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Demonstranten verhindern erfolgreich NPD-Marsch durch Eschede

ESCHEDE. „Es kommt immer anders als man denkt“, so hätte das Motto am Samstag lauten können. Von der eigentlichen Zeitplanung der Veranstaltungen, den erhofften Teilnehmerzahlen, bis zum Ablauf der Demonstrationen selbst. Über 500 Demonstranten hatten sich in Eschede eingefunden, um nicht nur gegen den Marsch und den NPD-Hof zu demonstrieren, sondern blockierten zugleich mit der starken Teilnehmerzahl die Abfahrt der NPD in den Ort.

Geplant war, dass die Demonstrationen nacheinander stattfinden. Zuerst wollte die NPD vom Finkenberg in den Ort einziehen, um dort Kundgebungen abzuhalten. Nach ihrer Rückkehr sollte dann die Demonstration aus dem bürgerlichen und linken Lager direkt zum NPD-Hof ziehen, um dort eine Kundgebung abzuhalten.

Die Termine waren bekannt und so versammelten sich nun auch schon vor Beginn der NPD Veranstaltung Teile der Gegendemonstranten am Bahnhof. Ein Bündnis aus dem linken Spektrum aus ca. 150 Teilnehmern bildete sich und zog weitere Bürger an. „Wir gehen zur Kreuzung und laufen den Nazis entgegen. Unser Ziel ist es, die Nazis am Marsch durch Eschede durch diese spontane Aktion zu verhindern“, so ein Teilnehmer der Antifa.  Gemeinsam zogen sie direkt los an die Kreuzung zum Finkenberg und zogen noch einige Bürgerinnen und Bürger mit sich.

Überrascht von der Aktion musste die Polizei nun die Lager voneinander trennen und bildete einen Sicherungsline. Dies führte dazu, dass die NPD von der Zuwegung nicht herunterkam. Im Ort versammelten sich anschließend weitere ca. 150 Teilnehmer aus dem bürgerlichen Lager an der Kreuzung Bahnhofstraße / Bergener Straße und diese zogen ebenfalls zu den Vorgegangen. Mit etlichen weiteren Bürgerinnen und Bürgern, die in kleinen Gruppen oder mit Pkw’s anreisten, stellten sich nun über 500 Demonstranten der NPD entgegen. 

Mit der Polizei versuchte die NPD eine Lösung zu finden, denn schließlich wollte diese ihre Route in den Ort fortsetzen. Angesichts der Sicherheitslage und den vielen Demonstranten war man übereingekommen, dass sich die ca. 10 Teilnehmer der NPD mit ihren Fahrzeugen auf den NPD-Hof zurückziehen, um ggf. im Anschluss noch ihre Demonstration durchführen zu können, was jedoch später von der NPD wieder verworfen wurde.    

Dr. Matthias Richter-Steinke (DGB Regionsgeschäftsführer): „Der DGB wurde in der Nazizeit unter Hitler verfolgt, daher ist es eine lange Tradition für den DGB gegen Rechts zu mobilisieren. Bei diesen Treffen auf dem NPD-Hof geht es darum, dass sich rechte Kräfte austauschen und vernetzen können. Der DGB will und kann dies nicht dulden, daher haben sie in der Vergangenheit immer wieder Gegendemos angemeldet (Winter- / Sommersonnenwende und Erntedankfest). Diese verfestigten Strukturen der rechten Szene lassen sich nur sehr schwer auflösen. Doch von der Verwaltung wird das Problem nicht gesehen. Der ehemalige Hof Nahtz wird nicht nur als Veranstaltungszentrum genutzt. Sondern auch junge Leute werden über diese traditionellen Veranstaltungen angesprochen und rekrutiert, um sie dort in der Nazi-Kunde zu schulen. Diese Veranstaltungen habe überdies einen großen Einzugsradius, denn selbst bekannte Personen aus der rechten Szene aus weiterer Entfernung verkehren regelmäßig auf dem NPD-Hof. Hier wünscht sich der DGB-Regionsgeschäftsführer mehr Kontrolle durch die Behörden. Denn Kinder und Jugendliche fallen unter den Jugendschutz, und an dieser Stelle sollten die Behörden eingreifen. Doch diese bietet dem Verkehr auf dem Hof bedauerlicherweise keinen Einhalt.“

Werner Leise (Attac Celle) schließt sich dem Vorredner an und ergänzt, dass Attac Celle nicht verfolgt wurde. Die Organisation und er selbst teilen nicht das Menschenbild der NPD. Er möchte nochmal darauf hinweisen, dass die Stadt Celle mit dem Verkauf des Silbersees an eine damalige Republikanerin auch ein großer Fehler gewesen sei.

Omas und Opas gegen Rechts aus Celle und Lüneburg waren ebenfalls bei der Kundgebung vertreten. Diese Initiative gibt es seit ca. 7-8 Monaten und umfasst 11-12 Personen. Zu Beginn stand drei Wochen lang eine Person Mahnwache bei der Tourismus-Information. Stück für Stück gesellten sich andere Omas und Opas dazu. Warum sie gegen Rechts auftreten? „Wir sind die Endkriegsgeneration. Wir haben die „gequirlte Scheiße“, die die Nazis damals anrichteten, ausbaden dürfen. Wir erlebten unsere Eltern als traumatisiert und vom Krieg und Sterben gekennzeichnet.“ Im Osten zeige sich jetzt die Entwicklung der Anfänge von den 20er und 30er Jahren ab. Die Omas und Opas stehen ein für die Demokratie, die  Mehrheit in einem freien Land, in dem jeder frei seine Meinung äußern darf. Sie kämpfen, damit ihre Kinder und Enkelkinder und auch zukünftige Generationen nicht wieder in einer Diktatur der Wenigen erleben müssen. Sie ermuntern jeden, sich mit der Geschichte des Landes auseinandersetzen und Geschichtsbücher zu lesen, damit sich die Geschichte von damals nicht wiederholt. 

Alexander Pape (Jusos LK Celle): „Die Jusos sind gegen Fremdenhass und Ausländerfeindlichkeit. Daher möchte die junge SPD hier auch ein klares Zeichen setzen. Seit 2014 treten sie der NPD auf Hof Nahtz regelmäßig entgegen. Dies ist eine lange Tradition, die mit wechselnden Leuten aufrechterhalten wird. Die Jusos wünschen sich, dass die Gemeinde den Hof aufgekauft hätte und der NPD den Kauf verweigert hätten.“ Dies sei ein ernsthaftes Problem. Das einzig Positive, das die Jusos erkennen, sei nun die Erlaubnis, an dem Hof vorbeizumarschieren und dem Unwillen gegenüber der NPD Ausdruck zu verleihen.

SPD AG 60 + hatte bereits schon 20 Mal hier klare Stellung bezogen und möchten das Forum gegen Gewalt und Rechtsextremismus unterstützen und aufzeigen, dass auch alte Menschen gegen Rechts sind.

Dirk Gerlach (Ratsherr der Stadt Celle von „Die Partei“) sagte Er esse lieber Falafel als Bratwurst. Nazis sind für ihn eine kulinarische Belästigung, denn sie zerstören und verachten die kulinarische Vielfalt Europas. Er zitierte den Satiriker Wiglaf Droste (†2019): „Patriotismus ist die Religion der ganz armen Schweine“.

Kirsten Dieckmann (Forum gegen Gewalt und Rechtsextremismus): „2007/08 meldete der DGB Nod-Ost die erste Minikundgebung an der Kreuzung vor Hof Nahtz an. Das erste Mal war für Kirsten Diekmann der Anlass, dass auf Hof Nahtz vor gut über 30 Jahren Wehrsportübungen durchgeführt wurden. Dieser Umstand war den Behörden bekannt, es wurde aber nichts dagegen unternommen. Denn Joachim Nahtz wurde von den Bürgern Eschedes als Waffennarr und Dorf-Original eingeschätzt. Selbst als NPD-Mitglied bekannt, nahmen die Bewohner Eschedes die drohende Gefahr nicht ernst.“

 Bei der ersten Demo hatte die Polizei die Einwohner Eschedes noch vor den Antifa Celle und Lüneburg gewarnt. 2014/15 durfte die Demo nur bis zur Brücke (Herrmannsburger Straße) stattfinden. Der Landkreis verweigerte die Demo zum Erntedankfest. Daraufhin zogen die Demonstranten vor Gericht und nun darf laut Gerichtsurteil die Demo bis zum Hof erfolgen. Vor gut einem Jahr wäre es nicht mal denkbar gewesen, dass sich spontan Grüppchen vor einer Demo hier einfinden. In diesem Jahr ist es  gelungen, schon vor 14 Uhr hier Leute anzutreffen. Das Forum gegen Gewalt und Rechtsextremismus hat sich folgende Ziele gesetzt:

  1. Nazis nicht durch das Dorf marschieren zu lassen.
  2. Keine rechten Veranstaltungen mehr auf Hof Nahtz.
  3. Eschede stärken und durch den Protest den Bewohnern ihre Unterstützung zu zeigen.

Franziska Baden, Pastorin der Kirchengemeinde in Eschede, machte auf die neue Idee der „Starken Stimme“ aufmerksam. „Abends ist ein vielfältiger, bunter Chorabend geplant, Weihnachtslieder gegen den Faschismus, zuvor gab es die Aktion: Lichter gegen Rechtsextremismus. Sie schließen sich der gewaltlosen Demonstration in Eschede gegen den NPD-Hof Nahtz an“, so Baden.

Um die Demonstranten zu untertüten, waren auch aus Berlin die Bundestagsabgeordnete Kirsten Lühmann und der Bundestagsabgeordnete Hennig Otte vor Ort. Viele folgten dem Ruf der Netzwerke und gerade die Unterstützung der Kirchen und der Schulen aus Celle bewegte die Menschen.

Offizielle Reden gab es schon an der Kreuzung, zur Zufahrt des Hofes, der zum Zeitpunkt noch durch de Demonstranten blockiert wurde:

Wilfried Manneke: „Die NPD soll sich vom Acker machen, wir werden ihnen keinen Raum lassen. Die Nazis haben über 6000 Menschen ermordet, im Krieg sogar 1 Millionen. In der Nazi-Diktatur gibt es keine Familie ohne Opfer. Die Rechtsextremen haben Obdachlose, Migranten und politisch Andersdenkende bedroht, eingeschüchtert oder sogar ermordet. Einige der Täter verkehren auch immer wieder auf dem Hof Nahtz. Die Besucher des Hofes sind meistens Hardcore-Nazis aus ganz Norddeutschland und die Behörden machen seit fast 25 Jahren nichts dagegen. Seit 2007 demonstrieren wir regelmäßig gegen die Veranstaltungen auf Hof Nahtz. Doch anfangs nur 1,7 km vom Hof entfernt auf der Kreuzung. Dank der Klage gegen den Beschluss vom Verwaltungsgericht konnten wir dank des Urteils nur 150 m vor dem Hof zum Erntefest demonstrieren. Jürgen Rieger eröffnete damals ein Nazi-Zentrum in Hetendorf, Nähe Herrmannburg mit 300 Betten. Durch die bessere Beobachtung durch die Gemeinde und die regelmäßigen Mahnwachen haben wir es damals geschafft, dass das Zentrum geschlossen werden musste. Der jetzige NPD-Hof ist ein Refugium für Nazis und die Behörden akzeptieren das und haben sillschweigend den Verkauf an die NPD akzeptiert. Klare Worte und ein rigoroses Vorgehen gegen militante Rechte und ihre Strukturen ist nun notwendig. Denn die Rechtsextremen lassen ihren Worten Taten folgen.“  Als Evangelist und Christ sehe er es als Aufgabe der Nächstenliebe an, mit Klarheit zu kommunizieren und zu handeln. Mit Klarheit Stellung gegen die Nazis zu beziehen. Für ihn sei der christliche Glaube und der Rechtsextremismus nicht miteinander vereinbar.“

Kirsten Dieckmann: „Wir sind immer da und werden immer da sein, um uns von Faschismus, Antisemitismus und Rassismus zu befreien. Jetzt ist es aber umso wichtiger: Denn es ist erschreckend. Die Nazis kommen jetzt aus ihren Löchern und zeigen sich auf Straßen und in Parlamenten. Aber wir kämpfen für eine vielfältige, chancengleiche und feministische Gesellschaft. Ganz wichtig: Niemand steht alleine. Viele werden bei ehrenamtlichen Tätigkeiten bedroht. Am 05. März gibt es in Celle eine Veranstaltung für die Betroffenen zum Austausch und gegenseitiger Unterstützung. Das dies nötig ist, zeigt, dass ein dringender Änderungsbedarf gegeben ist.“

Kurz vor dem Hof Nahtz wird es laut. Mit Trillerpfeifen und Parolen machten die Demonstranten auf sich aufmerksam. Sie skandierten: Alerta! Alerta! Antifaschista! (Achtung! Aufgepasst! Antifaschisten!) oder auch: Siamo tutti Antfaschisti! (Wir sind alle Antifaschisten!) mit Klatschen. Weitere Parolen waren: Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda! –  Alle zusammen gegen den Faschismus! – Nazis verpisst Euch! Keiner vermisst Euch! – Nazis raus!

Weitere Stellungnahmen und aus Gesprächen mit Teilnehmern der Demonstration:

Tante von Jessika Thilding / Behrens: „Ich schäme mich für meine Nichte und habe vor Jahren schon den Kontakt zu ihr und ihrer Mutter abgebrochen. Nachdem sie erst mit einem Waschlappen Nazi, dann mit einem mittelstarken Nazi und nun mit dem bekannten Nazi Matthias Behrens verheiratet ist, möchte ich mit ihr nichts mehr zu tun haben.“

Wilfried Manneke war mit 10 anderen Mitbegründer des Netzwerkes Südheide und ist der 1. Vorsitzende der Initiative „Kirche für Demokratie – gegen Rechtsextremismus“. Im März erschien sein Buch „Guter Hirte, braune Wölfe“. In diesem Buch berichtet er von seinen Erfahrungen mit der rechten Szene in der Heide. Unter anderem berichtet er von den „Düütschen Deerns“; die Leiterin der Frauenkameradschaft ist Jessika Behrens, und von den „Snevern Jongs“, die Kameradschaft unter Leitung von Matthias Behrens. Wilfried hat 13 Jahre die Apartheid in Afrika erleben müssen. Dann zog er 1995 als Pastor nach Unterlüß. Er hat selbst in Afrika erleben können, wohin diese Menschenverletzungen führen und wie eine Gesellschaft gespaltet wird. Dies will er hier verhindern.

Kirsten Lühmann kommt seit 10 Jahren zu jeder Demonstration gegen Hof Natz. Ihr ist der bürgerliche Protest wichtig. Denn erschreckend ist, dass rassistisches, antisemitisches und faschistisches Gedankengut salonfähig werden: Siehe im Parlament (AfD) oder heute hier. So erreichen sie ein viel breiteres Publikum. Auch das Umdefinieren von feststehenden Begrifflichkeiten der rechten Szene bereitet ihr Sorgen. So wird der Begriff „Feminismus“ mit Frau am Herd und mit Kind gleichgesetzt. Oder auch der Begriff „Pressefreiheit“ wird unzweckmäßig gebraucht (Pressefreiheit ist, wenn die Meinung der rechten Szene unterstützt wird. Wird diese kritisiert, wurden die Presseleute erpresst und arbeiten nicht frei.) Für die AfD und auch für die NPD gilt: nur ihre Meinung ist richtig und sie wiegeln jeglichen politischen Diskurs ab. Lühmanns Ziel ist es, den Hof von den Faschisten zu befreien.

Sabine Meyer (Mutter mit 7 Monate alten Jungen): „ Es gibt hier kein Gewaltpotential, Ich laufe für die Zukunft meines Kindes. Denn es stammt von einem schwarzen Vater.“

Einem älteren Herrn aus Müden ist wichtig: „Das geht uns alle etwas an.“ Er möchte Flagge zeigen und Nazis nicht ungehindert durch die Heide gehen lassen. Damit will er der NPD ein wichtiges Zeichen aussenden, um die Traditionen auf dem Hofe Nahtz zu unterbinden.

Finn Pätzold (15 Jahre) nahm als Einhorn verkleidet an der Demo gegen Rechts teil. Er möchte etwas Interessantes zu der Demo beisteuern. „Einhörner spielen eine große Rolle bei den Kindern. Daher sollten sie auch als Vorbild Kindern zeigen, dass es sinnvoll ist gegen Nazis zu demonstrieren.“ Pätzold ist ein fester Bestandteil der Orgatruppe der Friday for Future Celle.

Redebeitrag des Bunten Hauses in Celle:

„In Zeiten von Rassismus und Faschismus ist es wichtig, klar Position gegen Ausgrenzung und Diskriminierung zu beziehen. So gibt es viele Formen von Widerstand gegen den Faschismus: 

Manche Menschen unterstützen Betroffene vom Faschismus, andere leisten Bildungsarbeit zu Faschismus oder andere stellen sich Nazis auf offener Straße entgegen. Es gibt dabei viele Formen, wichtig ist, dass wir dabei sichtbar werden. Denn so können auch andere Menschen angeregt werden und mitmachen. Dabei glauben wir nicht, dass stiller Protest reicht. Wenn Menschen für sich denken, dass die Nazi-Machenschaften hier nicht reingehören, ihr aber keinen Ausdruck verleihen, kommt das einem Hinnehmen gleich.

Wir müssen uns erkennbar äußern: Wir können Schilder malen, laut sein und den Nazis nicht die Straße überlassen. Deswegen organisieren Menschen auch hier und fordern Demonstrationen und Veranstaltungen gegen Gewalt und Rechtsextremismus. Es braucht hier in Eschede mehr davon anstatt stillen Protest: So wie überall anders auch. Es muss klargemacht werden, dass Diskriminierungen jeglicher Art nicht geduldet werden. Gleichberechtigung und Offenheit sind Werte, die wir selbstbewusst vertreten müssen.“

Eine Rednerin des Bunten Hauses:

„Eine andere Form der Präsenz könnte auch die Umbenennung von Straßen sein. Zum Beispiel könnte die Straße „Am Finkenberg“ auch einen anderen Namen tragen: Von Widerständlern gegen Rassismus oder Opfern von rassistischer Gewalt. Stellt euch Nazis vor, die eine Demonstration planen und deren einzige Route ist durch die Geschwister-Scholl-Straße oder den Anne-Frank Weg oder vielleicht sogar den Peter-Deutschmann Platz.

Wir wollen den Widerstand gegen Faschismus und Rassismus im Namen der Opfer weiterführen. Dabei stellen wir uns sowohl gegen die Nazis in Eschede als auch gegen den Rassismus in den Parlamenten und staatlichen Institutionen. Wir wollen nicht, dass Menschen aufgrund ihrer unterschiedlichen Herkunft, Geschichte, Sexualität, Religion oder Geschlecht diskriminiert, vefolgt oder umgebracht werden. Egal ob an den europäischen Außengrenzen, in der Ausländerbehörde oder hier in Eschede. Nie wieder Faschismus.“ 

Marlies Petersen, Kreisvorsitzende B90/Die Grünen Celle und Mitarbeiterin im AK für Demokratie und Menschenrechte Eschede und damit Mitwirkende im Netzwerk Südheide gegen Rechtsextremismus, sagte in Ihrem Redebeitrag: „Auf dem heutigen NPD-Hof werden seit Jahrzenten völkische Sonnenwendfeiern, Pfingstlager, sogenannte Erntefeste und Rechtsrock-Konzerte veranstaltet. Laut Verfassungsschutz trifft sich hier die extreme Rechte aus Norddeutschland. Im letzten Jahr wurde der NPD-Parteitag Niedersachsen hier abgehalten. Vor seinem Tod war Jürgen Rieger, Anwalt und Vertreter der nationalsozialisten Rassentheorie, Antisemit NPD-Mitglied auch hier zu Gast. Manfred Börm, ehemaliger NPD Vorsitzender, der in den 80er Jahren zu 7 Jahren Haft verurteilt wurde u.a. wegen eines Überfalls auf niederländische Nato-Truppen. Heute marschiert die NPD durch Eschede um uns Kultur und Heimat näher zu bringen „Eschedes schöne Seite – Heimat und Kultur einen Ort geben“ Eschedes schöne Seite ist nicht hier!!! Die NPD will sich neu aufstellen und benötigt dafür auch Orte! Wir wollen Ihnen keine Heimat bieten. Unsere Heimat steht für Vielfalt, Offenheit, für Tradition und Experimentelles, für Weltoffenheit. Die NPD gehört zum Rechtsextremistischen Spektrum, der vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Nach dem Verfassungsschutzbericht von 2018 gibt es nach deren Zählung 1250 zu beobachtende Personen in Niedersachsen aus dem rechtsextremistischen Bereich, von denen 880 gewaltbereit sind. Das sind 70 Prozent! Diese Zahl ist erschreckend, anscheinend geht mit der antidemokratischen, menschenverachtenden Einstellung eine sehr hohe Bereitschaft einher Gewalt einzusetzen. Wir müssen hier also alles dafür tun um zu hindern, dass ein Ort ausgebaut wird, der den Nazis und deren Freunde weiterhin zur Verfügung steht. Am besten, wir verhindern den Bestand des Hofes in dieser Form! Im Frühjahr hat die NPD den Hof gekauft. Joachim Nahtz, der Besitzer, hat für seine Partei einen dauerhaften Unterschlupf gefunden. Herr Nahtz hat den Hof selbst verkauft und hat dort weiterhin ein Wohnrecht. In Uelzen und Lüchow-Dannenberg sind mehrere Höfe gekauft worden von völkischen Siedlern. Auch im Landkreis Celle wird es immer mehr Leerstand geben, die Gefahr, dass sich weitere Faschisten ansiedeln ist groß, wir müssen unsere Nachbarschaft beobachten und einschätzen, bevor Immobilien verkauft werden. Dafür müssen wir sensibilisieren. Wir müssen die Besitzer in unser Boot holen. Hier im Landkreis Celle wurden zwei Veranstaltungszentren verhindert, Gerdehaus 2010 und Hetendorf 1999. Unser Baurecht im Außenbereich verhinderte, dass die Gemeinde ein Vorkaufsrecht hier hatte. Der Hof ist dafür zu klein. Der Hof kam auch nicht aus einer Konkursmasse. Ein Ausbau innerhalb der Grundmauern kann aber erfolgen, wenn die NPD Bauvorschriften erfüllt. Höfen im Außenbereich ist eine Umnutzung möglich. Das ist mit vielen sehr hohen Hürden verbunden, aber möglich. Das Baugesetz § 35 gibt hier Möglichkeiten, wenn z.B. die Infrastruktur dafür vorhanden ist. Diese Straße gehört der Gemeinde Eschede. Zur Infrastruktur gehört auch eine Ver- und Entsorgung. Außenkläranlagen, wie hier auf dem Hof sind, müssen kontrolliert werden. Die Verwaltungen müssen deshalb sehr sorgsam arbeiten um ein Veranstaltungszentrum zu verhindern. Ich weiß vom Landkreis, dass es Kontrollen und Auflagen gibt, die die Bautätigkeiten auf dem Hof kontrollieren. Als Kreistagsabgeordnete weiß ich, dass der Landkreis Celle und auch unser Rathaus das Problem gesehen haben. Es wurde aber keine Aktion, kein Plan erstellt und auch die Bürger*innen vor Ort wurden nicht informiert. Da brauchen wir in Eschede und im Landkreis mehr Mut und Vertrauen, dass wir zusammen Probleme erkennen und keine Seite ohne die anderen Ziele erreicht. Die Feinde sind nicht die Parlamente und die Verwaltung! Und an uns aus dem Rat sowie an die Verwaltung: die Feinde sind nicht die Demonstrationsteilnehmer*innen, die Menschenfeinde sind dort (NPD-Hof). Wir müssen zusammenhalten!
(…)
Ich bin keine gebürtige Eschederin. Aber ich lebe hier seit über 30 Jahren und habe mein Dorf schätzen gelernt. Das was Eschede ausmacht ist, dass Probleme mit wenig Mitteln, ehrenamtlich und engagiert angegangen werden. Auch bundesweit ist bekannt, dass Eschedeer anpacken können und zusammenstehen, wenn es eine Krise gibt. Die Waldbrandkatastrophe von 1975 oder das ICE-Unglück von 1998. Aber auch den Erhalt des Freibades, einen Bürgerbus auf die Beine stellen oder wie die Initiative Zusammen, Geflüchtete in Eschede willkommen heißen, sind dafür Beispiele.“

Die ganzen Aktionen verliefen etwas freizügiger als geplant und die Polizei versuchte, trotz entstandener Freiräume, die Lage stets im Blick und unter Kontrolle zu haben.

Zwischenzeitlich war der Verkehr großräumig abgesperrt. Autos mussten einen Umweg von bis zu bis 30 km Umweg in Kauf nehmen.

NPD kritisiert Demonstranten und die Polizei

Ein Sprecher der NPD kritisierte vor Ort das Verhalten der Demonstranten, die den Zug der Partei unterbunden hatte. Dass die Partei von der Spontandemonstration aufgehalten wurde, zeige, dass diese von der Polizei höher gewertet wurde, als die angemeldete Veranstaltung der NPD, so ihr Sprecher. Zugleich machte die NPD darauf aufmerksam, dass unter den Demonstranten auch vermummte Teilnehmer vor Ort waren. Generell wolle die Partei prüfen, ob sie gegen das Vorgehen rechtliche Schritte einleiten könne.

Polizei-Präsenz passte sich der Lage an

Die Polizei versuchte den Tag über nur selektiv präsent zu sein, da sich die Bürgerinnen und Bürger im Ort allein durch die vielen Polizisten verängstig gefühlt hätten. Die schnelle Verlagerung der Lage auf die Kreuzung zum Finkenberg torpedierte jedoch die Taktik. Die Polizei versuchte stets die Lage durch Deeskalation und punktuelle Personalstärke ohne große Reibungspunkte in den Griff zu bekommen.

Demonstranten sehen ihre Ziele erreicht

Während die NPD mit ihrer Kundgebung scheiterte, verzeichnen die Demonstranten die Spontanaktion als Erfolg. Mit über 500 Teilnehmern habe man ein breites Bündnis der Partei entgegensetzen können und so auch deren Veranstaltung unterbinden können.

Redaktion
Celler Presse

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