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Eine gute Sache: mehr Eigenverantwortung für die eigene Gesundheit?

KLEIN HEHLEN. Die Kirchengemeinde Klein Hehlen lud am 22.01.2020 Personen, die über 55 Jahre alt sind, zu einem Vortragsabend ein. Referentin war Ruth Denkhaus (ev. Theol.), die sich als wissenschaftliche Mitarbeiterin des Zentrums für Gesundheitsethik seit zwei Jahren mit dem Thema Digitalisierung im Gesundheitssektor und ihre Folgen befasst hat.

2017 hat sie mit Frau Professor Baumann (Journalistik und Kommunikationsforschung an der hMtMh) eine Tagung organisiert. Das  Thema der Tagung „Der Patient im Netz. Ethische Aspekte der digitalen Gesundheitskommunikation“ erweckte ihre Neugier. Das war der Einstieg. Im ZfG ist sie vor allem damit beschäftigt, Tagungen zu medizinethischen Themen zu organisieren. (Wenn Sie einen Eindruck davon bekommen wollen, schauen Sie in unser Jahresprogramm, das finden Sie www.zfg-hannover.de/Kurse—Tagungen-und-Angebote-ZfG.). Daneben hält sie Vorträge in unterschiedlichen Kontexten (kirchlich und wissenschaftlich) oder arbeitet an Publikationen.

electronic Health

Zu dem Thema eHealth gehören folgende Bereich hinzu: OP-Roboter, Pflegeroboter, Telemonitoring, Kognitive Assistenzsysteme, elektronische Gesundheitskarten und Patientenakten. Beim Telemonitoring werden Lebensdaten der Patienten aus der Ferne überwacht mit speziellen Messgeräten, die ihre Daten zu dem Arzt transferieren. Kognitive Assistenzsysteme bieten als künstliche Intelligenz dem Arzt verschiedene Diagnosevorschläge zu den eingegebenen Symptomen an. So könnten auch eher seltene Erkrankungen schneller diagnostiziert werden. Allerdings muss der Arzt immer noch selbst bewerten, welche Diagnosevorschläge am wahrscheinlichsten sind. Die Gesundheits-Apps werden von verschiedenen Anbietern (Pharmakonzernen, App-Entwicklern und Ärzten) bereitgestellt. Dieser Markt entwickelt sich frei, unkontrolliert und rasant. Während dessen führte das Gesundheitsministerium die elektronische Gesundheitskarte und Patientenakte als flächendeckendes System ein. Diese Entwicklung verläuft eher träge und schwerfällig, da viele Räder im Betrieb genommen werden müssen. Ziel der Digitalisierung im medizinischen Sektor sei das Empowerment des Patienten. Wissen über Erkrankungen und Kontrolle über die eigene Lebensführung sollen zu Selbstvertrauen und zum besseren Verständnis der eigenen Gesundheit führen. Die Themen des Abends liegen aber in dem Selbstfürsorgebereich des Patienten: Gesundheitsinformationen im Internet und Gesundheitsapps.

Gesundheitsinformationen im Internet

Laut einer Studie suchen 4 von 10 Patienten vor einem Arztbesuch Gesundheitsinformationen im Internet. Davon sind 49% Frauen und 35% Männer. Allerdings jeder 2. informiert sich im Internet nach einer Untersuchung des Arztes. Als Gründe geben die Studienteilnehmer an: Alternative Therapien und Behandlungsmöglichkeiten, Krankheitsverlauf oder Prüfung der Diagnose des Arztes. Über die Google-Suche lassen sich verschiedene Informationsseiten abrufen. So bieten kommerzielle Anbieter (Apotheken-Umschau oder auch medizinische Verlage), Krankenkassen, Patienten, Selbsthilfeorganisationen und Pharmafirmen Seiten zur Information an. Handelt es sich bei der Seite um einen seriösen Webauftritt mit wertvollen und richtigen Infomationen? Da lohnt es sich, die Seite nach folgenden Indizien abzusuchen: Stehen bei den Artikeln Autor, Veröffentlichungsdatum und Quellenangaben dabei? Gibt es ein Impressum? Welcher Betreiber bietet diese Informationen? Wie finanziert die Seite sich? Sollten diese Informationen nicht auf der Webseite stehen, ist Vorsicht geboten. Weitere Indizien für einen seriösen Webauftritt sind folgende Siegel: Das HONcode und das afgis Qualitätslogo. Betreiber werden nach folgenden, formalen Kriterien überprüft: Sind Quellenangaben, Kontaktdaten und Finanzierung der Webseite angegeben. Vertrauenswert sind laut der Expertin folgende Seiten: www.gesundheitsinformation.de und www.patienten-information.de.

Gesundheits-Apps

Zu unterscheiden sind 2 Formen von Apps: Präventive oder Fitness-Apps und Medizinische Apps. Die erstere ist für gesunde Menschen gedacht. Sie soll eine gesündere Lebensführung bewirken und somit Krankheiten vorbeugen. Die zweite ist für Patienten mit Beschwerden oder auch chronisch Kranke gedacht bspw. Diabetes, als Schmerzpatienten oder für psychisch Kranke. Beispiele: My therapy-App bietet Erinnerungen an Medikamenteneinnahmen oder Arztbesuche an. Die App ADA fragt Symptome ab und schlägt 3-4 Diagnosen vor mit Wahrscheinlichkeitswerten. Dies bietet allerdings keinen Ersatz für einen Arztbesuch, aber eine erste Orientierung an. Im TK-Doc können App-Nutzer mit Ärzten der Technischen Krankenkasse im Chat schreiben oder von ihnen im Videochat beraten werden. My Sugar-App bietet Diabetikern ein Blutzucker-Tagebuch. M-sense ist ein Tagebuch für Migräne und Kopfschmerzen, identifiziert Auslöser und hilft diese zukünftig zu vermeiden. Auf den Bewertungsplattformen Health EU, appcheck, DiaDigital (Diabetiker-Apps-Check) und PneumoDigital (checkt Apps von Lungenerkrankungen) können die Apps geprüft werden. Insgesamt bietet sich den Nutzern ein recht unübersichtlicher Markt.

Damit bessere Apps entwickelt werden und Patienten mit Apps ihren Gesundheitszustand verbessern können, hat der Bundestag das „Digitale-Versorgung-Gesetz“ beschlossen. Demnach können Ärzte Apps verschreiben und die Krankenkassen werden die Kosten dafür übernehmen. Hier muss aber noch einiges getan werden: Apps müssen von Ärzten geprüft werden. Die Nutzer müssten in gruppenspezifischen Angeboten in den Kompetenzen „Umgang mit Medien“ und „Umgang mit medizinischen Informationen“ gefördert werden.

Ihr Fazit:

Durch die Digitalisierung werden Patienten mehr Eigenverantwortung für ihre Gesundheit übernehmen müssen. Was kann dies zur Folge haben? Und wie könnten die negative Folgen abgefangen werden? – Wenn Patienten und Patientinnen Verantwortung für ihre Gesundheit übernehmen, ist das zunächst mal eine gute Sache. Durch einen gesundheitsbewussten Lebensstil kann die Wahrscheinlichkeit für viele chronische Erkrankungen deutlich gesenkt werden. Allerdings sind Menschen nicht in gleichem Maß zu dieser Art von Eigenverantwortung fähig. Gesundheitliche Eigenverantwortung setzt Gesundheitskompetenz (und speziell im Zusammenhang mit der Nutzung digitaler Angebote: digitale Gesundheitskompetenz) voraus. Die ist sehr ungleich verteilt. Nicht jeder ist in der Lage, ein Smartphone zu bedienen (hier spielt vor allem das Alter eine Rolle). Auch nicht jeder ist in der Lage, die Informationen, die eine App ihm bietet, sinnvoll für sich zu nutzen. Eine entscheidende Voraussetzung für einen sinnvollen Einsatz von digitalen Angeboten wie Gesundheits-Apps ist daher die Förderung der digitalen Gesundheitskompetenz. Dafür braucht es zielgruppenorientierte, qualitätsgeprüfte Angebote. „Wichtig ist aus meiner Sicht außerdem, dass die Förderung der Eigenverantwortung nicht zu Schuldzuschreibungen führt. Die Bereitschaft, solidarisch für Kranke einzustehen, egal wie gesund oder ungesund sie vorher gelebt haben, muss erhalten bleiben“, so Ruth Denkhaus abschließend.

Redaktion
Celler Presse

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