Dienstag, 10. Dezember 2024

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Gemischte Bilanz der Ergebnisse des 60. Verkehrsgerichtstags

Eine gemischte Bilanz der Ergebnisse des 60. Deutschen Verkehrsgerichtstages in Goslar zieht der ACE, Europas Mobilitätsbegleiter. Vor allem in den Arbeitskreisen II und IV blieben die Ergebnisse deutlich hinter den Erwartungen und Notwendigkeiten zurück. Das Ergebnis des AK VI wertet der ACE hingegen positiv.

Der ACE hatte im Vorfeld des diesjährigen Verkehrsgerichtstages zu den drei genannten Arbeitskreisen seine Forderungen formuliert und die Diskussionen vor Ort begleitet. Nach der Vorstellung der Ergebnisse kommt der ACE für die drei AK (II, IV und VI) zu folgender Bewertung:

AK II „Cannabis im Straßenverkehr – Strafrecht und Ordnungswidrigkeiten”

Die Empfehlung, eine nicht näher spezifizierte Konzentration von Cannabis im Blutserum als verkehrssicherheitsrelevanten Grenzwert bei Konsum von Cannabis festzusetzen, hält der ACE mit Blick auf das Erreichen der Vision Zero für falsch.In seinen Forderungen hatte der ACE für alle Verkehrsteilnehmenden ein Grenzwert von 1ng/ml Blutserum unabhängig von der Fahrzeugart (für Pkw und Fahrrad gleicher Grenzwert) formuliert. Während der Probezeit sollte der Grenzwert 0 ng betragen. Zudem hatte der ACE sich ausschließende Grenzwerte gefordertWird Alkohol oder THC nachgewiesen, muss der andere Wert 0 sein.

Gemäß § 316 Abs. 1 StGB ist zu bestrafen, wer im Verkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er/sie infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. Nach § 24a Abs. 2 StVG handelt ordnungswidrig, wer unter der Wirkung berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeugführt. Welche Mittel gemeint sind regelt eine Anlage, auf die im Gesetz Bezug genommen wird.

Ein wirklich zielführendes Ergebnis konnte der Arbeitskreis aus Sicht des ACE nicht herausarbeiten. Es besteht insoweit Konsens, dass der Konsum von Alkohol und Cannabis und die Teilnahme am Straßenverkehr im Sinne der Verkehrssicherheit grundsätzlich voneinander zu trennen sind und eine Festlegung von mit Alkohol vergleichbaren Grenzwerten nicht möglich ist. Der Arbeitskreis betonte, dass der derzeitige Grenzwert von 1ng THC pro ml Blutserum so niedrig liegt, dass die Gefahr besteht, dass aufgrund des niedrigen Grenzwertes Personen sanktioniert werden, bei denen das THC keine Wirkung entfaltet. Er kam daher zu dem Ergebnis, dass der Wert heraufgesetzt werden solle. Die zum Abschluss der Beratungen des Verkehrsgerichtstages herangezogene Argumentation, der Grenzwert sei heraufzusetzen, ist aus Sicht des ACE halbherzig und mit Bezug auf die Verkehrssicherheit eine überaus gefährliche Schlussfolgerung, da jeder Mensch individuell auf den Wirkstoff THC reagiert. Erstkonsumenten stehen bei einer geringeren Konzentration im Blutserum unter der Wirkung von THC als gewohnte Konsumenten. Vor diesem Hintergrund viel es schwer eine Einigung auf einen im Gespräch stehenden Grenzwert von 3,5 ng pro ml Blutserum zu erzielen.

Stefan Heimlich, Vorsitzender des ACE Auto Club Europa, macht noch einmal deutlich: „Für die Erfüllung des Tatbestandes der Fahrbeeinträchtigung reicht es auch, dass THC eine Wirkung entfalten kann. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ist es nicht erforderlich, dass diese Wirkung auch spürbar beim Betroffenen ist. Dies zeigt bereits die große Unsicherheit, ab wann berauschende Mittel negativen Einfluss auf die Fahrfähigkeit haben können. Aus Verkehrssicherheitsgründen ist jeder Zweifel an der Fahrtauglichkeit auszuschließen. Das in Argumentationen für einen höheren Grenzwert oft auftauchende Aufrechnen von Verkehrstoten Alkohol vs. Cannabis ist zynisch. Die Vision Zero hat null Verkehrstote als Ziel. Und genau das muss die Messlatte für Entscheidungen sein, bei denen es um die Verkehrssicherheit geht. Um dies zu erreichen, braucht es glasklare Grenzwerte, Kontrollen und, ganz wichtig, intensive Aufklärungsarbeit über die Auswirkungen des Konsums von Cannabis.“

AK IV „Mehr Radverkehr mit mehr Verkehrssicherheit – wie schaffen wir das?“

Enttäuscht zeigt sich der ACE mit dem Verlauf des Arbeitskreises rund um mehr Verkehrssicherheit im Radverkehr. Hier hätten nach Meinung des ACE mehr konkrete Empfehlungen Signalwirkung haben können, die so ausbleibt. Zwischenzeitlich hat die Bundesregierung bereits einen Leitfaden zur Verbesserung der Infrastruktur für Radfahrende aufgestellt, der bereits weitere Forderungen des Arbeitskreises unnötig gemacht hat.  Insoweit beschränkt sich die wesentliche Forderung auf die Schaffung durchgängig befahrbarer Radwege.

Etwas abseits vom Thema hat der Arbeitskreis darüber hinaus folgende weitere Themen vorgeschlagen:

  • Umsetzung der vorhandenen Regelwerke nebst Qualitätskontrolle der Infrastruktur
  • Ziele des StVG und des § 45 Abs. 9 StVO sollen so verändert werden, dass präventive Maßnahmen und Gestaltungen leichter möglich sind
  • Aufstockung der Polizeikräfte zur Überwachung des ruhenden und fließenden Verkehrs, hierbei wird insbesondere die mangelnde Umsetzung der Empfehlung aus 2017 beklagt, dort wurde bereits der Einsatz von Fahrradstaffeln gefordert
  • Mehr Aufklärung und Verkehrsausbildung, insbesondere bei der Nutzung von Pedelecs
  • Schaffung eines Ordnungswidrigkeitentatbestandes für das Radfahren unter dem Einfluss von Alkohol
  • Zur Eingliederung der Fahrzeuggruppe Fahrrad möge der Gesetzgeber Begrenzungen der Maße und des Gewichts insbesondere für Pedelecs, Lastenräder und Gespanne begrenzen

Stefan Heimlich, Vorsitzender des ACE Auto Club Europa, macht deutlich: „In diesem Arbeitskreis wurden Chancen vertan. Die Sicherheit des Radverkehrs ist zentraler Aspekt, wenn es um das Erreichen der Vision Zero geht. Dieses Ziel erreicht man nur mit einem klaren Kompass und einem detaillierten, fixen Zeitplan. Leider hat sich der Verkehrsgerichtstag an die Geschwindigkeit des Bundesverkehrsministeriums angepasst. Getreu dem Motto: Das Erzählte reicht und nicht das Erreichte zählt! Hier muss dringend nachgebessert werden und ein Katalog konkreter Maßnahmen samt Zeitplan beschlossen werden. Der Ball liegt nun bei Bundesverkehrsminister Wissing und der Druck, endlich zu handeln, wird mit jedem Tag größer.

AK VI „E-Scooter, Krankenfahrstühle, langsame Landmaschinen – ist unser Haftungsrecht noch zeitgemäß?“

Der ACE begrüßt ausdrücklich die vom 60. Verkehrsgerichtstag ausgesprochene Empfehlung einer grundlegenden Reform bei der Privilegierung im Rahmen der Gefährdungshaftung. Der Verkehrsgerichtstag empfiehlt, den § 8 Nr. 1 StVG, der im Wesentlichen noch aus dem Jahr 1909 stammt, zu modernisieren. Ein Ausschluss der Haftung von langsameren Kraftfahrzeugen ist nicht mehr zeitgemäß. Dies betrifft unter anderem land- und forstwirtschaftliche Kraftfahrzeuge sowie Baufahrzeuge und selbstfahrende Arbeitsmaschinen, aber auch Elektrokleinstfahrzeuge, wie z.B. den E-Scooter. Wobei bei der Elektromobilität durchaus eine Privilegierung von Fahrzeugen mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit auf ebener Strecke von unter 6 km/h angemessen erscheint. Ebenfalls hält der ACE die formulierte Empfehlung für richtig, Fahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h grundsätzlich nicht mehr von der Gefährdungshaftung auszunehmen. Einzige Ausnahme stellen motorisierte Krankenfahrstühle dar.

Stefan Heimlich, Vorsitzender des ACE, fügt hinzu: „Insbesondere mit Blick auf E-Scooter und langsame Landmaschinen hatte der ACE bereits in seinen Forderungen an den 60. Verkehrsgerichtstag nachdrücklich die Aufhebung dieses Privilegs gefordert. Dass die Beratungen auf dem Verkehrsgerichtstag nun in der Empfehlung gemündet sind, die Gefährdungshaftung auf E-Scooter und langsame Landmaschinen auszudehnen ist aus Gründen der Verkehrssicherheit die richtige Entscheidung.“

Den Fortbestand der Ausnahme von der Gefährdungshaftung für Krankenrollstühle sieht der ACE kritisch und empfiehlt hier eine Überprüfung, inwieweit diese Ausnahme negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit haben kann.

PR
Foto: useche70 / Pixabay

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