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Religion und Sprache aus (Sprach-)Wissenschaftlicher Perspektive

CELLE. Der Vortrag der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) stieß auf reges Interesse, so dass unter anderem Theologen, Lehrer und kirchlich Engagierte, aber auch viele andere Gäste kamen, um das Thema „Theolinguistik, Sakralsprache und Kirchenlied zum Verhältnis von Religion und Sprache“ zu hören. Als erstes erklärte Prof. Dr. Albrecht Greule den Begriff der Theolinguistik (Theos – Gott), da dies ein relativ neuer Zweig der Linguistik / Sprachwissenschaft ist.

Vor dem Begriff gab es keine wissenschaftliche Literatur zu dem Themengebiet „Christentum und deutsche Sprachgeschichte“, darum erforschte es der Referent, Prof. Dr. Albrecht Greule. Aus diesem Thema entstand 2006 der internationale Arbeitskreis Theolinguistik, der sich nicht nur auf das Christentum beschränken will. Der Arbeitskreis besteht aus Theologen, Linguisten, Musikwissenschaftlern und Journalisten. Diese arbeiten an inter (zwischen den Religionen) und intra (innerhalb einer Religion) religiöser Kommunikation. Bisher sind jedoch nur wenige Religionen vorhanden (Christentum, Judentum).

Danach zeigte er auf, dass das Wort „Sakralsprache“ wissenschaftlich unverzichtbar sei, um weiterhin eine Unterscheidung von Sakral- und profaner Sprache zu haben.

Als nächstes erläuterte er wie die Theolinguistik in die sprachwissenschaftlichen Definitionen passt: Sprachvariation, -struktur, -pragmatik, -kultur und die Universalität menschlicher Sprachen. So behandle der sog. Theolekt alle Sprachen mit Gott, über Gott und „von“ Gott (Bibel, Kirchenlieder, u.a.), wobei die Linguistik sich ausschließlich auf Gottesdienste bezieht und nicht auf Privates, wie (nicht wissenschaftliche) Gespräche über Gott. Die Sprachstruktur zeigt sich in Theolexemen, z.B. „Weih-“ in Weihnachten.

Heiliges dürfe nicht alltäglich sein und in der Universalität menschlicher Sprachen zeige sich deutlich, dass im Inneren der (Natur-)Religion das Heilige/Sakrale/Transzendente/Übermenschliche stehe. Später räumte er ein, dass es fraglich sei, ob eine absolute Trennung beider Sprachen sinnvoll in der heutigen Zeit bzw. im einfachen Sprachgebrauch ist. Da dies jedoch nicht sein Forschungsschwerpunkt sei, könne er darüber nur spekulieren. Andere hätten aufgezeigt, dass beispielsweise in der Bierwerbung häufig Assoziationen von Göttlichkeit hervorgerufen werden, um die Reinheit des Produkts hervorzuheben.

Solche mehr inhaltlichen Aspekte von Religion und Sprache wurden nur am Rande angerissen. Viele Zuhörer hätten sich jedoch gerade diese Aspekte mehr gewünscht.

Im Bereich der Kirchenlieder verwies er auf die Arbeiten von Martin Luther, der die Sakralsprache in die Volkssprache übersetzte, vorher herrschte eine klare Trennung von beiden Sprachen im Gottesdienst, und somit den Weg ebnete für die bald zahlreichen Kirchenlieder. Beispielsweise gab es im 14. Jahrhundert nur rund 5 Kirchenlieder pro Jahr, während die Anzahl nach Luthers Übersetzungen rapide stieg, so dass es kurz darauf Gesangbücher gab. Prof. Dr. Albrecht Greule hatte einige Kirchenlieder mitgebracht, an denen er sprachwissenschaftlich zeigte, wer die Sprechergruppe war, ob es sich um einen einseitigen Dialog oder einen Monolog handelte und ob Ort/Zeit vorkommen. Auch das typische Empfänger-Sender-Modell war vorhanden.

Am Ende des Vortrags berichtete er kurz über einen Studenten, dessen Forschungsarbeit mit direktem Kontakt zu Jugendlichen und deren Verständnis von Sakralsprache zu tun habe. Dabei sei der Student zu dem Ergebnis gekommen, dass Jugendliche mit bestimmten biblischen Phrasen nichts anfangen können. Als Lösung des Problems sei eine ständige sprachliche Beobachtung der Sakralsprache von Nöten. Dieses Thema wurde im Anschluss von Prof. Dr. Albrecht Greule und dem Publikum diskutiert. Zudem wurden Fragen aufgestellt, wie Jugendliche mehr Interesse an der Sakralsprache und generell der Bibel („Evangelium für Alle“, wie ein Religionslehrer es ausdrückte) finden können.

Prof. Dr. Albrecht Greule zeigte in seinem Vortrag über die Theolinguistik – Religion und Sprache die Arbeit, sowie Herangehensweise der Sprachwissenschaft auf und gab zu bedenken, dass noch weitere Methoden und Quellen zur weiteren Forschung fehlten. Das Hauptziel der Theolinguistik sei wissenschaftlich über Göttliches zu diskutieren. Dabei sind alle Religionen erwünscht. Er wünsche sich zudem, dass sich dabei vor allem Theologen öffnen würden, um Theolinguistik interdisziplinär zu erörtern.

Der nächste Vortrag / Vorankündigung:
Prof. Dr. Anja Lobenstein-Reichmann (Göttingen):
Luther und die deutsche Sprache.
Donnerstag, 19. Oktober 2017, 19.30 Uhr im Beckmannsaal

Redaktion
Celler Presse

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