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Nachdenken über Celles Denkmalkultur

CELLE. Zum Tag des Denkmals lud am Sonntag das Bomann-Museum ein. Mit einem Vortrag des Schriftstellers Oskar Ansull zur Celler Denkmalkultur sollte zum Nachdenken angeregt werden. Mit einem geschärften Blick schaute Ansull auf die (Leer-)Stellen und die wenig beleuchteten Glanzlichter der Stadt.

Obwohl es eine Veranstaltung des Bomann-Museums war, versammelten sich die zahlreich erschienenen interessierten Bürger aus Platzgründen im Kunstmuseum. Hier hielt nicht nur der in Berlin lebende – aber in Celle geborene – Schriftsteller Oskar Ansull seinen Vortrag „Wo ist der Soldat vorm Schloss?“; er nutzte zugleich die technischen Hilfsmittel, um via Beamer einige wohl formulierte Punkte zu visualisieren.

“Der Mensch „beseelt“ die Gegenstände mit Bedeutungen, und umgekehrt vergegenständlicht er bedeutende Werte“, so Eckart Rüsch (früherer Celler Stadtdenkmalpfleger). So hieß es, bevor Ansull in die Denkmalkultur der Stadt einstieg.

„Wer im Gedächtnis seines Volkes lebt, ist ja nicht tot. Er ist nur fern. Tot nur ist, wer vergessen wird“ schrieb einst der spanische Dichter Lope de Vega. Doch in Celle scheinen viele kluge und engagierte Köpfe der Stadt wirklich tot zu sein, denn ein Gedenken an sie wird ihnen verwehrt.

Ansull blickte zurück auf die Entwicklung der einstigen Residenzstadt, die bereits vor 300 Jahren einen Tourismus vorweisen konnte – das war ein Verdienst der Caroline Mathilde. Dann rückte auch noch die bedeutende Mineraliensammlung des Stadtphysikus’ Johann Daniel Taube in den Fokus, die in der Fachwelt fast international bekannt war. So verdankt Celle seinen ersten bedeutenden und bis heute andauernden Tourismus auch einer jungen Ehebrecherin, die der Stadt ein kulturelles Aufleben zurzeit der Aufklärung bescherte und dem Namen „Celle“ in Europa relativ hohe Aufmerksamkeit, resümierte Ansull.

Nun stellte sich der Schriftsteller die Frage, wie sich die „Denk-, Dankmale und Plastiken“ etc. in den letzten 200 Jahren entwickelt haben. Im Stadtbild sind schon einige Objekte zu sehen, unter anderem die Plastik von Jean Ipoustéguy auf der Stechbahn oder auf dem Arno-Schmidt-Platz vor der Stadtbibliothek. Auch Otto Pienes Feuerwerk für Celle, das in der Kalandgasse aufflammt gehört hier zu den moderneren Denkmälern.

Doch Oskar Ansull wollte mit diesem thematischen Bogen auf die Situation im Schlosspark lenken: „Erinnern Sie sich? Heimlich still und leise, so scheint mir, verschwanden 1998 sowohl Albrecht Thaer aus dem Schlosspark als auch der steinerne Soldat vorm Schloss. Es verblieb einzig der zur Werbefigur der Stadt aufgestiegene Hengst Wohlklang mit dirigierendem Dompteur davor, seit 1985 in einer Pose verharrend, die Freiheitsdressur genannt wird.“

Wer nun die Rasenfläche vor dem Schloss sich anschaut, dem fällt vielleicht die Leere auf, als ob etwas fehlen würde. Doch einst stand dort wohl gar nichts und das Gelände war für den normalen Bürger abgeschottet. Erst nach den Kriegswirren des Ersten Weltkrieges wurde das Denkmal des Soldaten aufgestellt. Es schuf 1922 Hans Dammann, der in dieser Zeit zahlreiche solcher „Denkwürdigen“ Soldaten verwirklichte. Ansull beschreibt die Darstellung wie folgt: “Eine edel überhöhte Darstellung nach dem grauenvollen Geschehen im I. Weltkrieg, wo doch Bomben- und Gaskrieg wüteten. Das Schwert, von dem Wilhelm II. in seinen Kriegsreden ans Volk faselte, in der Hand, statt es aus der Hand zu legen; den Helm auf gesenktem Kopf, statt Helm ab zum Gebet!“

Nunmehr ist der Soldat vorm Schloss verschwunden und fristet sein Dasein versteckt am Neuen Rathaus. Auch seine Aufgabe ist nun eine andere. „Denn auf seinem Sockel gedenkt man inzwischen aller Opfer, zivile inklusive, die so in den Jahrzehnten der beiden Weltkriege gefallen und angefallen sind. Zack! Das war es. Täter und Opfer, ein Eintopf! Nun kniet er – mehr entsorgt als umsorgt – am Neuen Rathaus, der ehemaligen 77er Kaserne, und ich befürchte, auch die künftigen toten deutschen Soldaten werden ihm aufgebürdet.“ Andererseits macht Ansull aufmerksam, dass der Stadt sichtbare Gedächtnisorte im Zentrum fehlen, wo schöne Fassaden über viele Dinge schweigen.

So wird auch das Denkmal Caroline Mathildes von Adam-Friedrich Oeser im Französischen-Garten und die Skulptur Till Eulenspiegels am Südwall versteckt. Andere, wie Albrecht Thaer, deplatziert inmitten einer asphaltierten „Wüste“ zur Schau gestellt. Celle hält sich eh und je zurück, die Größen der Stadt richtig zu „vermarkten“ und sie zu würdigen. In anderen Städten werden Brunnen, Plätze oder Straßen nach ihnen benannt, doch das bleibt vielen von ihnen verwehrt, so Ansull.

Thaer hatte jedenfalls das Glück, nach dem Adolf-Hitler-Platz – danach Unionsplatz – zum Thaer-Platz aufzusteigen. Doch die Hindenburgstraße wurde lediglich zur Bahnhofstraße. Hier hätte aus der Sicht Ansulls auch ein anderer Stellvertreter in der Geschichte der Stadt einen Platz auf dem Straßenschild finden können.

Ansull setzt Denkanstöße zum Umgang mit der Celler Geschichte und den Denkmälern der Stadt. Warum nicht den Schlossgarten mit den Fehlplatzierten aufwerten und sie richtig in Szene setzen, oder neue Denkmäler schaffen, um die zu ehren und an jene zu erinnern, die es aus der Geschichte heraus verdient haben?

Redaktion
Celler Presse

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