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Kein Denkmal! Keine Hemmschwelle! – Eine Literatursäule für Alle

CELLE. Die Auftaktveranstaltung zum Ernst-Schulze-Jubiläumsjahr 2017 im Kreistagssaal war ein voller Erfolg. Die Veranstaltung war so gut besucht, dass mehrfach neue Stühle geholt werden mussten. Dabei zeigten die Vorträge und die musikalische Begleitung die vielen Seiten des jung verstorbenen Künstlers auf.

Das Flötenduo Marlene Pelz und Hannah-Theresa Strohbecke (Gym. Ernestinum) stimmte in die Auftaktveranstaltung ein. Danach dankte Dr. Lothar Haas, Vorsitzender der Ernst-Schulze-Gesellschaft, dem Landkreis für seine gute Kooperation. Er beschrieb kurz, dass Bildung ohne Literatur nicht möglich sei und dass gerade lokale Literatur mehr gefördert werden solle. Durch Förderer und Spenden an die Ernst-Schulze-Gesellschaft sind die kommenden Veranstaltungen ermöglicht worden. Anlässlich des 200sten Todestag von Ernst Schulze (1789-1817) entstehen viele kulturelle Sehenswürdigkeiten von Kunstausstellungen, über Rezitationen, Konzerten und Vorträgen in der Stadt und dem Landkreis Celle.

Gerade Schulen haben noch viele Möglichkeiten an Aktionen teilzunehmen.

So gestaltete bereits die Oberschule Lachendorf bildnerisch sowohl Gedichte, wie auch bunte Ernst-Schulze-Portraits.

Landrat Klaus Wiswe wies in seinem Grußwort daraufhin, dass Ernst Schulze als Person der Zeitgeschichte zu den Schätzen der Vergangenheit gehört. Auch wenn er noch beinahe völlig unbekannt ist, wird sich das in diesem Jahr ändern. Ernst Schulze gehört mit seinen Werken zur meistgelesenen Literatur im 19ten Jahrhundert und bekam bereits zu Lebzeiten den Brockhaus Literaturpreis. Diesen berühmten Celler Dichter wird nun die nötige Anerkennung entgegengebracht.

Der erste Vortrag von Prof. Dr. Jürgen Wertheimer (Tübingen) zum Thema „Warner? Schwärmer? Nestbeschmutzer? Zur Rolle der Literatur – damals wie heute“ war ausgesprochen heiter und mitreißend.

Ernst Schulze war, so schrieb er 1817 in seine Tagebücher, ein „Fremdling im eigenen Land“. „Ungeschickt im Leben“ und „sich selbst im Weg stehend“ habe Schulze eine poetische Welt im Kopf gehabt. Seine romantische Sichtweise habe allerdings auch einen gewissen Weltschmerz, der sich vor allem in einem doppelten Tonfall widerspiegele. Prof. Dr. Jürgen Wertheimer verglich im Weiteren Ernst Schulze mit Heinrich Heine, wobei er Schulze als einen „romantisierenden Anti-Heine“ darstellte, in dem er Gedichte beider Künstler gegenüberstellte.

Die Verbindung von Poesie und Politik sei nicht wegzudenken, auch wenn in der Politik häufig die Ansicht bestehe, dass Poesie nur eine „Gegenwelt für schöne Feierstunden“ darstelle. Poesie sei aber in Wahrheit ein Abbild der Wirklichkeit.

Dieses Abbild zeige sich auch am Beispiel von Theodor Fontanes Effie Briest. Es handele sich dabei um den puren Durchschnitt einer bürgerlichen Ehe in der damaligen Zeit. Diese Klarsichtigkeit, die mit einem Röntgenblick zu vergleichen ist, zeigt dem Leser, die in der Literatur zugespitzte und verdichtete Darstellung der Systeme (hier: bürgerliche Ehe) in dem die Individuen (hier: Effie Briest) leben.

Durch den beim Lesen erlebbaren Röntgenblick sensibilisiert der Leser sich, und kann in Zukunft selbst einen Röntgenblick auf die Systeme der Wirklichkeit anwenden. Dadurch bringe Literatur eine Verstandes- und Herzensbildung und somit auch eine Wahrnehmungsschulung, die gerade in der heutigen Zeit von großer Wichtigkeit ist. Schulen sollten daher in die Pflicht genommen werden, ihre Schüler zum Lesen zu begeistern. Diese Begeisterung für Schulzes Werke fühlten viele Künstler, die die Vielzahl von Schulzes Werken als Inspiration nutzten.

Als Außenseiter entstand für Ernst Schulze ein Überlebensdrang, der sich im Schreiben ausdrückte, so dass er zunächst in das soziale Dasein zurückkehrte und dadurch schlussendlich seine Identität sichern konnte. Denn auch noch 200 Jahre nach seinem Tod, können wir seine Werke lesen.

Franz Schubert gehörte zu den Inspirierten und vertonte Ernst Schulzes „Im Frühling“. Dies wurde den Zuhörern in Form von „Musik als erweiterte Sprache“ von Ilas Nicević (Tenor) und Slawomir Saranok (Piano) gezeigt.

Der abschließende Vortrag von Oskar Ansull (Celle/Berlin): „Ernst Schulze … in dem einsamen Zelle. Kurze Betrachtung zu einem kurzen Leben“ zeigte die Lebens- und Leidensgeschichte des Dichters auf. Ernst Schulze war geprägt durch die vielen Tode während seines kurzen Lebens. Sowohl seine Mutter, eine Stiefmutter und seine Freundin sterben an Tbc. An dieser Krankheit wird auch er nach nur 23 Jahren sterben. Schon früh fällt Schulze durch seinen Freigeist und seine romantische Veranlagung auf. Da er kaum die gleichen Interessen wie Gleichaltrige hat, lebt er in selbstgewählter Einsamkeit mit nur zwei Freunden. Durch den Buchladen seines Vaters und die in der Lateinschule gelernten Sprachen, liest er sich durch lateinische, griechische, englische und französische Literatur.

Die Natur sieht er als Inspirationsquelle für seine Werke. Zum Beispiel philosophiert er im „Zelle/Celle“ Gedicht und zeigt zwar die Landschaft des Landkreises auf, jedoch gilt diese eher als Metapher für seine Gedankenlandschaft. In diesem Gedicht zeigen sich die typischen in der Romantik vorkommenden Elemente, wie eine „reine Seele“ als Ideal, sowie Todeserfahrungen im Heimatort. „Ich kann nichts tun außer dichten und träumen.“, lautet ein Tagebucheintrag, den er mit 23 Jahren verfasste.

Die Zuhörer durften inspirierende Vorträge und sanfte bis kräftige Töne vernehmen und mit ihnen träumen. Manch einer hätte jedoch lieber ernstere Vorträge gehört.

Zum Abschluss versammelten sich alle Anwesenden an der Trift 26 zur Enthüllung der Ernst-Schulze-Säule. Diese wurde in strahlendem Sonnenschein gebührend begutachtet.

Weitere Informationen finden sich unter www.ernst-schulze.eu, sowie an der Ernst-Schulze-Säule.

Redaktion
Celler Presse

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