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D saster – Was ist aus Deutschland geworden? – Die Frage stellte das Kabarett Leipziger Pfeffermühle in der CD Kaserne

CELLE. Seit 1954 streut das Traditionskabarett Pfeffer in das politische Zeitgeschehen und war über viele Jahrzehnte ein Garant für politische Satire und doppelbödige Pointen. Die aktuellen Antworten des Leipziger Kabaretts lassen den scharfen Biss der Vergangenheit vermissen. Ein Desaster ist die neue Produktion eines der wohl bekanntesten Kabaretts der deutschen Kleinkunstszene wahrlich nicht, aber allenfalls leider nur Mittelmaß.

Elisabeth Sonntag, Matthias Avemarg und Frank Sieckel mit den Musikern Hartmut Schwarze am Piano und Steffen Reichelt am Schlagzeug geben dem Publikum in der CD Kaserne in Teilen sarkastische und pointierte Antworten auf die Frage „Was aus dem gute alten Deutschland geworden ist“.

Das in diesem Land etwas schief läuft, zeigen 2 Polizisten, die ihre Nähe zum rechten Lager nicht wirklich verheimlichen können. Während die Demos der Nazis von eigenen Ordnern begleitet seien, der rechte Demonstrant immerhin in ordentlicher Kleidung pünktlich zur Demonstration erscheine und die Transparente in gut lesbarer Schrift vor sich trage, müssten die linken Störer noch deutlich dazu lernen. Der von Neonazis bedrohte Flüchtling kommt an der Sekretärin von Joachim Gauck nicht vorbei. Sie empfiehlt darüber hinweg zu sehen, wenn rechte Gesinnungsgenossen sein Asylantenheim stürmen.

Egal für welchen Zweck! Ein Prominentenpaar spendet gerne und viel, Hauptsache die beiden sind das schönste Paar auf der Wohltätigkeitsveranstaltung. Die reichste Frau Deutschlands rechnet dem Publikum detailliert vor, wie unsinnig die Verteilung ihres Vermögens an das Volk wäre – schließlich braucht man nicht viel zum Leben.

Auch das Bundesheer ist wieder wer. Es ist stark und autark und marschiert, als ob nie etwas gewesen wär. Als die Stabsunteroffizierin in ihrem Solo das Publikum mit Kasernendrill konfrontiert und auf ein „Hiphip“ ein promptes „Hurra“, auf „Zicke-Zacke“ ein schnelles „Hoi! Hoi! Hoi!“ aus dem Publikum kommt, bleibt auf den „Sieg!“ das „Heil“ in den Reihen des Publikums Gott sei Dank aus. So einfach ist Manipulation der Menge in Celle nicht!

Beim politischen Kabarett dürfen Backpfeifen für die Parteien nicht fehlen. Hier allerdings mussten die geschliffenen Dialoge als vermisst gemeldet werden. FDP und SPD werden milde abgewatscht. Auch Ursula von der Leyen, Martin Schulz und Angela Merkel bekamen ihr Fett nur in homöopathischer Dosis weg. Leider waren die Nummern in alte Schlager verpackt. Ti Amo, Hello Again und Rosamunde eignen sich nur bedingt für den Transport deftiger politischer Witze. Sie laden mehr zum Mitklatschen ein und so geriet die politische Satire ab in den Klamauk.

Fern der aktuellen politischen Brisanz, hat die Leipziger Pfeffermühle beim Dauerbrenner Kindererziehung wieder alles gegeben. Die Helikoptermütter, die ihre Brut im SUV in den Wald karren und den Förster an seinem Weltbild zweifeln lassen sind ebenso gelungen wie die Eltern, die den Spieß umdrehen und lieber selber pubertieren, um die Rebellion der Kinder in die gewünschten Bahnen zu leiten. Herrlich komisch war in diesem Zusammenhang die Elternprüfung. Die Humanumantelung (Windel) flog nach erfolgreichem Wechsel am Prüfobjekt in das Publikum und der werdende Vater kam dem Elternführerschein näher.

Ein Höhepunkt des Abends war die Kochshow mit Johann Lafer und Horst Lichter mit dem Motto „Kochen für Harz IV“. Dem Leistungsbezieher wurde von den Profis bewiesen, wie gut die Aldi Makrele mit dem feinen Rapsöl aus der Biodieselproduktion gelingen kann. Auch der Rehrücken sei doch einfach mit einer toten Katze von der Ausfallstraße zu ersetzen.

Auch wenn es in einigen Teilen der Produktion weh tat und die Pfeffermüller das scharfe Gewürz gelungen in die Wunden des Good old Germany streuten, damals (vor allem in schwarz-weiß) waren die Produktionen bissiger. Aber vielleicht ist das Traditionskabarett nach 63 Jahren altersmilde geworden? Dem durchweg in die Jahre gekommenen Publikum hat es in der CD Kaserne trotzdem gefallen. Der Applaus war den Pfeffermüllern sicher. Etwas bitter allerdings, dass die knappe Zugabe aus einem harmlosen Song über Merkel, die ausgelaugt und blass doch lieber die Wochenenden mit ihrem Joachim Sauer verbringen solle, bereits nach der Pause zum Besten gegeben wurde. Aufgewärmt fiel die fehlende Würze noch mehr ins Gewicht und das geistige Mahl wurde auch im 2. Anlauf nicht besser.

Marion Anna Peterson
Redaktion Celler Presse

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