Zum Inhalt springen
Anzeige
Anzeige

»DEN OPFERN EIN GESICHT, DEN NAMEN WIEDERGEBEN« – OPFER DER »EUTHANASIE« UND RASSENHYGIENE IN DER REGION CELLE

CELLE. Im Gedenken an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau, fand gestern im Kantoreisaal ein Vortrag statt. Hierbei wurde jedoch der Opfer der Euthanasie und der Rassenhygiene im Nationalsozialismus gedacht. Im einem Vortrag von Dr. Carola S. Rudnick, wissenschaftliche und pädagogische Leiterin der Euthanasie-Gedenkstätte Lüneburg, wurde der Fokus auf die Celler Opfer gerichtet.

Ideologie und Rassenwahn betrafen zu jener Zeit nicht nur den Nationalsozialismus in Deutschland. Die Rechte der behinderten Menschen waren nicht existent, so übte zum Beispiel seit 1920 Kanada die Zwangssterilisation aus, die obendrein auch Kranke betraf. Im 3. Reich wurde die Vergasung zuerst an Kranken und Behinderten ausprobiert, was in der Gesellschaft in weiten Teilen nicht mehr im Gedächtnis geblieben ist.

1.200 alte Akten sind in der Euthanasie-Gedenkstätte Lüneburg erhalten geblieben. Sie zeigen in erschreckender Weise die unglaubliche Grausamkeit, die Menschen angetan werden konnte. 80 dieser Dokumente handeln von Personen aus der Region Celle, wobei zwei Drittel der Personen zu damaliger Zeit als „schwachsinnig“ eingestuft waren. Dieser Begriff des „Schwachsinns“ ist auf ein Gesetz aus dem Jahr 1933 zurückzuführen und wurde freizügig verwendet, um auch politisch Andersdenkende zu verfolgen.

Alfred Plötz war ein deutscher Arzt, der durch seine Ideologie und sein Handeln den Begriff der Rassenhygiene prägte. Auch zahlreiche andere Ärzte und „Forscher“ widmeten sich in dieser Zeit der Rassenkunde, wie auch Hans Friedrich Karl Günther. Unter der „Aktion T4“ wurde später das Tötungsprogramm bekannt. In diesem Programm wurden körperlich, geistig und seelisch behinderte Manschen systematisch ermordet. Die Ermordung wurde mit der Bezeichnung „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ durchgeführt.

Dr. Carola S. Rudnick arbeitete in ihrem Vortrag auch die Gräueltaten an behinderten Kindern heraus. Schon am Tage der Geburt wurden Kinder mit Anzeichen einer Behinderung von den Eltern getrennt und unter anderem in die „Kinderfachabteilung” der Landes- Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg verbracht. In Lüneburg wurden Medikamententests an den Kindern durchgeführt und oder die Kinder im Rahmen des Euthanasieprogramms ermordet.

Mindestens 19 Kinder aus Celle sind in den Dokumenten verzeichnet. Dieser Forschungsauftrag ist jedoch noch nicht abgeschlossen, denn noch nicht alle Dokumente sind vollständig, oder wurden von den Tätern manipuliert. Eine Aufklärung ist schwierig und braucht Zeit. Rudnick wünscht sich eine enge Zusammenarbeit mit den Angehörigen, die bei der Aufarbeitung helfen können.  Rudnick machte jedoch auch deutlich, dass mit Ende des Krieges die Euthanasie noch weitergeführt wurde, unter anderem durch Unterlassung und Unterversorgung.

Aktuell existiert eine zweiseitig engbedruckte DIN A4 Seite mit Namen von Kranken und behinderten Menschen im Landkreis Celle, die die Opfer sichtbar werden lassen soll. Eine Ausstellung begleitet die Aufarbeitung.  Doch was hat die Aufarbeitung der Euthanasie von damals mit unserer heutigen Inklusion zu tun?

Dr. Carola S. Rudnick verwies am Ende des Vortrags auf die prekäre Thematik der Pränataldiagnostik. In der heutigen Zeit bilden sich Verfahren der Selektion und Früherkennung, die thematisch an den Geist der Euthanasie von damals erinnern.

Redaktion
Celler Presse

Hinweis zu der Meldung
Diese Seite zeigt gesponsorten Marketing-Inhalt, Quell- und Informationslinks sowie extern eingespielte Banner und Flash-Anzeigen.



Anzeige