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Kommunalpolitik in der Kritik: Hof Nahtz an NPD verkauft – Netzwerk Südheide gegen Rechtsextremismus: „Brauchtumsfeiern in neuer Qualität“

ESCHEDE. In ganz neuem Licht fand am Samstag die Demonstration gegen Rechtsextremismus statt. Aufgerufen hatte zu der schon traditionellen Demonstration u. a. das Netzwerk Südheide gegen Rechtsextremismus, um gegen das Treiben auf dem Hof Nahtz ein Zeichen zu setzen. Die Nachricht von dem Deal, dass nun die NPD Eigentümer des Hofes sei, prägte die Stimmung auf der Demonstration und warf vor allem die Frage auf: Hätte der Deal nicht verhindert werden können oder müssen? Dabei richtete sich unter den Teilnehmern harsche Kritik an den Landkreis.

Unter der Erkenntnis des Verkaufs, hatte die Demonstration am Samstag an der Hermannsburger Straße/Im Dornbusch in Eschede eine andere Qualität. Der Deutsche Gewerkschaftsbund Region Nord-Ost-Niedersachsen und das Netzwerk Südheide gegen Rechtsextremismus hatten dazu aufgerufen, da sich auf dem Hof Nahtz zur Sonnenwendfeier stets Personen des rechtsextremen Spektrums versammeln.

Rund 200 Personen aus Politik, Verbänden und der Gesellschaft hatten sich eingefunden, um gegen die Treffen in Eschede zu demonstrieren und die Verantwortlichen für den Verkauf des Hofes scharf zu kritisieren. Entgegen der ersten Kritik, dass nur Auswertige an dieser Demonstration teilnahmen, traten rasch Escheder vor, die das Gegenteil beweisen. Obendrein haben die Demonstranten auch Unterstützung aus der Region bekommen, wie die „Omas gegen Rechts“ aus dem Landkreis und Hannover. Die Teilnehmerin Gudrun P. ist sogar extra aus Loccum am Steinhuder Meer angereist.

Zunächst mahnten die Redner zur Vorsicht, denn die Kleingeister werden mit den Allmachtsfantasien der Rechten immer ausgenutzt. Es gehe in der heutigen Zeit nicht mehr um Fakten, nur noch im Emotionen, warnt Klaus Jordan. „Die Menschen wollen nur an ihren Privilegien festhalten, sich dem Konsum hingeben, die Karriere kümmern und die nächste Freizeit planen – die Bevölkerung wurde und wird systematisch entpolitisiert.“ Diese Entpolitisierung werde nun nicht nur im Internet offen von Rechten ausgenutzt, um die Menschen zu blenden, berichtet Jordan.

Wilfried Manneke als Vertreter des Netzwerks Südheide schlägt in die gleiche Kerbe, wie Jordan und erinnert zudem an die 195 Todesopfer, die auf das Konto rechter Gewalt seit der Wiedervereinigung gehen. Mannecke wollte jedoch auch auf den aktuellen Mord an Dr. Walter Lübcke erinnern. Eine Mahnwache der Stadt Wolfshagen, zusammen mit der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, gedachten nicht nur Lübckes, sie richteten auch mahnende Worte in den Landkreis Celle, nach Eschede.

„Bei der Ermordung von Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke haben wir Zorn, Entsetzen und Trauer erfahren müssen, zu welchen bösen, unmenschlichen Taten fanatische und verblendete Menschen fähig sind. Wir beklagen und verurteilen die Bedrohung, Verunglimpfung und Ermordung von Dr. Walter Lübcke, den Christen, verfassungstreuen Politiker und Vertreter der freiheitlichen-demokratischen Grundordnung des Landes Hessen und der Bundesrepublik Deutschland. Wir können nicht schweigen zu dem Angriff auf das demokratische Gemeinwesen mit Häme, Hetze, Gewalt, Terror und Mord, mit rechtsextremer Demokratiefeindlichkeit, Judenfeindlichenkeit, Ausländerfeindlichekeit.

Wir treten in der Gesellschaft ein für Zivilcourage aller Bürgerinnen und Bürger, für Demokratie, für gewaltfreie Konfliktlösungen und ein friedliches Miteinander.

In der Trauer mahnen wir. Wir tragen Verantwortung für eine friedliche Entwicklung in unserer Gesellschaft und der Gemeinschaft der Völker.“

Reinhard Schaake, Bürgermeister Wolfshagen
Burkhard Finke, Stadtverordnetenvorsteher
Dr. Gernot Gerlach, Dekan, Kirchenkreis Wolfshagen

Uns liegt zu dem Deal das Fazit des Netzwerks Südheide gegen Rechtsextremismus vor, in dem nachhaltig für ein Eintreten gegen die „Brauchtumsfeiern“ der rechtsextremen Szene geworben wird:

„Somit werden die rechtsextremen Treffen auf dem Hof Nahtz in Eschede noch lange stattfinden. Immerhin fand ja schon im vergangenen Jahr der NPD-Landesparteitag Niedersachsen auf dem Hof statt. Die NPD hatte dafür ein Zelt aufstellen lassen, da sie inzwischen große Schwierigkeiten hat, noch irgendwo in Niedersachsen einen Saal anmieten zu können. Zur morgigen „braunen Sonnwendfeier“ auf dem Hof Nahtz lädt die NPD erneut ein, gemeinsam mit ihrer Jugendorganisation JN und den Düütschen Deerns, eine rechtsextreme Frauenorganisation aus Schneverdingen. Sie bezeichnen das Fest als „Brauchtumsfeier“. Ihr eigentliches Ziel ist es aber, auf Zusammenkünften wie diese Kontakte zu pflegen, Termine abzusprechen und neue Aktionen vorzubereiten. Somit sind diese Sonnwendfeiern alles Anderes als harmlos.

Für uns – Netzwerk Südheide gegen Rechtsextremismus – werden die Demos gegen die „Brauchtumsfeiern“ auf dem Hof Nahtz in Eschede ab morgen eine neue Qualität haben. Es ist nämlich schon ein Unterschied, ob ein verirrter Landwirt seinen Hof für solche Treffen zur Verfügung stellt oder der Hof selbst Eigentum der NPD ist. Es stellt sich für uns auch die Frage, was die NPD mit dem Hof vorhat?

Unwillkürlich müssen wir an zwei weitere Orte neben Hof Nahtz in unserer Region denken, wo Rechtsextreme sich schon ´mal sehr breit gemacht haben:

Hetendorf 13
Das Neonazi-Zentrum „Hetendorf 13“ (Landkreis Celle) hat der Rechtsanwalt und Bundesvize der NPD, Jürgen Rieger, von 1978 bis 1998 betrieben. Es war mit 300 Betten das größte rechtsextreme Schulungszentrum in deutschsprachigen Raum. Rieger führte dort politische Schulungen, Pfingstlager und Wehrsportübungen durch. „Hetendorf 13“ war auch Zentrum der Wiking-Jugend, eine Nachfolge-Organisation der Hitler-Jugend und des Bundes Deutscher Mädel. 1997 war auch Beate Zschäpe in Hetendorf. Erst 1998 hat das Land Niedersachsen das Zentrum in Hetendorf wegen Verfassungswidrigkeit geschlossen.

Landhotel Gerhus
Auf Anweisung von Jürgen Rieger besetzten Mitglieder der Neonazi-Kameradschaft 73 aus Celle 2009 das „Landhotel Gerhus“ in Niederohe bei Faßberg. Sie hatten die Schlösser aufgebohrt und das Gebäude gesetzwidrig eingenommen. Rieger wollte aus dem Hotel mit 50 Zimmern und 200 Betten erneut ein Schulungszentrum für Neonazis machen und den angrenzenden Campingplatz als Lagerplatz der rechtsextremen Jugend nutzen. Das Landgericht Lüneburg ordnete jedoch schon kurze Zeit später an, dass die Nazis das Hotel sofort räumen müssten. Im Dezember 2009 wurde es schließlich versteigert, an eine Unternehmerin aus Celle, die daraus ein Heim für Suchtkranke machte.

Hof Nahtz
Hat die NPD vor, den Hof Nahtz zu einem größeren Zentrum auszubauen? Soll daraus vielleicht sogar eine Neuauflage von „Hetendorf 13“ werden? Vorstellbar ist es. Immerhin liegt der Hof völlig isoliert am Rand von Eschede. Er ist drei Kilometer von der L 281 entfernt, nur über einen Sandweg zu erreichen. Es gibt auch keine weiteren Höfe oder Häuser in der Nähe. Der Hof ist nicht einsehbar. Ein idealer Ort also für Gruppen, die unerkannt bleiben und sich nicht in die Karten schauen lassen wollen.“

Auf dem rechten Auge blind?

Die Gemeinde Eschede kann bei Immobiliengeschäften nur eine Empfehlung geben, denn die Angelegenheiten werden im Landkreis Celle behandelt. Da der Hof Nahtz seit Jahren im „öffentlichen Interesse“ steht und mindestens zweimal im Jahr eine Demonstration gegen die Treffen dort stattfindet, werden solche Objekte mit besonderer Aufmerksamkeit betrachtet. Aus den Medienveröffentlichungen ist zu entnehmen, dass der Landkreis Celle auf den ordnungsgemäßen Ablauf verweist.

Aus den Recherchen unserer Redaktion ist zu entnehmen, dass jedoch die Polizei Celle erst wenige Tage vor dem öffentlichen Bekanntwerden des Verkaufs in Kenntnis gesetzt wurde.
Monate vorher muss der Landkreis von dem Verkauf gewusst haben, hat aber keinerlei Maßnahmen ergriffen. Die oben genannten Orte, wie Hetendorf, sind beim Landkreis in Vergessenheit geraten, kritisierte Hans-Dietrich Springhorn.

Springhorn griff in seiner Rede direkt Landrat Klaus Wiswe und den Escheder Bürgermeister Günter Berg an. Man habe den Verkauf unter dem „Deckmantel“ gehalten, lautete die Kritik und Springhorn fordert Konsequenzen.

In diesem Zusammenhang wäre ein Fall, einige Monate zurückliegend, von Bedeutung. Eine rechte Gruppierung hatte inmitten der Ortschaft Eschede an der Celler Straße einen Stand aufgebaut. Gut beflaggt, war dieser Stand von Bewohnern und Durchreisenden bestens präsentiert. Hierzu hatten sich jedoch Bürgerinnen und Bürger gefragt, warum gerade diese rechte Organisation diesen prominenten Platz zugeteilt bekommen hatte. Alle anderen Parteien präsentierten sich in der „zweiten Reihe“ auf dem Gelände des Einkaufsmarktes, jedoch nicht direkt an der Hauptstraße. Die Gemeinde Eschede hatte diese Entscheidung nicht getroffen, der Landkreis Celle habe kurzfristig der rechten Organisation die Genehmigung erteilt.

Alle Wege führen demnach zum Landkreis Celle, doch dieser sehe nur einen „normalen“ Verkauf.

Bundeskanzlerin und Bundesinnenminister stellen sich klar gegen rechte Tendenzen

Auf dem Kirchentag in Dortmund hatte sich aktuell Bundeskanzlerin Angela Merkel klar gegen Rechtsextremismus bekannt. Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte sich des Themas angenommen und wolle verstärkt gegen Rechte vorgehen.

Ein klares Signal, das jedoch im Landkreis Celle noch nicht angekommen zu sein scheint.

Redaktion
Celler Presse

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