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Jahresbericht des Oberlandesgerichts: 6.339 Zivil-, Familien-, Straf- und Bußgeldverfahren im Jahre 2015 entschieden

CELLE. Nicht allzu oft gewinnt das Oberlandesgericht (OLG) Celle bundesweite Aufmerksamkeit; dann geht es z. B. um Verfahren gegen Mitglieder einer terroristischen Vereinigung. Der Jahresbericht 2015 macht deutlich, dass es in der Masse der Verfahren eher um „Alltägliches“ geht, wenn gerichtliche Auseinandersetzungen überhaupt als „alltäglich“ zu bezeichnen sind. Zumindest stehen sie dann nicht im Fokus der breiten Öffentlichkeit.

Das OLG hat 24 Zivilsenate (davon sieben Familiensenate) und sechs Strafsenate mit insgesamt 85 Richterinnen und Richter (Stand 31.12.2015). Insgesamt sind in dem OLG-Bezirk knapp 4.000 Richter, Rechtspfleger, Beamte der Serviceeinheiten, Wachtmeister und Gerichtsvollzieher in den 41 Amtsgerichten und 6 Landgerichten beschäftigt. In Deutschland gibt es 24 Oberlandesgerichte, deren Bezirke historisch begründet sind. Von den drei niedersächsischen Oberlandesgerichten Celle, Braunschweig und Oldenburg ist Celle in seiner geographischen Ausdehnung, Zahl der Gerichtseingesessenen und Anzahl der Bediensteten nach das größte.

Wie OLG-Präsident Dr. Peter Götz von Olenhusen berichtete, sind im vergangenen Jahr die Eingangszahlen in Strafsachen um 12,6 % auf 2.113 deutlich angestiegen, in Zivilsachen um 5% auf 2.353 gesunken; um ebenfalls 5% auf 1.873 gingen die Familiensachen zurück. Durch die Reform bei Zivilverfahren werde vieles schriftlich erledigt ohne Anhörung. Berufungen, die keine Erfolgsaussicht haben, können ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen werden. Zivilsachen wurden im Jahr 2015 durchschnittlich in 5,3 Monaten erledigt.

Güterichterverfahren haben im Jahre 2015 zugenommen. Sie bieten Beteiligten an Zivil- und Familiensachen die Möglichkeit, mit Unterstützung eines Güterichters in einer nichtöffentlichen Verhandlung gemeinsam eine einvernehmliche, selbstbestimmte und für alle Beteiligten tragbare Lösung zu entwickeln.
Anette Apel, Vorsitzende Richterin am OLG, berichtete über die beim OLG anfallenden Berufungs- und Beschwerdeverfahren gegen landgerichtliche Entscheidungen. Eine große Rolle spiele die Ehrlichkeit der Versicherungsnehmer bei Abschluss eines Vertrages. Unvollständige oder falsche Angaben – insbesondere bei Krankenversicherungen – können dazu führen, dass erwartete Leistungen ausbleiben.

Vortäuschung von Versicherungsschäden sind sogar strafbewehrt. Anette Apel: „Bei uns kommen Fälle an, bei denen etwas schiefgelaufen ist.“ Die meisten Fälle betreffen Kaskoversicherungen mit dem Schwerpunkt um die Entschädigung bei Schäden am eigenen Fahrzeug oder nach dessen Entwendung. In den letzten Jahren kam es daneben zu einer Häufung von Verfahren auf dem Gebiet der Lebens- und Rentenversicherung. In relativ vielen Fällen ging es um Frage, ob der Versicherer aufgrund des Verhaltens des Versicherungsnehmers von seiner Leistungspflicht freigeworden ist. Wichtig ist, dass sich der Versicherungsnehmer auf die Beantwortung der Fragen im Antragsformular konzentriert. Auf abwiegelnde Äußerungen des Versicherungsvermittlers sollte man sich nicht einlassen und gar Arztbesuche und Krankheiten unterschlagen.

Dietrich Schmitz, Vorsitzender Richter am OLG, ging auf die Anhörung von minderjährigen Kindern ein, die von einem famliengerichtlichen Verfahren betroffen sind. Noch in den 70er Jahren standen die Interessen Minderjähriger nur am Rande bei Familiensachen; im Vordergrund stand die Trennung der Eheleute, Kinder sollten aus dem Verfahren herausgehalten werden. Erst in einer Neuregelung von 1979 wurde die Anhörung der Kinder vor Gericht eingeführt, 1998 entfiel die Differenzierung von ehelichen und nichtehelichen Kindern. Somit waren die Voraussetzungen geschaffen, die Minderjährigen „von Angesicht zu Angesicht“ anzuhören, wenn sie das 14. Lebensjahr vollendet haben. Diese Anhörung ist verpflichtend und ist außerhalb eines Einflusses der Elternteile, die – mit welcher Begründung auch immer – eine Anhörung des Minderjährigen verhindern wollen. Aber auch Kinder, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, können angehört werden, „wenn die Neigungen, Bindungen oder der Wille des Kindes für die Entscheidung von Bedeutung sind oder eine Anhörung aus sonstigen Gründen angezeigt ist“.

Das Oberlandesgericht Celle ist auf die Anhörung von Kindern bestens vorbereitet. So wurde ein separater Anhörungsraum geschaffen, der Anfang März fertiggestellt wurde. Dieser Raum ist ca. 21,5 qm groß. „Dieser Umbau ist gelebte Verfassung“, stellte Peter Götz von Olenhusen fest. So sei die Einrichtung auch eine interessante gesellschaftliche Entwicklung. Eine Anhörung sei für die Kinder eine große Belastung, die aber in der kindgerechten Atmosphäre unbeeinflusst ihren Willen äußern können.

Aber auch im Wartebereich ist dem Umstand Rechnung getragen worden, dass auch Kinder Wartezeiten mit spielerisch überbrücken können. Familienverfahren, insbesondere famliengerichtliche Auseinandersetzungen werden als sehr belastend empfunden. Dieser 15 qm große Raum steht daher auch als Rückzugsort für Besprechungen der Betroffenen zur Verfügung. Vor dem Oberlandesgericht wurden 2015 insgesamt 512 Kindschaftssachen verhandelt, davon elterliche Sorge 357, davon Umgangsrecht 119.

PR/Redaktion
Celler Presse

 

 

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