sind kein „Schall und Rauch“

CELLE. Johann Wolfgang von Goethe legte seinem Faust in den Mund: „Name ist Schall und Rauch.“ Gretchen hatte ihn gefragt, wie er es denn mit der Religion halte. Diesen Bogen schlug Prof. Dr. Jürgen Udolph, emeritierter Professor für Onomastik (Namenskunde) an der Universität Leipzig, um informativ und unterhaltsam Faust zu widerlegen. Ca. 120 Zuhörer hatten sich im Beckmannsaal eingefunden, um dem Vortrag des Professors zu folgen. Eingeladen hatte die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) – Zweig Celle.

„Woher kommen und was bedeuten unsere Familiennamen?“ lautete das Thema. Die Beschäftigung mit dem Thema bezeichnete Horst Pape, Leiter des Celler Zweiges der GfdS, als großartige Sache. Pape: „Der Name gehört untrennbar zu uns. Wir beziehen einen Teil der Indentität daraus.“ Eines stellte Prof. Udolph – obwohl heute gefragtester Experte, wenn es um die Deutung von Namen geht und bekannt aus zahlreichen Radiosendungen, in denen er u.a. die Herkunft von Ortsnamen erklärt – von Vornherein klar: eine seriöse Deutung von Familiennamen sei aus dem Stand heraus nicht möglich. Für eine vertrauenswürdige Deutung von Familiennamen sei die Erforschung der Geschichte zumindest relevanter Teile daraus unerlässlich. Und augenzwinkernd fügte er hinzu: „Machen Sie mich nicht dafür verantwortlich, was Sie für einen Namen haben.“ Dazu hatte er ein passendes Beispiel aus der DSDS-Fernsehsendung parat: Küblböck. Über 10 Jahre ist es her, dass der DSDS-Teilnehmer Küblböck die Nation spaltete, und nun erst erfahren wir, dass er eigentlich „Ein Bach, der viel Wasser führt“ heißt.

Früher gab es in Deutschland nur Vornamen. Um Verwechslungen auszuschließen, benutzte man bald Namenszusätze, z. B. der Schuhmacher Hans; denn es gab ja im Ort noch einen Stellmacher Hans. Aber nicht nur Berufsbezeichnungen wurden herangezogen. Die Herkunft (Ort/Wohnstätte/Haus), aber auch Benehmen, Aussehen, geistige Eigenschaften bildeten den künftigen Familiennamen. So wurde aus dem Gastwirt mit dem Krug der Herr Krüger. Auch den Namen Schneckenhaus gibt es, weil die Familie in einem Haus mit einer Wendeltreppe wohnte. Der Name Nonnenmacher ist ebenfalls noch aktuell und führt schnell zu Missdeutungen. Die korrekte Deutung allerdings ist auch wenig schmeichelhaft: Tierkastrierer soll er gewesen sein. Unverfänglich wird der Name Meier – in allen anderen Schreibweisen gleichermaßen – gedeutet: Verwalter. Nun, da steckt ein Major dahinter und auch der Mayor, der hier besser bekannt ist als Bürgermeister. Wer Kaiser heißt, kann sich nicht darauf berufen, dass sein Vorfahr Monarch war. Ganz im Gegenteil: Er benahm sich wohl wie ein Kaiser, was ihm aber gar nicht zustand. Wowereit, in Ostpreußen verortet, wer hätte das gedacht, bedeutet Eichhörnchen.

Historisch gesehen, kommen die Namen aus der damals gesprochenen Sprache. Insofern sind Namen Sprachkultur. Und die Sprache verändert sich – nur wir merken das nicht. Udolph: „Wörter haben ein Leben und Wörter können sterben.“ Wer macht heute noch auf dem Eiland Mallorca Urlaub? Eiland ist nur noch ein poetischer Begriff, der in der Umgangssprache der „Insel“ gewichen ist. Wörter, die gestorben sind, leben teilweise in Familiennamen weiter; Namen sind Zeugen der Geschichte.

Mit der Kartierung von Namen machte Prof. Udolph die Namenswanderung deutlich. Flucht und Vertreibung, junge Leute, die ein neues Leben gesucht haben, bewirkten die Bewegung weg von den Wurzeln, so gibt es z. B. 15 Millionen Deutsche mit einem polnischen Namen. Nicht ohne Stolz berichtet der Professor, dass die Universität Leipzig mit der Namenskunde in Deutschland die Spitzenstellung einnimmt, darüber hinaus war Leipzig Zentrum der Sprachwissenschaft weltweit. Das bringt es mit sich, dass auf dem Sektor der Namenskunde die Uni auch den Amerikanern überlegen ist. „Die Amerikaner brauchen uns, wir brauchen sie nicht“, weiß Prof. Udolph, „wir können sagen, woher sie kommen.“
Wer im Internet seinen Namen ergründen möchte, kann das im Internet mit den Suchbegriffen: „Familiennamen und Verbreitung“ angehen. Dann gibt es noch „familysearch.org“; in der von den Mormonen veröffentlichten Datei sind 3 Milliarden Namen im Bestand.
Mehr zur Namenskunde unter: Prof-Udolph.com

Redaktion
Celler Presse

 

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