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Laura Waco: „Von Zuhause wird nichts erzählt“

CELLE. Freising, München, Kanada, Los Angeles, New York, überall dort hat Laura Waco Spuren hinterlassen. Eine Spur, die sie dank später Geburt nicht selbst gelegt hat und mit Unbehagen verfolgt, führt in den Raum Celle, nach Bergen-Belsen. Dort wurde das Schicksal ihrer Eltern und zwei Schwestern ihrer Mutter geprägt. Nun kam die Autorin zusammen mit dem Regisseur und Drehbuchautor Michael Verhoeven nach Celle, um das Buch „Von Zuhause wird nichts erzählt“ und den Film, der daraus entstanden ist, vorzustellen: „Let’s go“.

Dem Konzentrationslager entronnen, verschlug es die Eltern nach Freising. Dort wurde Laura 1947 geboren. „Der Papa wollte, dass ich Leie heißen soll, weil die gottselige Mutter von dem Papa so hieß, aber so einen Namen gibt es in Deutschland nicht. Da hat man das Nächstbeste, nämlich Laura, auf meine Geburtsurkunde geschrieben, aber der Papa, wenn er mich ganz lieb hat, nennt mich Leierle“, berichtet sie. Auch das steht für das sehr spezielle Leben der jüdischen Familie, das Laura Waco in ihrem Buch verarbeitet hat. „Von Zuhause wird nichts erzählt“ kann man als Motto der Eltern verstehen, die ja noch unter den Eindrücken der Krieges und der Nachkriegswirren standen. Auf Einladung der Stiftung der Gedenkstätte Bergen-Belsen kam Laura Waco zusammen mit Michael Verhoeven aus München angereist, um Film und Buch zu präsentieren im Rahmen der Veranstaltungsreihe der Stiftung, erstmals in Kooperation mit der VHS Celle und den Kammer-Lichtspielen.

Fast etwas schüchtern und zurückhaltend berichtet Laura Waco über die Familiengeschichte und das Zustandekommen des Buches. Sie schildert das so: „Das Buch war schon lange in mir drin. Ich wusste nur nicht, wie ich das Thema anpacken sollte. Als ich durch meine eigenen Kinder einen so deutlichen Einblick in die Seele und das Wesen junger Menschen bekam, und als mir die Unschuld eines Kindes so sehr bewusst wurde, beschloss ich, mein Buch in der Stimme des Kindes zu schreiben. Dazu musste ich mich in die Zeit und jede Stufe meiner Kindheit hineinversetzen und sozusagen darin leben. Ich schrieb es von November 1191 bis Mai 1993 mit einem „Kloß im Hals und vielen Unterbrechungen….“

Das Buch war fertig, und nun begann die „Ochsentour“. Welcher Verlag wird es veröffentlichen? Es hagelte Absagen. Schon 1993 hatte sie Kontakt mit Michael Verhoeven aufgenommen und ihm das Script zur Verfilmung angeboten. Von ihm kamen wohl positive Signale, jedoch sollte sie zunächst einen Verlag finden. Schließlich nahm der Kirchheim Verlag das Projekt auf. An den Tag, als die positive Nachricht von dem Verlag kam, erinnert sich Laura Waco ganz genau: Es war der Tag, an dem der israelische Ministerpräsident Jitzchak Rabin einem Attentat zum Opfer fiel, am 4. November 1995. Nun dauerte es fast noch zehn Jahre bis der Film realisiert wurde. Der Anfang 2014 fertig gestellte Film lief bereits zweimal im Fernsehen, der, wie Laura Waco in einem Pressegespräch gestand, etwas von der Buchvorlage abweicht.

So ging es dann weiter mit der Familiengeschichte: Mit sechs Jahren zog die Familie nach München um. In der Bortsei, der Wohnsiedlung des Konsuls Borst, die für ein friedliches Zusammenleben der Bewohner steht, mit ihren eigenen Idealen und Regeln, findet die Familie eine Wohnung. Vom Freisinger Landleben ins Stadtleben von München, vom Kindergarten in die Volksschule, umgeben von vielen Menschen und vor allem Kindern, von lieben und bösen, wächst sie mit ihrer Schwester in den fünfziger Jahren auf. Und so erzählt die Autorin auch das ganze Panorama der 50er und 60er Jahre: vom Jopa-Eis bis zum Pulloverladen. Und da gab es noch ein anderes Moment. Die Eltern wälzen Auswanderungspläne für sich und Heiratspläne für Laura mit jüdischen Söhnen. Als sie beim Baden in der Isar von einem deutschen Jungen gerettet wird, bricht für den Vater ein verankertes System zusammen: So einen Schande, von einem Deutschen. Und die Mutter schimpft, man müsse sie alle verbrennen. Aber die Kinder wollen gar nicht anders sein als ihre Freunde.

Der Vater hieß ursprünglich Majer Steger. Daraus entstand Max Stöger, ein guter deutscher Name. Die Mutter war eine geborene Mandelbau und ihr Vorname Hela passt nach Deutschland rein. Vater Max hatte schnell in der Borstei – heute würde man sagen – ein Netzwerk aufgebaut. Er pflegte die Kontakte im Umfeld – wurde mit Spitznamen „Jacke“ genannt – und half, wo er nur konnte, vor allem beim bürokratischen Papierkrieg, mit dem die Menschen zu kämpfen hatten. Es lebten viele jüdische Familien in der Borstei. Trotz der Auswanderungspläne blieben die Eltern in Deutschland. Sie hatten sich mittlerweile in der Gastronomie gut etabliert. Eine Tante wanderte nach Kanada aus, die andere nach New York. Als Laura 18 war, verabschiedete sie sich 1965 aus dem Elternhaus nach Kanada. Ein Jahr darauf lernte sie in Los Angeles ihren Mann kennen, den sie 1968 heiratete. 1970 und 1973 wurden ihre beiden Töchter geboren. 1980 besuchte sie Deutschland zum ersten Mal nach der Auswanderung.

Ihren jetzigen Deutschlandbesuch wird sie am 27. Juli abschließen. Bevor sie nach New York zurückkeht macht sie noch einen Abstecher nach Krakau in Polen. Die Familie und der Freundeskreis sind groß………

Das Buch: „Von Zuhause wird nicht erzählt“ – Eine jüdische Geschichte aus Deutschland 283 Seiten, geb., € 19,90, ISBN 3-87410-073-1

Redaktion
Celler Presse

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