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Tobias Premper und Martin Lechner – Doppel-Lesung: Gelati! Gelati!

  • Celle

CELLE. Nach fast einem Jahr hatte die Ernst-Schulze-Gesellschaft erstmals wieder zu einer Literaturlesung eingeladen. Bei schönstem Spätsommerwetter lauschten die Gäste im Garten des Kanzleicafés nach langer coronabedingter Unterbrechung wieder vorgetragenen Prosa-Texten. Aber anders als meist war nicht nur ein Autor zu hören, sondern zwei.

Martin Lechner und Tobias Premper begannen ihre „Doppel-Lesung“ damit, dass sie erzählten, wie sie sich kennengelernt hatten. Martin Lechner berichtete, er sei auf das Buch von Premper „Durch Bäume hindurch“ gestoßen und habe den Autor kennenlernen wollen. Das Publikum hörte dann, wie die beiden sich daran gemacht hatten, zusammen ein Buch mit kurzen Texten zu erarbeiten. Sie hätten dabei erlebt, wie sie sich durch gemeinsames Arbeiten beflügeln konnten.

Das gemeinsame Werk „Gelati! Gelati!“ enthält 99 Kurztexte, literarische Miniaturen. 33 davon haben Martin Lechner als Autor, weitere 33 Tobias Premper, und für 33 gibt es eine gemeinsame Autorenschaft. Das Publikum genoss davon etwa ein Drittel der Texte in der Abendlesung. Schon dies Zahlenspiel eine beziehungsreiche Gabe!

Sehr abwechslungsreich gestaltete sich die Lesung. Jeder von beiden Autoren las einige eigene Texte, dann folgte der andere mit Texten, die er selbst verfasst hatte. Darauf folgte etwa ein einzelner weiterer gemeinsam verfasster Text. Dazwischen gab es kurze oder auch längere Erläuterungen zur Entstehung

Lebhaft, ja emotional bei aller Verhaltenheit trug Martin Lechner als erster fünf ausgewählte Kurztexte vor. Unter dem Titel „Kurbel“ wird ein Mensch beschrieben, der ergebnislos und mehr und mehr verzweifelt Sinn und Zweck von etwas Vorhandenem herauszufinden sucht, hier einer unerklärlichen Kurbel im Keller, während Frau und Kind naiv ihr Leben leben. So ist manche Miniatur gekennzeichnet durch Absurdes, Skurriles, auch durch sich immer mehr steigernde Skurrilitäten und Absurditäten. Nicht selten sind Leser und Zuhörer überrascht, weil sie das Ende des Textes noch nicht erwartet haben. Man stutzt, denn das ist Anlass genug zum Nachsinnen.

Was verbindet die „Miniaturen“ inhaltlich? Es sind die existentiellen Fragen nach dem Ich-Sein, der Sinnhaftigkeit der Aufgaben, die sich jeder Mensch stellt, gerade auch der Künstler.

Die gemeinsamen Lesungen, die abwechselnd einzelne Sätze durch Stimmlagen und Tempi interpretierten, machten anschaulich, wie sich die beiden Autoren gegenseitig angeregt, kritisiert, bestätigt haben. Zusätzlich berichteten Lechner und Premper, humorvoll und auch selbstkritisch, über diesen denkwürdigen intensiven Austausch zu Inhalten, vor allem aber auch zu sprachlichen Gestaltungen. „Aus Fragmenten wurden „Satzteillager.“, so beschrieb Tobias Premper einen Aspekt jener intensiven Zusammenarbeit. Das Publikum wurde zu aller Vergnügen in diese Arbeiten und Umarbeiten einbezogen, indem die Autoren fragten und für die Antwort sogar Belohnungen in Aussicht stellten, z.B. wer in den „Miniaturen“ zitierte Dichter oder Plätze in bestimmten Orten kennte. So fragte Tobias Premper etwa: „Wer weiß den Autor, auf den ich mich beziehe?“ Er las mit verhaltener Stimme seinen Text „Fischer, Frau, Butt“ vor, und dem Publikum machte es selbstverständlich Vergnügen, eine Variation des Grimmschen Märchens zu hören, gleichzeitig verschlug es nahezu den Atem, wie heftig hier  Zeit- und Gesellschaftskritik geübt wurde, wenn es da heißt: „ ,Du musst deinen Wunsch nur aussprechen und er wird Wirklichkeit,‘ sagte der Butt.[…] Der Butt wollte gerade noch etwas sagen, aber der Fischer schlug ihm mit dem Knüppel auf den Kopf. Dann nahm er ein Messer, stach dem Butt ins Herz, schnitt ihm durch Kehle und Wirbelsäule und trennte den Kopf ab. Am Abend gab es Fischsuppe.“

Die Leistung der vorgestellten Texte wurde deutlich, denn sie zeigten durch ihre Kürze viel Weite, Eindeutigkeit trotz aller Offenheit. Die nach intensiven Diskussionen, die Tobias Premper und Martin Lechner miteinander geführt haben, gefundene Form nimmt die Leserschaft in die Pflicht innezuhalten, um nicht nur zu genießen, sondern auch zu reflektieren und sich zu öffnen.

Starker Beifall dankte den Autoren am Schluss, in einer sehr gelösten Atmosphäre, die beide durch die Art ihres Vortrags und ihre locker eingestreuten Berichte und Erläuterungen geschaffen hatten. Gern nutzten viele aus dem Publikum die Möglichkeit, das Buch zu erwerben und es sich – zweifach – signieren zu lassen.

PR
Fotos: Rainer Schieding

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