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Erfolgreiche Eröffnung der Aktionswochen für Vielfalt des Landkreises mit dem Vortrag „Warum reden gerade alle von Verschwörung?“

  • Celle

Landkreis CELLE. Landrat Klaus Wiswe eröffnete kürzlich die 1. Aktionswochen für Vielfalt im Landkreis Celle im Beisein von 50 Interessierten und Beteiligten aus dem Netzwerk „Demokratische Strukturen stärken“. In seinem Grußwort sprach er von einer „neuen Art von Extremismus“, die sich in der Pandemie gezeigt habe. Klaus Wiswe schilderte, wie gerade der lokalen Politik und der Verwaltung Hass und Ablehnung entgegengebracht werde und forderte auf, auch wenn die Situation oftmals komplex und herausfordernd sei, miteinander im Gespräch zu bleiben. Der Landrat dankte den Veranstalter und Veranstalterinnen der zehn beteiligten Gemeinden des Landkreises für die mehr als 50 Aktionen und wünschte allen gutes Gelingen für ihre Vorhaben.

Für die Eröffnungsveranstaltung, die im Foyer der Paul Klee Schule stattfand, kooperierten die CD-Kaserne, das Landes-Demokratiezentrum Niedersachsen, der Landkreis Celle und die vhs Celle. Elke Möller vom Team Migration und Integration des Landkreises begrüßte als Projekt- und Netzwerkkoordinatorin gemeinsam mit dem Moderator der Veranstaltung Kai Thomsen von der CD-Kaserne die anwesenden Gäste. Die vom Landes-Demokratiezentrum Niedersachsen aufgebauten Beratungs- und Unterstützungsangebote im Bereich Prävention stellte Achim Bröhenhorst vor.

Im anschließenden Vortrag „Warum reden gerade alle von Verschwörung?“ fragte Enno Stünkel (vhs Celle) aus Sicht der politischen Bildung, wie Verschwörungsideologien Demokratie und Aufklärung beschädigten. Zunächst beschrieb er die grundlegende Struktur von Verschwörungsfantasien: In ihnen kontrolliere eine kleine Gruppe im Geheimen das Geschehen in der Welt. Die Absichten dieser Gruppe seien satanisch böse – immer ginge es um die Versklavung oder Vernichtung der Mehrheit. Trotz all ihrer Macht sei es aber ganz leicht – so die Phantasie – die Pläne der Mächtigen zu durchschauen und so zu durchkreuzen. Diese Grundstruktur erkläre die emotionale Dynamik, die mit Verschwörungserzählungen in Gang gesetzt werden: wer an sie glaubt, schwankt beständig zwischen den Gefühlen von Ohnmacht und Allmacht. Woher bezieht diese wenig realistische Weltsicht ihre Plausibilität? Um das zu verstehen, müsse man, so Stünkel, die Herkunft und den geschichtlichen Kontext der Verschwörungsmythen kennen, um dann aber auf die emotionale Bedeutung zu achten, die diese Fantasien für die haben, die ihnen anhängen. Entstanden seien die noch heute gebräuchlichen Erzählungen im 19. Jahrhundert als Reaktion auf die Aufklärung und die Moderne. In ihnen bündelten sich die Ablehnung von Rationalität und Wissenschaft, von kapitalistischer Wirtschaft und abstrakter Herrschaft. Früh habe sich dieser antimoderne Reflex mit dem Antisemitismus verbunden: in der realen Verfolgung von Jüdinnen und Juden haben die modernen Verschwörungsideologien ihr aggressives Potential erwiesen. Auch heute haben Verschwörungsfantasien einerseits einen pseudokritischen Gehalt: sie erklären scheinbar, was falsch läuft in den modernen Gesellschaften, und gleichzeitig bieten sie ihren Anhängerinnen und Anhängern eine Rechtfertigung für Aggressionen.

Der zweite Teil des Vortrags befasste sich mit aktuellen Ausprägungen der Verschwörungsideologien in der Corona-Pandemie. Vor allem an Beispielen der Gruppe „Celle steht auf“ konnte der politische Bildner zeigen, dass auch die Celler Gruppe de Querdenken-Proteste sich weit von einer Kritik an den Corona-Maßnahmen der Politik und der Verwaltung entfernt haben. Die Behauptungen, die von „Celle steht auf“ vorgebracht werden, verbreiteten die üblichen Verschwörungsideologien. Dabei ist die Behauptung zentral, wonach es keine pandemische Lage gegeben habe, sondern vielmehr eine „PLandemie“ der Vorwand sei, eine „Neue Weltordnung“ zu errichten oder den „Great Reset“ durchzuführen. Dabei werden über den Telegram-Kanal von „Celle steht auf“ immer wieder auch offene antisemitische Inhalte geteilt. Beunruhigend sei weiter, so Enno Stünkel, dass sich in den Social Media Posts und auf den Kundgebungen zunehmend Hinweise auf den antisemitischen und aggressiven Q-Anon-Kult fänden. Abschließend wies der Referent darauf hin, dass Verschwörungsideologien kein Mittel seien, um die Welt zu erkennen und zu erklären, um Missstände aufzudecken – „Verschwörungsideologien können nichts vorhersagen, sie funktionieren immer nur rückwirkend“, erklärte er. Menschen, die an sie glauben, werden häufig in emotionale Ausnahmezustände geführt, in der Angst und Aggression beherrschend werden können. Die Unterscheidung von Menschen, die „die Wahrheit geschluckt haben“ und allen anderen, die verblendet seien, untergrabe die Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft. Das vergangene Jahr habe nur umso deutlicher gemacht, dass es eine wichtige Aufgabe politischer Bildung sei, die Wirkmächtigkeit von Verschwörungsideologien zu erkennen und die Tradierung der Bilder und Vorstellungen, die ihre Plausibilität begründen, zu unterbrechen.

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Foto: Katrin Unger, Gedenkstätte Bergen-Belsen

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