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Hitziger Demo-Samstag in Eschede endet vorzeitig

ESCHEDE. Das heiße Wetter machte es den Planern der Demonstrationen in Eschede am Samstag nicht leicht. Mit dem örtlichen Bündnis gegen Rechtsextremismus (BgR) begann Am Marktplatz die Hitzeschlacht gegen den NPD Hof am Ortsrand. Am Bahnhof endete diese Demo und viele Teilnehmende schlossen sich der schon in den Startlöchern stehenden Folge-Demo an. Unter der Leitung des Celler Forums und des DGB ging es dann zu einer Weggabelung auf der Zuwegung Zum Finkenberg, Nach einer Zwischenkundgebung gab es anschließen abermals einen Wechsel der Demo-Führung. Unter neuer Leitung zogen dann rund 150 Teilnehmende des Schwarzen Blocks direkt zum Hof, wo es schnell zu Zusammenstößen mit der Polizei kam.

Um 12.00 Uhr begann Am Marktplatz die Demonstration des Bündnisses gegen Rechtsextremismus (BgR) mit ca. 70 Teilnehmern unter dem Motto „Deine Stimme gegen Neonazis“. Interessierte Bürgerinnen und Bürger folgten dem Aufruf des Bündnisses und unterstrichen die Bedeutung, zusammen gegen die NPD am Ortsrand etwas zu unternehmen.

Das Bündnis hatte zu diesem Anlass gleich mehrere Redner eingeladen.

Heinrich Lange verlas sowohl die Demoregeln und verwies zu Beginn auf die Corona-Bestimmungen.

Marlon Gollnisch (BgR-Sprecher) am Marktplatz Eschede:
„Es ist wichtig, dass wir in Zukunft eine finanzierte Koordinierungsstelle bekommen, die sich um viele Dinge kümmert, um die sich jetzt einfache Bürger unentgeltlich kümmern in ihrer Freizeit.“

Angebot von den Wochen für Vielfalt: das Theaterstück „Das Produkt“ von Mark Ravenhill. (So. 27.06.2021 um 18 Uhr), Südheidehof Scharnhorst, Heerstraße 15, 29348 Eschede, Anmeldungen: BgR-Eschede@mail.de, Anmeldeschluss: 26.06.2021

Günter Berg (Bürgermeister Eschede):
„Wir werden nicht wegschauen oder kleinreden, sondern wir werden achtsam, kreativ und parteiübergreifend mit den Herausforderungen am Finkenberg umgehen.“

Dr. Andrea Burgk-Lempart  (Superintendentin):
„Ich bin allerdings davon überzeugt, dass es zu einer engagierten, kritischen und öffentlichen Kommentierung der menschenfeindlichen Gesinnung rechtsextremistischer Gruppen keine Alternative gibt, weil Schweigen immer mehrdeutig ist: Es kann fehlinterpretiert werden als Duldung, als Akzeptanz, sogar womöglich als Zustimmung rechtsextremistische Positionen.“

Max-Hinrich Werner (BgR-Mitglied):
„Eine Diskussion mit Neo-Nazis verleiht diesen nur eine falsche Legitimation. Lustig finde ich es schon, dass alle Einwohner Eschedes bei Instagram und Facebook Sebastian Weigler und die NPD geblockt haben.“ (Applaus der Menge)

Sigrid Alm (Bergen Belsen) spricht für Elke Gryglewski:
„Wer die Geschichte vergisst, muss sie noch mal durchlaufen. Genau das erleben wir zurzeit.“

Unter den Zuschauenden waren unter anderem auch der SPD Bundestagskandidat Dirk Ulrich Mende, die FDP Bundestagskandidatin Anja Schutz, der FDP Kreisvorsitzende Robert Kudrass, Die LINKE Landeskandidatin Behiye Uca und der Vorsitzende der Fraktion Die Linke/BSG (Bündnis Soziale Gerechtigkeit) Oliver Müller.

Nach den kurzen Reden ging es im Anschluss in einem Demonstrationszug die Bahnhofstraße herunter und wurde am Vorplatz letztlich friedlich beendet.

Während nun die örtliche BgR Veranstaltung zu Ende war, begann zugleich auf der Nordseite des Bahnhofs schon die nächste Demonstration unter dem Motto „Gemeinsam gegen die Nazitreffen in Eschede“. Angemeldet hatte die Folgeveranstaltung das Celler Forum und der DGB. Die ca. 250 Teilnehmer mussten bis noch einen Augenblick warten, bis sie sich auf den gut 1,2 km Weg zur Zwischenkundgebung machen konnten. Unter den Teilnehmern waren auch 150 Teilnehmer des Schwarzen Blocks/Antifa, die mit ihren Fahnen und Plakaten sich deutlich absetzten.

Zu der Begrifflichkeit „Antifa“ hatte selbst der Präsident des Verfassungsschutzes, Bernhard Witthaut, betont, dass jeder Demokrat ein Antifaschist sein sollte. Schließlich bedeute es genau diese Kurzform. Die Künstlerin Anna Jander hatte sich dem Thema angenommen und bewusst weiße T-Shirts mit dem Aufdruck „ich bin auch antifa…“ vor Ort bedruckt.

Nach den Formalitäten konnten sich nun alle auf den Weg machen. Bewusst wurde immer nur kurzweilig die Hermannsburger Straße gesperrt, denn der Demo-Zug bog gleich in den Weg Zum Finkenberg komplett ein. Man wollte vermeiden, dass die vielen Teilnehmenden direkt an der Kreuzung sich sammeln und es zu längeren Verzögerungen im Straßenverkehr kam. So ging es bis zur nächsten Weggabelung.

Die Zwischenkundgebung fand in der gleißenden Mittagssonne statt und Schattenplätze waren für die Teilnehmenden und die begleitenden Polizeibeamten rar gesät. Versammlungsleiter Dirk Garvels vom DGB versuchte mit Teilnehmenden des Netzwerks Südheide die Anwesenden noch mit Getränken zu versorgen, als jedoch noch die Reden der Kundgebung folgten.

Dirk Garvels, DBG-Vorsitzender, begrüßt die Demonstranten hinter dem Bahnhof und verliest die Demo-Regeln. An der Gabelung zum Hof stellt er die Redner*innen vor.

Dr. Stephanie Springer (Präsidentin des Landeskirchenamt Hannover):
„Die Versuche der Rechten, unsere Gesellschaft mit ihrem Gedankengut zu infiltrieren, sind perfide: Sie spielen mit Grenzen, Grauzonen und Gewöhnungseffekten. Sie feiern das Sagen von Unsäglichem als heldenhafte Tabubrüche.“

Andreas Nolte (Nds. Landessprecher der VVN-BdA = Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten):
„Es feiern Bundeswehrsoldaten am 20. April 2021 Führers Geburtstag in Litauen, diese Soldaten kommen hier aus Munster. Unsere Forderung dazu: sofortige Entlassung der Bundeswehrsoldaten, die offensichtlich wieder dem Menschheitsverbrecher Hitler huldigen.“

Behiye Uca (Die Linken):
„Unser Ziel ist eine Gesellschaft, in der es möglich sein muss, ohne Angst verschieden zu sein.“ ( Theodor W. Adorno)

Johanna Ottermann (Netzwerk Südheide gegen Rechtsextremismus):
„Und wir lassen uns von niemandem vorschreiben, mit wem wir zusammenarbeiten dürfen und mit wem nicht. (Applaus aus der Menge). Wir sind froh und dankbar, dass die Antifa aus Lüneburg oder wo auch immer sie herkommt, mit uns zusammen gegen Nazis aufsteht.“

Olaf Meyer (Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen):
„Mit Demonstrationen, Kundgebungen, Konzerte, Lichterfesten, Gottesdiensten, Veranstaltungen und vielen anderen Aktionen wird dem Treiben auf Hof Nahtz etwas entgegengesetzt. […] dass der antifaschistische Protest mittlerweile seit 14 Jahren Kontinuität hier in Eschede hat, liegt zum einen an dem mutigen und entschlossenen Engagement einiger Menschen, die hier seit Jahren aktiv sind: Celler Forum gegen Gewalt und Rechtsextremismus, das Bunte Haus Celle und Südheide gegen Rechtsextremismus.“

Die gewichtigen und richtigen Worte der Redner*innen waren aufgrund des Wetters in sich schon ein Rennen gegen die Zeit und ein Teilnehmer musste schließlich auch ärztlich versorgt werden. Dirk Garvels machte aufgrund der besonderen Umstände darauf aufmerksam, dass er nun an seiner Stelle die Demo beende und die Leitung an Olaf Meyer übergibt. Meyer wollte mit den angereisten 150 Teilnehmern des Schwarzen Blocks/Antifa noch die restlichen 1,5 km direkt zum NPD gehen. Aufgeheizt war die Stimmung bei den nunmehr verbleibenden Tollkühnen, die sich unter diesen Umständen nun noch diese Strecke auf sich nahmen, im wahrsten Sinne des Wortes.

Zu diesem Zeitpunkt hatten die allermeisten Teilnehmenden der BgR Demo und der des Celler Forums / DGB bereits den Heimweg angetreten, als der Schwarze Block den Hof im Blick hatte. Angekommen, kam es nach wenigen Augenblicken schon zu einer lautstarken Auseinandersetzung. Ziel der Rufe und Gesänge war der am NPD Hof stehende Michael Müller, der die Teilnehmenden filmte/fotografierte. Nachdem die der Schwarze Block seine Formation eingenommen hatte, kamen ihre Wasserpistolen zum Einsatz. Im Schutze der Banner schossen einige aus der Menge auf Müller mit dem unfreiwilligen Nass.

An dieser Konfrontationslinie verstärkte die Polizei die Reihen und versuchte die Provokation einzudämmen. Die weitere Eskalation war fast schon von allen Seiten eingepreist. Auf kleineren Rangeleien folgte eine nur wenige Sekunden andauernde handfeste Auseinandersetzung. Die Polizisten wurden unter anderem mit Stöcken und Schirmen angegriffen. Die Antwort der Polizei war souverän und wirkungsvoll. Mit gezieltem Pfeffersprayeinsatz und der Beschlagnahme der Schlaginstrumente war dann auch schnell Schluss mit der aufkeimenden Eskalation.

Ein langfristiger Gewaltexzess blieb zum Glück aus und selbst auf der anderen Seite des Zauns waren bei der NPD Manfred Börm und Michael Müller von der sehr schnell im Keim erstickten Aktion nicht beeindruckt – gar ein wenig enttäuscht.

Nun galt es aber, die Wunden zu lecken und die mit dem Pfefferspray in Kontakt gekommenen Personen zu versorgen. Sanitäter hatten alle Hände voll zu tun und musste die Augen spülen und Erste Hilfe leisten.

Da das eigentliche Vorhaben an dem NPD Hof komplett einmal vorbeizuziehen, nach dem Vorfall gescheitert war, blieb Olaf Meyer keine andere Wahl, diesen letzten Teil der Kundgebungen des Tages nun vorzeitig und offiziell zu beenden. Nachdem alle versorgten Personen wieder auf den Beinen waren, ging es zurück.

Die Polizei leitete sechs Ermittlungsverfahren wegen tätlichen Angriffs bzw. Landfriedensbruchs ein. Ernsthaft verletzt wurde niemand, teilte eine Polizeisprecherin im Anschluss mit.

Auf dem Rückweg unter der gnadenlos strahlenden Sonne musste die Hermannsburger Straße abermals kurzzeitig gesperrt werden – diesmal jedoch noch einige Minuten länger, da in der Einbiegung zum Bahnhof die Menschen kurz im Schatten verweilen mussten.

Es war eine Herausforderung für alle Teilnehmenden und Polizisten – eine wahre Hitzeschlacht!

Redaktion
Celler Presse

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