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Großes Besucherinteresse bei Ratssitzung – AfD will Zuwanderungsagentur schließen

CELLE. Die Celler Politikinteressierten waren wohl gespannt, wie sich der neue Oberbürgermeister Jörg Nigge bei seinem ersten Auftritt schlagen wird. Hauptthema war die Nichteinbringung des Haushalts 2017 wegen des auszuweisenden Defizits; das erfordere ein Haushaltssicherungskonzept. Das müsse innerhalb der nächsten vier Wochen erarbeitet werden. Ergänzend dazu der Redebeitrag des Stadtkämmerers Thomas Bertram im Wortlaut weiter unten.

Jörg Nigge forderte dazu auf, Sachthemen in den Vordergrund zu stellen aber nicht Personen. „Wir können nicht immer einer Meinung sein“, stellte er fest und regte an, die politische Streitkultur zu überdenken und Entscheidungen aufgrund von Fakten zu treffen. So kam es dann zum Praxistest, bei dem die meisten Themen einstimmig entschieden wurden und Einmütigkeit fraktionsübergreifend zu erkennen war. Dazu gehörten die Abstimmungen zu den Baugebieten Apfelweg und Vogelberg. Als es aber um den Bericht des Jahresabschlusses 2014 ging, der zur Abstimmung zur Entlastung des Oberbürgermeisters ging, ergriff Udo Hörstmann (Unabhängige) das Wort, der – wie er sagte – sich die Mühe gemacht habe, sich den Bericht anzuschauen. So habe er festgestellt, dass im Bericht das Vergabeverfahren kritisiert wurde, das nicht den gesetzlichen Vorgaben entspreche, und es kein ausreichendes Controlling gebe. Bernd Zobel hielt diese Kritik für eine reine Schaufensterrede, schließlich gehe es um das „insgesamt positive Ergebnis“ des Berichts. Bei der Abstimmung gab es eine Gegenstimme und fünf Enthaltungen.

Auf breite Zustimmung stieß der vorgelegte Feuerwehrbedarfsplan. Dort heißt es wörtlich:
„Der vorliegende Feuerwehrbedarfsplan der Stadtfeuerwehr Celle 2016 – 2023
schließt nahtlos an den Feuerwehrbedarfsplan 2008 – 2015 an und schreibt die Inhalte fort. Die Bestandsaufnahme des abwehrenden Brandschutzes wird umfassend dargestellt, Veränderungen der letzten Jahre aufgezeigt und gleich
zeitig der notwendige Veränderungsprozess der nächsten Jahre beschrieben.
Die zu Grunde gelegten Daten sind umfassend und stellen die derzeitige Ausstattung der Stadtfeuerwehr Celle dem entsprechenden Risiko – und Gefährdungspotenzial gegenüber. Aufgaben des Rettungsdienstes/Krankentransportes werden von der Feuerwehr nicht wahrgenommen! Die hieraus abzuleitenden Herausforderungen
sollen erkennbar aufgezeigt werden und bieten eine Hilfestellung für die notwendigen Investitionen in der Zukunft. Der erkennbare IST–Zustand der Freiwilligen Feuerwehr Celle wird für den Rat und die Verwaltung, sowie die Führung der Feuerwehr Celle eine Planungs- und Entscheidungshilfe sein. Die Bestandsaufnahme basiert auf den Daten der Jahre 2010 – 2015, schließt an die vorangegangenen Jahre an und sollte spätestens im Jahre 2023 durch eine Ergänzung und Anpassung eine Aktualisierung finden.“

Einvernehmlich mit dem Fachdienst Hochbau- und Gebäudewirtschaft ist der Fachdienst Allgemeine Ordnung sowie die Freiwillige Feuerwehr zu der Feststellung gelangt, dass die Feuerwehrgerätehäuser Groß Hehlen, Scheuen, Westercelle, Vorwerk und Altencelle nicht mehr baulich ertüchtigt werden können und mittelfristig durch Neubauten zu ersetzen sind. Dazu wurde in der 2. Jahreshälfte 2016 eine Arbeitsgruppe gebildet, um mit der strategischen Planung und Priorisierung zu beginnen. Wegen der langen Vorlaufzeiten beginnend mit feuerwehrstrategischen Überlegungen, bauplanungs- und ordnungsrechtlichen Fragestellungen sowie ggf. liegenschaftlichen Entscheidungen und selbstverständlich auch realistischen Einbringung in den Haushalt (nach Entscheidungsreife), sind diese Schritte jetzt erforderlich.

Im Fazit dazu ist dargestellt, dass die Leistungsfähigkeit der Stadtfeuerwehr auch bei Großeinsätzen tagsüber und nachts noch in ausreichendem Maße gegeben ist. Der Schutzzielerreichungsgrad liegt zwischen 90 und 95 %. Jedoch ist deutlich zu erkennen, dass die Tageseinsatzbereitschaft nachlässt und der Erreichungsgrad in naher Zukunft unter ein akzeptables Maß absinken kann.

Im zusammenfassenden Fazit ist erkennbar, dass die Stadt Celle mit ihrer Freiwilligen Feuerwehr im abwehrenden Brandschutz in seinen wesentlichen Teilen gut aufgestellt ist. Das Aufzeigen von Herausforderungen entspricht dem Sinn dieser Planungs- und Strategiehilfe sowohl für die Verwaltung als auch für die Politik.

Insgesamt kam auch der Rat zu der Erkenntnis, dass die Stadtfeuerwehren gut aufgestellt sind. Frank Pillibeit (AfD) begrüßte den Plan ausdrücklich als Vorsitzender des Feuerschutzausschusses. Harald Range (FDP) bezeichnete die Feuerwehr als eine Aufgabe, die über Wahlperioden hinausgehe. Der Plan sei wohl „eine Wunschliste aber auch eine Verpflichtung für uns.“ Auch Christoph Engelen (SPD) würdigte die Arbeit der Feuerwehren, deshalb sei der Bedarfsplan ein gutes Ziel. Der Rat nahm eine geschlossene Position ein.

Für Zündstoff im Rat sorgte Daniel Biermann (AfD), als es um den Haushalt der Zuwanderungsagentur ging. Er forderte, diese sofort zu schließen. Biermann kam zu dem Ergebnis, dass sich die Idee, mit der Zuwanderungsagentur Geld zu machen, nicht realisiert habe.

In der Verwaltungsvorlage wird ein jährliches Defizit für die Agentur ausgewiesen. Für das Jahr 2017 wird ein Minus von 333.000 € erwartet, das sich aus ordentlichen Erträgen in Höhe von 7.690.100 € und ordentlichen Aufwendungen in Höhe von 8.023.100 € ergibt. Dieses rechnerische Defizit werde im Jahr 2018 durch den Haushalt der Stadt Celle ausgeglichen.

Stadtrat Stephan Kassel bescheinigte Biermann Unkenntnis der Zusammenhänge. Patrick Brammer (SPD) rechtfertigte die Aufgabe der Zuwanderungsagentur, die 45 € pro Tag und Person einbringe, die Kostenerstattung durch das Land Niedersachsen für die Betriebsführung. Außerdem stehe Celle als Vorreiter einer erfolgreichen kommunalen Flüchtlingspolitik. Brammer hob die menschenwürdigen und gesamtgesellschaftlich nutzbringenden Ziele hervor. Vor allem könne das Bildungskonzept integrativ wirken – Bildung als verbindendes Element zum Vorteil für die Stadtgesellschaft. Bernd Zobel (Grüne) bezeichnete Biermanns Ausführungen zu dem Thema beschämend. Es gehe nicht nur um Zahlen sondern auch um Menschen, Menschen, die in die Stadtgesellschaft eingegliedert werden. Dazu habe Biermann nichts gesagt. Er habe nur von „dichtmachen“ gesprochen. Das sei eine inhumane Aussage.

Redaktion
Celler Presse

Redebeitrag des Stadtkämmerers zur Ratssitzung am 02.03.2017
(Es gilt das gesprochene Wort!)

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrte Damen und Herren des Rates,

wir alle haben erwartet, heute Abend den Haushaltsplan des Jahres 2017 zu beschließen. Herr Dr. Nigge hat in seinen einführenden Worten bereits erläutert, aus welchen Gründen dies nicht mög-lich sein kann. Gern nutze ich die Gelegenheit, Ihnen dazu noch einige weiterführende Hinweise zu geben.

In den momentanen Erwartungen zum Haushalt geht die Verwaltung von einem Jahresverlust von rd. 3,5 Mio. € aus. Damit ist ein Haushaltssicherungskonzept zwingend aufzustellen. Dieses HSK ist der Aufsichtsbehörde gemeinsam – und das ist der relevante Punkt – mit den Haushaltsplan vorzulegen.

Gestatten Sie einen kurzen Blick auf das Startszenario: Im Jahr 2016 war ein Jahresverlust von rd.16 Mio. € auszuweisen. Für 2017 stand dann zunächst ein Verlust von rd. 8,5 Mio. € in den Bü-chern. Es ist durch die besondere Anstrengung aller Akteure gelungen, diesen Verlust auf zu-nächst rd. 2 Mio. € zu senken. Kurzfristige Einmaleffekte ließen dann im Dezember den Haushalt-sausgleich erreichen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bereits zu diesem Zeitpunkt waren im Haushalt Risiken enthalten. Das ist im Haushaltsgeschäft aller Kommunen normal und nicht vermeidbar. Nähere In-formationen dazu haben Sie vor Einbringung des Haushaltes und in Ihren Klausuren erhalten. Die Gewerbesteuerentwicklung im Energiesektor war dabei – zum Leidwesen aller – immer ein beson-deres Thema: Bereits Ende Januar mussten die Erwartungen in diesem Bereich deutlich zurückge-nommen werden. Zum Teil konnten Kompensationen aus anderen Bereichen geleistet werden. Dennoch verblieb schon hier ein Risiko von rd. 1,3 Mio. € in den Büchern.

Es mag sich die Frage stellen: Warum müssen im Haushalt überhaupt Anpassungen vorgenom-men werden? Warum gibt es Risiken? Kann die Verwaltung nicht besser arbeiten?

Gestatten Sie dazu einen Blick auf die Planaufstellung: Die Arbeiten am Haushalt begannen im letzten Sommer und waren Mitte November im Kern abgeschlossen. Das bedeutet: Rund acht Mo-nate vor dem erwarteten Inkrafttreten im Sommer 2017 musste möglichst genau geschätzt werden, welche Einnahmen und Ausgaben zu erwarten sind. Die Anforderung des Gesetzgebers unter dem Titel Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit ist dabei, immer den Betrag anzusetzen, der am wahrscheinlichsten eintreten wird. Dies mit dem Ziel, Abweichungen zwischen Plan und späterem Jahresabschluss möglichst gering zu halten. Sie kennen das aus jedem wirtschaftenden Betrieb.

Die Genauigkeit von Schätzungen ist in der Zeitspanne Juli bis Mitte November zwangsläufig ge-ringer, als gegen Ende der Beratungen im Januar oder Februar. Zwar bemüht die Verwaltung alle ihr zugänglichen Quellen, für eine möglichst genaue Schätzung. Allerdings ist sie dabei in vielen Fällen auf Schätzungen Dritter angewiesen. Dies betrifft etwa die Erträge aus Gewerbesteuer, bei der die Messbeträge seitens der Finanzbehörden ermittelt werden. Gleiches gilt für die Pensions- und Beihilferückstellungen, die von der Nds. Versorgungskasse errechnet werden.

Der Haushalt wird daher immer so genau aufgestellt, wie es zum jeweiligen Zeitpunkt möglich ist. Es ist nicht zu vermeiden, dass mit fortschreitender Zeit immer mehr Beträge konkreter als die ur-sprünglichen Erwartungen werden. Dies betrifft im Moment den Zeitraum Januar und Februar 2017.
Eine Vielzahl an Veränderungen (prominent genannt sei dabei der erste Ausfall der Gewerbe-steuer im Januar) konnte zunächst kompensiert werden. Damit waren Ausgleich und Verzicht auf ein HSK gesichert. Allerdings waren damit sukzessive auch alle Möglichkeiten aufgezehrt.

Meine Damen und Herren, wäre der Haushalt zu diesem Zeitpunkt (also Ende Januar) beschlos-sen worden, wäre dann „alles gut“? Leider nein! Es wäre mit Bekanntwerden der neuen Risiken zunächst eine Haushaltssperre auf einen Teil der allgemeinen Aufwendungen und einen größeren Teil der freiwilligen Leistungen erlassen worden. Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass das hierin liegende Potential aller Wahrscheinlichkeit nach nicht ausgereicht hätte, um die Ver-schlechterungen zu kompensieren.

Eine weitere Alternative wäre damit die Erstellung ein Nachtragshaushalt gewesen. Da unsere un-mittelbaren Einsparmöglichkeiten aufgezehrt sind, wäre auch in einem Nachtrag ein negatives Er-gebnis ausgewiesen worden. Wiederum mit der Folge, ebenfalls ein HSK erlassen zu müssen. Ar-beits-, Beratungs- und Beschlussaufwand wäre auf allen Ebenen vergleichbar gewesen.

Wenden wir uns also der aktuellen Situation und damit den aktuellen Verschlechterungen zu: Was sind die Auslöser für die Verschlechterung des Jahresergebnisses?

Einerseits durch einen weiteren Steuermessbescheid des Finanzamtes Celle. Dieser betrifft den Energiesektor und bedeutet, dass weitere 2,1 Mio. € Gewerbesteuer-Vorauszahlung für 2017 aus-fallen werden. Daneben besteht das Risiko, dass in gleicher Höhe eine Rückzahlung für 2016 zu leisten ist. Es besteht aber auch die Chance, dass einen Teilbetrag durch Nachzahlungen aus den Jahren 2008 bis 2012 kompensieren zu können.

Für sich gesehen hätte der Ausfall 2017 möglicherweise noch aufgefangen und der Haushaltsaus-gleich erreicht werden können. In Kombination mit dem zweiten Effekt, einer Zusatzbelastung für Pensions- und Beihilferückstellungen von 1,8 Mio. € rückt dieses Ziel jedoch in die Ferne.

Wie kann es zu dieser weiteren Zusatzbelastung kommen? Die NKK ermittelt versicherungsmathe-matisch die im Kernhaushalt erforderliche Rückstellungsbildung. Gemeinsam mit der Abrechnung für das Vorjahr wird die Vorausberechnung für das laufende Jahr im Januar/Februar aktualisiert. Diese Aktualisierung und die Berechnung der NVK aus 2016 unterscheiden sich um den genann-ten Betrag. Da Abweichungen dieser Größenordnung mehr als ungewöhnlich sind, hat die Verwal-tung die Berechnung zunächst kritisch hinterfragt. Ergebnis dieser Überprüfung war, dass der aktu-alisierte Betrag ist in den Haushalt einzustellen ist.

Auch hier wäre – für sich gesehen – eine Kompensation im Bereich des Denkbaren gewesen. Es ist allerdings zu betonen, dass die Verwaltung bei beiden Positionen keine Einflussmöglichkeiten auf die Höhe hat.

Ein dritter Effekt, der den Ergebnishaushalt jedoch nicht beeinträchtigt, sind Leistungen aus dem Bereich der Stadt Celle an die Finanzbehörden. Hier wird es vermutlich noch im Jahr 2017 zu Zah-lungen aus einer Rückstellung kommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie dürfen versichert sein, dass niemand aus der Ver-waltung über diese Entwicklungen glücklich ist. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus?

Die Verwaltung wird mit Hochdruck und in kürzester Zeit ein Haushaltssicherungskonzept entwi-ckeln, dass den Erfordernissen der Aufsichtsbehörde entspricht. Es ist vorgesehen, die überarbei-teten Haushaltsteile Ende März/Anfang April beschließen zu lassen. Damit wird der Haushalt ver-mutlich 4 Wochen später rechtskräftig werden – notwendige Leistungen bis dahin sichert das In-strument der vorläufigen Haushaltsführung ab.

An dieser Verzögerung hätte auch ein Beschluss am heutigen Tage und ein Nachreichen des HSK nichts verändert. In der Aufsichtsbehörde hätte mit den Arbeiten an unserem Haushalt erst mit Vor-lage des beschlossenen HSK begonnen werden können.

Meine Damen und Herren, es ist unbenommen, dass diese Situation für Sie und alle Beteiligten unangenehm ist. Die Verwaltungsspitze ist jedoch davon überzeugt, dass der aufgezeigte Weg den rechtlichen Erfordernissen, den Haushaltsgrundsätzen und der Praktikabilität am besten ent-spricht.
Nach den jetzigen Planungen werden wir die geänderten Teile des Haushaltes im Finanzaus-schuss Ende März beraten und in der ersten Aprilwoche in diesem Gremium und im VA zum Be-schluss vorlegen. Unbenommen weiterer Entwicklungen beabsichtigen wir das Investitionspro-gramm und den Stellenplan auf dem jetzt bekannten Stand zu belassen.

Ich danke Ihnen!

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