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Döring: „Premieren-Kritik unterschlägt skandalös sowohl den Inhalt der Uraufführung „Fesche Lola- brave Liesel“ von Heinrich Thies als auch die die politische Auseinandersetzung des Theaters.“

  • Celle

CELLE. Intendant Andreas Döring wirft der Celleschen Zeitung vor, dass die Theaterkritik zur Uraufführung die moralische Diskussion über politische Hetze und Populismus als Kernthema der Uraufführung ignoriert und dabei den Komplex von „Bergen-Belsen“ als zentralen Bestandteil des Stückkonflikts in geschichtsleugnender Art und Weise unerwähnt lässt. Dass die CZ die politische Auseinandersetzung des Theaters damit unterschlägt, ist für den Intendanten allein schon vor dem politisch-historischen Hintergrund der Uraufführung skandalös.

„Dreißig Minuten dieser Uraufführung spielen im Jahr 1945 in der Kaserne Bergen-Belsen und im dort entstandenen DP Camp. Dort bündelt sich der ganze Konflikt der agierenden Figuren in der moralischen Frage, wie konnte es dazu kommen, dass innerhalb einer Familie Menschen die Verbrechen der Nazis unterstützt haben, während andere dies bekämpften. Von dort erzählt das Stück retrospektiv, wie seit 1930 der Populismus und die Politische Hetze der NSDAP zunehmend Zuspruch fanden und wie gleichzeitig die Dietrich-Schwestern verschiedene Leben führten. Es wird also nacherzählt, wie es dazu kam, dass die Schwester von M. Dietrich in unmittelbarster Nähe zum KZ Bergen-Belsen auf dem Kasernengelände sogar SS-Offizieren im Auftrag der Wehrmacht mit Filmen „unterhielt“, und wie M. Dietrich sie dort aufsuchte im Irrglauben, ihre Schwester wäre selber im KZ interniert gewesen. Anschließend wird im Stück erzählt, warum es zum Leugnung der „Nazi-Schwester“ durch M. Dietrich kam. Dies geschieht immer in Bezug auf Bergen-Belsen. Hierzu rechtfertigen und beschuldigen sich die handelnden Personen – immer also in Bezug auf ein Verbrechen an der Menschheit, das aus politischer Hetze und Populismus entstanden ist.

Doch die CZ schreibt nicht ein Wort darüber; kein Wort über die Bedeutung von Bergen-Belsen im Kontext dieser Geschichte und damit dieser Uraufführung. Sie erwähnt nicht einmal „Bergen-Belsen“. Sie unterschlägt vollständig und völlig irreführend die Stück-Handlung und das Thema des Stückes. Dabei betreibt die CZ-Kritik die semantische Umdeutung und Verharmlosung des Kernkonflikts, indem sie lapidar zusammenfasst  „…die andere verlässt die Heimatstadt, um in der Heide beim Betreiben eines Truppenkinos zu helfen, schafft es nicht einmal den einst geliebten Beruf als Lehrerin auszuüben, verbringt ein kümmerliches Dasein in der kleinen Stadt Bergen.“

Diese massiven Auslassungen bringen die Kritik hart an Rand der beabsichtigen Geschichtsleugnung durch die CZ. Genauso unsittlich ist es aber auch, diese historisch-politische Auseinandersetzung des Theaters mit dem Thema so gänzlich unerwähnt zu lassen – zumal bei dieser Uraufführung keine fiktive Geschichte vorliegt. Das ist ein Skandal. Denn genau wegen der historisch bereits oftmals verleugneten Komplexität des Themas hatte das Schlosstheater ratsuchend mit der Gedenkstätte Bergen-Belsen zusammengearbeitet – diese Zusammenarbeit und deren begleitende Ausstellung im Schlosstheater zum Stück-Thema findet im Übrigen auch keine Erwähnung in der CZ.

Auch Moritz Arings musikalische Konzeption führt die Lieder über die Mittel des Jazz immer wieder in einen musikalischen „Erinnerungsraum“ zum Komplex „Bergen-Belsen“. Die CZ schreibt hierzu, der Jazz hätte Marlene Dietrich sicher gefallen – als könne sie behaupten, wie Marlene Dietrich das gefunden haben könne.

Diese umfassende Ignoranz greift sogar zum Mittel der Verleugnung: Am 7.9.2018 fand die 37. Premiere im Schlosstheater statt, seit ich für dieses Theater tätig bin. Es war seither die dritte Premiere, bei der es aus einem jubelnden Applaus heraus Standing-Ovation gab. Das ist in Celle selten. Das als „durchwachsene Zustimmung“ umzudeuten, wie in der CZ geschehen, wenn über die Hälfte des Parketts im Laufe des Applauses aufsteht (wie auch bei der 2. Aufführung geschehen), ist ein bisher einmaliger Vorgang.

In der gesamten CZ- Kritik werden somit die Inhalte und Ereignisse, die während der Premiere zu beobachten und zu erleben waren, durch Weglassung und Umdeutung verfälscht.

Es ist ein Skandal, wie hier durch geschriebenes Wort die politische Auseinandersetzung des Theaters mit der Gegenwart anhand der Historie und der Doppelbiographie von Heinrich Thies und deren Anerkennung durch das Publikum unterschlagen und umgedeutet wird.

Ob diese Auseinandersetzung relevant, dem Theater und dem Autor gelungen ist, wie dies umgesetzt und gespielt wurde, ob es überzeugt hat oder nicht, ist gar kein Gegenstand dieser Kritik, da sie die Auseinandersetzung mit dem Gegenstand der Uraufführung gar nicht erst geführt hat. Diesen Gegenstand jedoch zu unterschlagen und zu leugnen, ist unwürdig und für eine Zeitung mit kulturellem Anspruch in diesen Zeiten ein äußert bedenklicher Vorgang.“

PR

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