Zum Inhalt springen
Anzeige
Anzeige

„SOS: Save our Schools“

CELLE. „Die gymnasiale Bildung geht baden. Das Gymnasium geht unter. Deshalb müssen wir jetzt den Notruf absetzen: SOS, Save our Schools“, skandierte Barbara Brömmelhörster, Personalratsvorsitzende am Hermann-Billung-Gymnasium, vor etwas 300 Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften auf der Stechbahn. Das neue Schulgesetz, das am 3. Juni verabschiedet werden soll, beinhalte das „Aushungern der Gymnasien“ und die Integrierte Gesamtschule (IGS) werde als ersetzende Schulform vorgesehen.

Schulelternräte, Schülervertretungen und Personalräte der Celler Gymnasien (KAV, Hölty, HBG, Ernestinum) und des Lachendorfer Imanuel Kant Gymnasiums formierten einen massiven Widerstand. Im Kern des Schulgesetzes gehe es um eine Einheitsschule. Die Gesamtschule werde als Regelschule vorgesehen. Zwei Schulformen wurden bereits vereinheitlicht: aus Hauptschule und Realschule wurde die Oberschule. Nun stehen auch die Förderschulen auf dem Prüfstand. Das Gymnasium sei nun die letzte Schulform, die nicht in das Korsett der Einheitsschule passe. Deshalb sei sie zur Zielscheibe der rot/grünen Schulpolitik geworden. Kritisiert wird von den Initiatoren des Widerstands auch, dass durch eine mögliche Zusammenlegung von Gymnasien sich Fahrzeiten verlängern könnten. Der Schulträger müsse bei der Errichtung von Gesamtschulen nur sicherstellen, dass der Besuch eines Gymnasium unter zumutbaren Bedingungen gewährleistet ist. Zumutbar soll ein Fahrweg von 150 Minuten (Hin- und Rückweg) sein. Da sich in einer solchen Situation die Eltern eher für eine wohnortnahe Gesamtschule entscheiden werden, werde mittelfristig die Abschaffung des Gymnasiums eingeleitet und damit der Wegfall der Wahlmöglichkeit zwischen den Schulformen.

Harsche Kritik entlädt sich nun geballt auch an der Tatsache, dass die Lehrkräfte in der Woche eine Stunde mehr unterrichten müssen und die Altersermäßigung ab dem 55. Lebensjahr gestrichen wurde. Damit seien 1.000 Lehrerstellen „erwirtschaftet“ worden, die allerdings nicht den Gymnasien zu Gute kommen sondern anderen Schulformen. Nur 70 Stellen seien den Gymnasien in Niedersachsen zugewiesen worden, obwohl die Zahl der ausscheidenden Lehrkräfte viermal so hoch ist. Sorge und Frust haben sich bereits seit 2014 angestaut, so dass die Lehrkräfte als einziges Mittel die Aussetzung von freiwilligen Tätigkeiten – wie z. B. Klassenfahrten – sahen. Damit konnten sie in der Öffentlichkeit die Ernsthaftigkeit ihres Anliegens demonstrieren.

„Wir Lehrer wollen auch Klassenfahrten, Kursfahrten etc., finden sie genauso wichtig, ergiebig und erinnerungswürdig, aber können nicht mehr alles gleichzeitig bewältigen, denn diese Landesregierung belastet uns Gymnasiallehrer, denen das Wasser sowieso schon bis zum Hals steht durch die immer zahlreicher werdenden Verwaltungsaufgaben, Umsetzen von Schulreformen, Entwicklung von Lehrplänen, Beiträgen zur Schulentwicklung,und – vor allen Dingen – ungeheure Korrekturmengen uns, die wir schon jetzt in zusätzlichen Aufgaben versinken, mit der Erhöhung unserer Unterrichtszeit, weil sie mal wieder an Bildung sparen will.
Ersparen Sie uns solche Sparmaßnahmen, Frau Heiligenstadt. Das haben wir satt“, appellierte Barbara Brömmelhörster an die Kultusministerin.

Schülerinnen und Schüler solidarisieren sich mit ihren Lehrerinnen und Lehrern. Audrey-Lynn Struck, Schülersprecherin vom Gymnasium Ernestinum, betonte, dass das neue Schulgesetz nicht unterstützt werden könne. Lehrkräfte erhielten für eine Stunde Unterricht keine Bezahlung und die Lehrerstellen seien gekürzt worden. Der Unterricht werde wegen des Lehrermangels häufig von „Feuerwehrkräften“ bestritten. Anliegen sei, die Gymnasien zu erhalten. Audrey-Lynn: „Wenn man der Meinung ist, dass etwas nicht richtig ist, muss man für die Interessen eintreten, sonst verändert man nichts.“

Finn Meinecke, Schülersprecher vom Gymnasium Lachendorf, hielt die eine Stunde mehr für die Lehrer zunächst für lächerlich, ist aber nach eingehender Information zu der Erkenntnis gekommen, dass auch die Lehrer die Arbeit schaffen müssen. Das müsse so gut geschehen, dass auch die Schüler davon profitieren. Finn räumte ein, dass es auch in der Schülerschaft unterschiedliche politische Meinungen und Widerspruch gebe. Letzten Endes gehe es aber allen um Gleichberechtigung und nicht um Gleichmacherei.

Neben den Sparmaßnahmen allgemein rieb sich der Kreiselternratssprecher Ronald Bahr an weiteren Aspekten des Schulgesetzes, die die Qualtität an Gymnasien gefährden. Bereits an der Grundschule werden durch jahrgangsübergreifenden Unterricht, sogenannte Berichtszeugnisse und Abschaffung der Laufbahnempfehlung Voraussetzungen geschaffen, die die Arbeit an Gymnasien erschweren. Wie Bahr betonte, seien bislang die Empfehlungen zu 90 % zutreffend gewesen. Weiterhin soll nun das Sitzenbleiben sowie die Möglichkeit, im Gymnasium dauerhaft überforderte Schülerinnen und Schüler an eine für sie geeignetere Schulform zu überweisen, stark erschwert werden. Auch das senke das Niveau an Gymnasien.
Die Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren (G9) werde generell begrüßt. Dabei sei allerdings eine durchdachte Umsetzung in den Lehrplänen nicht gewährleistet. Auch hatten die Schulbuchverlage keine Möglichkeit, entsprechende Schulbücher aufzulegen.

Redaktion
Celler Presse

Hinweis zu der Meldung
Diese Seite zeigt gesponsorten Marketing-Inhalt, Quell- und Informationslinks sowie extern eingespielte Banner und Flash-Anzeigen.



Anzeige