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Y-Trasse: Kommt die Bahn zum Zug?

CELLE. So wie die Y-Trasse derzeit geplant ist, wird sie in einem Teilabschnitt von Isernhagen bis westlich Walsrode parallel zur A 7 verlaufen. Obwohl die Strecke dann ca. 25 km von Celle entfernt ist, wird eine erhebliche Lärmauswirkung auf Celle erwartet. Auf der neuen Hochgeschwindigkeitstrasse sollen die Züge mit 300 km/h fahren. ICEs, die gegenwärtig noch auf der alten Strecke rollen, sollen auf die neue Trasse verlagert werden, während die langsameren Güterzüge auf der alten Strecke verbleiben und noch „Zuwachs“ bekommen. Hierzu teilt das niedersächsische Wirtschaftsministerium mit: „Für jeden auf die Y-Trasse verlagerten ICE-Zug können etwa zwei Güterzüge auf der bestehenden Strecke zusätzlich verkehren.“

Und das bewegt Celle! Da kommt mit den Güterzügen eine erheblich höhere Lärmbelastung auf die Anwohner zu, der die Bahn mit den Lärmschutzwänden vorbeugen wollte. Nicht nur nach Ansicht der direkten Anwohner hat das schon bei der gegenwärtigen Streckennutzung nicht den erwarteten Effekt gebracht. Von der Stadt Celle war zu diesem Thema trotz Nachfrage keine Stellungnahme zu erhalten. Als Meinung aus dem Rathaus klingt noch eine Äußerung von Oberbürgermeister Dirk-Ulrich Mende nach, die er anlässlich des traditionellen Grünkohlessens bei den Celler Heeresfliegern machte im Zusammenhang mit Beschwerden gegen den Fluglärm. Danach würden sich viele Celler mit Wehmut an den „Teppichklopfer“ erinnern, wenn erst einmal die Güterzüge auf der umstrittenen Y-Trasse einen nächtlichen Lärmteppich über Celle ausbreiteten. Klingt nach Kapitulation vor dem Problem. Dabei wollte doch die Stadt Celle mit dem EU-initiierten Lärmaktionsplan nach einer Bestandsaufnahme der lärmrelevanten Bereiche Lösungen zur Lärmminderung präsentieren.

Anfang der 1990er Jahre war der Hauptgrund für die Aufnahme der Planungen für die Y-Trasse die Effizienzsteigerung im Personenverkehr. Ziel war die teilweise Entmischung der schnellen und langsamen Verkehre. Die Fahrzeit von Hamburg nach Hannover sollte von 69 auf 56 Minuten sinken und von Bremen nach Hannover von 54 auf 46.

Am 18. Januar 2010 hieß es, die Y-Trasse stehe auf einer internen Streichliste der Deutschen Bahn AG. Die Hochgeschwindigkeitstrasse von Hamburg nach Hannover sei bis 2025 nicht umsetzbar. Zudem fehlten die finanziellen Mittel für das Milliardenprojekt. 1999 sprach man noch von 1,3 Milliarden, im März 2008 wurde sogar über vier Milliarden EURO spekuliert. In einer Pressemitteilung nimmt der Verkehrsclub Deutschland (VCD) Stellung: „Hoffentlich ist das jetzt das endgültige Aus. Für die norddeutschen Seehäfen wäre das eine große Chance, die seit Jahren in zahlreichen Studien angemahnten effektiveren Alternative realisiert zu bekommen. Wir haben überhaupt kein Verständnis dafür, dass vor allem die niedersächsische Landesregierung sich an die veralteten Planungen zur Y-Trasse klammert, obwohl in der Fachwelt ein nachhaltiger Nutzen einer Neubaustrecke nicht gesehen wird.“. Kritiker des geplanten Trassenverlaufs sehen die zusätzlichen Kapazitäten für den Güterverkehr kurzfristiger und preisgünstiger eher im Ausbau bestehender Strecken.

Bereits am 19. Januar lässt die Bahn verkünden, dass es eine Streichliste nicht gebe und dass der Bau der Y-Trasse nicht gefährdet sei. Bundesverkehrsminister Ramsauer habe dem Land Niedersachsen eine Zusage zum Bau der Y-Trasse gegeben. Nach einer Pressemitteilung der Deutschen Bahn sei die Aus- und Neubaustrecke Hamburg/Bremen – Hannover eines der zentralen Investitionsprojekte der kommenden Jahre. „Für die Bahn ist der verkehrliche Nutzen dieses Projektes unbestritten,“ verlautet es von der Bahn in Hannover. Außerdem seien Planungskosten in Höhe von 20 Millionen EURO vom Bund zugesagt worden. Wenig konkret klingt die Mitteilung aus dem niedersächsischen Wirtschaftsministerium: „Der Bund als Eigentümerin des Schienenweges und die DB als Bauherrin haben eine Fertigstellung der Trasse bis zum Jahre 2019 in Aussicht gestellt. Einen wie auch immer ausgearbeiteten Zeitplan gibt es nicht.“ Aber: Die Finanzierung sei noch nicht gesichert.

Die Planungen für dieses ehrgeizige Projekt waren aus finanziellen Gründen, aber auch Zweifeln an der Sinnhaftigkeit mehrfach ins Stocken geraten. So hat das Projekt auch Bürgerinitiativen auf den Plan gerufen, die unter anderem gegen die Zerschneidung der Landschaft und mehrerer Ortschaften durch die Streckenführung (z. B. Bröckel) und die zu erwartende Lärmbelastung protestieren.

Als wenn es der Irritationen nicht schon genug gäbe, kommt in diesen Tagen Niedersachsens Wirtschaftsminister Jörg Bode, selbst ein Celler, mit der überraschenden Aussage in den Blätterwald: „Über die neue Strecke wird lediglich der Güterverkehr geleitet. Und jene ICEs, die auch jetzt nicht in Celle halten.“ Klingt nach Entlastung der alten Strecke. Nur langsame Güterzüge auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke? Eher unwahrscheinlich. Der Minister Opfer einer falschen Weichenstellung? Die Achterbahnfahrt geht wohl weiter. Alle Weichenstellungen gehören auf den Prüfstand: Wirtschaftlichkeit, Finanzierung, Streckenverlauf, Zeitplan, Umweltaspekte, Lärmschutz.

Redaktion
Celler Presse
WasCellebewegt.de

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