Mittwoch, 11. Dezember 2024

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Standortfrage „Balkenkopf“ – Das Schweigen des Projektleiters

Torsten Kalpen schweigt – andere Teilnehmer in der Runde beklagen sich, können ihren Ärger darüber nicht verbergen, dass sie sich getäuscht fühlen. Vor dem Hintergrund, dass die aus Kupfer, Bronze und Neusilber gefertigte Plastik „Balkenkopf“ vom Kleinen Plan entfernt werden soll, betont Gudrun Jahnke (SPD): „Ich habe zugestimmt, weil die Verwaltung sagte, die Künstlerin habe sich einverstanden erklärt.“

Eigentlich war das Thema im Ortsrat Blumlage/Altstadt längst erledigt, doch nachdem sich die Bildhauerin Ulrike Enders in der CZ selbst zu Wort gemeldet hatte, wurde für die jüngste Sitzung des Gremiums am Mittwoch eine Aussprache auf die Tagesordnung gesetzt. „Es hat sich ein öffentlicher Widerspruch ergeben, wir möchten über den neuen Sachstand informiert werden“, führte Ortsbürgermeister Christoph Engelen (SPD) ins Thema ein.

Rückblick: Die Verwaltung hatte im Zuge der Begrünung des Kleinen Plans, für die Torsten Kalpen als städtischer Mitarbeiter verantwortlich ist, kundgetan, die Urheberin der Plastik habe sich mit einer Umsetzung einverstanden erklärt. Diese Mitteilung hatte Gewicht – wenn die Künstlerin selber nichts dagegen habe, dann widersetze sich auch die Politik nicht. Tatsächlich verhielt es sich jedoch so, dass Frau Enders vom Neuen Rathaus deutlich gemacht worden war, ein Standortwechsel sei zwingend, unter keinen Umständen könne ihr Werk, das speziell für die Ecke Mauernstraße/Kleiner Plan geschaffen wurde, nach der Umgestaltung dorthin zurückkehren. Angesichts dieser Grundlage brachte sie keine Einwände vor, sondern sprach sich im Mai für ein Umsetzen in die Blumlage, vor das Lokal „Dackels Krone“, aus.

ORTSRAT WIRD NICHT INFORMIERT

Zurück zur Sitzung: Christoph Engelen bittet die Verwaltung, Stellung zu nehmen, nachdem die einzelnen Ortsratsmitglieder sich geäußert haben. Überraschenderweise antwortet nicht Torsten Kalpen als Projektverantwortlicher, sondern die städtische Mitarbeiterin Monique Hilse. Sie gibt sich einsilbig und teilt lediglich mit, dass die Verwaltung bei ihrer ursprünglichen Aussage bleibe. Torsten Kalpen schweigt während des gesamten Tagesordnungspunktes, obwohl er für Aufklärung sorgen könnte. Denn er war als einziger sozusagen live dabei: Im Frühjahr ging er mit der Bildhauerin aus Hannover auf Alternativstandort-Suche und ganz aktuell, nämlich wenige Stunden vor Beginn der Ortsratssitzung, hat er mit Ulrike Enders konferiert, hat ihr per Videoschalte die Pläne für den Kleinen Plan im Detail erläutert. Dieses ergibt ein Telefonat der CELLER PRESSE mit ihr am Morgen nach der Sitzung. Wäre es nicht angebracht gewesen, genau diese Präsentation dem Gremium zu zeigen, um die Sachlage klar und deutlich zu erläutern? Denn die Interessierten können nicht nachvollziehen, wieso es nicht möglich sein soll, dass Begrünung und öffentliche Kunst Hand in Hand gehen. Und wenn schon keine Präsentation, wieso erwähnt der Projektverantwortliche die Videokonferenz mit keiner Silbe, immerhin hat er es doch geschafft, die Bildhauerin nach eigener telefonischer Aussage der CP gegenüber wirklich zu überzeugen?

MEHR ALS DIE STANDORTFRAGE

Das Schweigen Kalpens verwundert und reiht sich damit ein in den Vorgang „Balkenkopf“ insgesamt. Es geht mittlerweile nicht nur um die Standortfrage, die manchen Cellern mehr und anderen weniger bzw. gar nicht wichtig ist. Ortsratsmitglied Dr. Herbert Exner (FDP) und auch Steffen Weiss (CDU) äußern sich in dieser Richtung. Es geht auch um den Umgang der Verantwortlichen im Neuen Rathaus mit dem Thema an sich und in diesem Zuge mit den kommunalpolitischen Vertretern und der Öffentlichkeit. Ähnliche Szenen wie in der Runde am Mittwoch spielten sich vor einigen Wochen im Kulturausschuss ab. Nie hatte die beabsichtigte Umsetzung der im Jahr 1991 aus einem Wettbewerb mit hochkarätiger Jury hervorgegangene Plastik auf der Tagesordnung einer Kulturausschuss-Sitzung gestanden. Erst der Ratsvorsitzende Joachim Falkenhagen (FDP) sorgt dafür, dass dieses am 11. September geschieht. Kulturdezernentin und Stadtkämmerin Nicole Mrotzek sieht sich klaren Forderungen einzelner Mitglieder gegenüber, für Aufklärung zu sorgen. Schriftlich lässt sie den Kommunalpolitikern am 17. September ein Statement zukommen, an dessen Schluss es heißt: „Das Urheberrecht von Frau Enders bezieht sich nur auf die Veränderung an dem Kunstwerk, nicht aber auf den Standort. Dennoch war der Stadtverwaltung daran gelegen, die Künstlerin bei der Standortsuche einzubinden.“

Richtig ist, dass Ulrike Enders, zu deren bekanntesten Objekten die „Regenleute“ in der Hannoverschen City gehören, in die Pläne der Stadt nicht eingeweiht worden war, sie erfährt von Pressevertretern im persönlichen Gespräch davon. Sie weiß, dass sie keine Handhabe gegen die Entscheidung der Stadt hat: „Man kann ein Kunstwerk sogar wegschmeißen“, sagt sie in einem Interview.

MANGEL AN TRANSPARENZ

Fest steht auch, dass es von Beginn der Planungen an an Transparenz mangelte. Zu keinem Zeitpunkt hatte die Plastik, die viele Innenstadt-Besucher gerne als Sitzbank nutzen, eine Rolle gespielt. Schon in der Präsentation des früheren Stadtbaurates Ulrich Kinder zur Zukunft der City, „Lebendige Altstadt“ überschrieben, fand es keine Berücksichtigung. Die Begrünung des Kleinen Plans ist hier schon ausgewiesen, ohne „Balkenkopf“, später wandelte man den Entwurf etwas ab, auch um die Zufahrten für Feuerwehr und Rettungsdienst in ausreichendem Maß zu gewährleisten. Bei der Vorstellung des Projektes Entsiegelung Kleiner Plan im Umweltausschuss im April dieses Jahres blieb der „Balkenkopf“ unerwähnt, erst die Nachfrage von Christoph Engelen entlockte dem Fachbereichsleiter Ulf Pohlmann die Aussage, das Kunstobjekt werde entfernt und dort auch nicht wieder aufgestellt. Ob die Verwaltungsangestellten wussten, dass vor mehr als dreißig Jahren ein Wettbewerb mit Fachjury ausgelobt, ein Ratsbeschluss herbeigeführt und 80.000 DM bereitgestellt worden waren? Eine Anfrage im Nachgang zu dieser Sitzung bei der Pressestelle des Neuen Rathauses ergibt die Antwort, das Kulturdezernat sei selbstverständlich in den Vorgang eingebunden. Die völlige Uninformiertheit Nicole Mrotzeks im Kulturausschuss bestätigt diese Auskunft der Pressestelle nicht. Nachdem die Anlieger des Kleinen Plans über die Pläne zur Neugestaltung informiert werden, beginnt ein Schriftverkehr mit dem Oberbürgermeister Dr. Jörg Nigge. Erst danach setzt sich das Neue Rathaus mit Enders in Verbindung.

Nicole Mrotzek führt in ihrem Papier aus, eine aktuelle Veränderung im Begrünungsvorhaben habe Auswirkungen auf die gesamte Förderkulisse, sie gefährde die Gelder. Dieses erweist sich als nicht zutreffend, wie sich im jüngsten Bauausschuss am 19.11. herausstellt, Stadtbaurätin Elena Kuhls korrigiert, es handele sich um eine Entwurfsplanung.

Tatsache ist weiterhin, dass insgesamt vier Beschwerden bei übergeordneten Institutionen anhängig sind, auch vor dem Hintergrund, dass im vom Rat beschlossenen Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK) dem Erhalt von Kunst im öffentlichen Raum ein hoher Stellenwert eingeräumt wird. Darüber hinaus und nicht zuletzt ist bei einzelnen Bürgern Celles, Anliegern des Kleinen Plans sowie Mitgliedern des Rates eine starke Entschlossenheit spürbar, für den Verbleib des „Balkenkopfes“ an seinem angestammten Platz zu kämpfen.

Anke Schlicht
Celler Presse
Fotos: privat

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