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Generalistik: Aus drei mach eins – Änderung in der Pflegeausbildung

NIEDERSACHSEN. Das neue Jahr bringt zahlreiche gesetzlichen Änderungen, auch in der Pflege. Ab 2020 löst die neue, generalistische Pflegeausbildung die bisherigen drei getrennten Pflegeausbildungen in der Alten-, Gesundheits- und Krankenpflege sowie Kinderkrankenpflege ab. Spätestens 2023 wird es dann erstmals Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner geben. Mit der sogenannten Generalistik erlebt Deutschland eine der bisher größten Reformen der Pflegeberufeausbildung. Sie fügt sich ein in eine der wichtigsten gesellschaftlichen Aufgaben der nächsten Jahre: das Sichern einer professionellen Pflege und das Angleichen der Pflegeausbildung an europäische Standards.

Auf dem Weg zur Pflegefachperson absolvieren zukünftig alle Auszubildenden ihre ersten beiden Ausbildungsjahre gemeinsam. Am Ende des zweiten Jahres können sie wählen, ob sie den generalistischen Abschluss als Pflegefachfrau/mann anstreben oder sich optional im dritten Ausbildungsjahr mit dem Berufsabschluss Altenpfleger/in oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/in spezialisieren möchten.

„Die Spezialisierung ist ein politischer Kompromiss, allerdings ein schlechter für die Altenpflege, da sie mit einem Absenken der Kompetenzen in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung einhergeht. Es ist nicht nachzuvollziehen, warum Auszubildende in der Altenpflege weniger qualifiziert sein sollen als andere Pflegefachpersonen“, kritisiert Sandra Mehmecke, Präsidentin der Pflegekammer Niedersachsen. Jeder und jede Ausbildungsinteressierte sollte deshalb eine Spezialisierung hinsichtlich später eingeschränkter Einsatztätigkeiten sehr gründlich überdenken, so die Kammerpräsidentin. 2025 sollen die spezialisierten Abschlüsse evaluiert werden.

Hochschulisch ausgebildete Pflegefachpersonen werden gebraucht

Neben sehr gut berufsschulisch ausgebildeten Pflegefachfrauen/männern bedarf es auch Pflegefachpersonen mit wissenschaftlich orientierten Fähigkeiten und Kenntnissen, die in einem Pflegestudium erworben werden. Im europäischen und außereuropäischen Ausland ist die hochschulische Qualifizierung von Pflegefachpersonen die Norm. „Im internationalen Vergleich hat Deutschland noch dringend Nachholbedarf“, sagt Mehmecke. Die Pflegekammer kritisiert, dass in Niedersachsen für 2020 kein einziger primärqualifizierender Pflegestudiengang vorgesehen ist, obwohl der Wissenschaftsrat seit Jahren eine Akademisierungsrate von zehn bis zwanzig Prozent fordert. „Es darf nicht sein, dass junge Menschen in Niedersachsen außerhalb von Modellstudiengängen keine Möglichkeit für ein primärqualifizierendes Studium finden“, kritisiert die Kammerpräsidentin.

Studien zeigen, dass neben mehr Fachpersonal insbesondere besserqualifizierte Pflegekräfte die Pflegequalität erhöhen und dadurch das Risiko von Komplikationen abnimmt und sogar die Anzahl der Todesfälle zurückgehen kann. Ist der Pflegeberuf vor Jahren noch als Assistenzberuf für den ärztlichen Bereich gesehen worden, so verstehen sich die Pflegefachpersonen heute zunehmend als Profession mit eigenem Wissensgebiet. „Es muss auch in Deutschland zukünftig neben berufsschulisch ausgebildeten Pflegefachpersonen deutlich mehr akademisierte Pflegefachpersonen in der direkten Patientenversorgung geben“, fordert Mehmecke. Das Studium soll nach dem Willen des Gesetzgebers mindestens drei Jahre dauern und sowohl mit dem akademischen Grad als auch der Berufsbezeichnung Pflegefachfrau/mann abschließen.

Demografischen Herausforderungen begegnen

Der Anteil älterer Menschen steigt. Chronische, Mehrfach- und psychiatrische Erkrankungen nehmen zu. Daher ist die generalistische Ausbildung neben verbesserten beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten vor allem eine Antwort auf die demografischen Herausforderungen der kommenden Jahre. Wichtigstes Ziel der neuen Pflegeausbildung ist es daher, in allen Feldern der professionellen Pflege, Betreuung und Beratung, berufliche Handlungskompetenzen zu vermitteln. „Die Pflegekammer begrüßt ausdrücklich, dass im Pflegeberufegesetz erstmals Vorbehaltsaufgaben beschrieben werden, die ohne Ausnahme nur von Pflegefachpersonen ausgeführt werden dürfen und nicht von anderen. Ein längst überfälliger Schritt hin zur Professionalisierung des Berufs“, sagt Mehmecke. Dazu zähle zum Beispiel, das nur Pflegefachpersonen eigenverantwortlich den Pflegebedarf feststellen sowie den Pflegeprozess gestalten und steuern dürfen. Die generalistische Ausbildung orientiert sich an internationalen Standards, in denen getrennte Ausbildungen in der Kranken-, Alten-, sowie der Kinderkrankenpflege unbekannt sind. Berufsqualifikationen im europäischen Umfeld lassen sich zukünftig leichter gegenseitig anerkennen.

Ausbildungsträger brauchen Unterstützung

Der Start des neuen Pflegeberufegesetzes stellt trotz zahlreicher positiver Effekte auf die Ausbildung viele Pflegeschulen in Niedersachsen vor teils gravierende Probleme. Die Pflegekammer hatte schon im November darauf hingewiesen, dass sich die gesetzlich vorgegebenen Einsatzorte und Einsatzzeiten der Auszubildenden sowie deren Praxisanleitungen in einigen Regionen nur unter Schwierigkeiten sicherstellen lassen. Auch der Stundenumfang der Pflichteinsätze entwickle sich für viele Ausbildungsträger in der täglichen Arbeitspraxis zum Problem. Es ist zu befürchten, dass aufgrund der neuen Anforderungen insbesondere kleinere Träger nicht die Ressourcen haben, um Nachwuchskräfte auszubilden oder Praktikumsplätze zur Verfügung zu stellen.

Mehmecke fordert erneut: „Das Land muss umgehend eine Ist-Analyse zur Umsetzung der Pflegeberufereform in Niedersachsen für das Jahr 2020 einleiten. Aus den Ergebnissen sind geeignete Unterstützungsmöglichkeiten zum Stärken der Ausbildungsbereitschaft abzuleiten und spätestens ab 2021 umzusetzen.“

PR

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