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Wie der Dorfladen „Tante Hanna“ die Nahversorgung in Müden und Poitzen verändert

MÜDEN/Örtze. Seit Juni 2019 gibt es in Müden/Örtze wieder einen kleinen Lebensmittelladen; „Tante Hanna“ feierte Eröffnung und wird seitdem von Einheimischen und Touristen gleichermaßen gut angenommen. Die Eröffnung des Dorfladens ist wichtig für die Grundversorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs für die Einwohner Müdens, denn seit vielen Jahren ist ein Wandel des Lebensmitteleinzelhandels erkennbar hin zu weniger, aber dafür größeren und auf PKW-Erreichbarkeit ausgerichtete Läden. Dieser Wandel ist gerade für kleine Orte im ländlichen Raum problematisch, da eine Nahversorgung, also die Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs in fußläufiger Entfernung, nicht sichergestellt werden kann.

Dies war auch der Fall in Müden/Örtze, als der kleine Edeka-Markt im Jahr 2014 schloss und eine Fortführung ungewiss war. Durch den damaligen Verkehrsverein und engagierten Bürgern wurden seither gemeinsam mit der Gemeindeverwaltung Überlegungen angestellt, wie Müden wieder zu einer Lebensmittelgrundversorgung gelangen könnte. Am Ende stand fest, dass die Gemeinde das alte Gebäude kaufen, sanieren und an die neue Betreibergesellschaft „Tante Hanna“ verpachten wird. Zudem haben viele Bürger eine Einlage als stille Gesellschafter getätigt und so das Vorhaben unterstützt.

Zur Realisierung von Tante Hanna hat die Gemeinde Faßberg als Pächterin des Gebäudes einen LEADER-Antrag zur Sanierung gestellt. Unterstützt wird die LEADER-Region des Kulturraums Oberes Örtzetal, dem die Gemeinde Faßberg angehört, dabei durch das Kommunikative Stadt- und Regionalentwicklungbüro Koris. Zeitgleich fing 2019 eine Untersuchung des Johann Heinrich von Thünen-Instituts – Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei, kurz Thünen-Institut an, die für deutschlandweite Fallstudien auf der Suche nach Dörfern waren, in denen die (Wieder-)Eröffnung eines Dorfladens bevorstand. Und so kam es, dass durch das Regionalentwicklungbüro Koris der Hinweis auf Tante Hanna gefallen war. Gemeinsam mit der Geschäftsführung von Tante Hanna und der Gemeindeverwaltung wurde die Untersuchung seitens des Thünen-Institutes besprochen und begleitet.

Das Thünen-Institut untersucht im dem Forschungsprojekt „Dynamik der Nahversorgung in ländlichen Räumen“ die Auswirkungen und Verhaltensänderungen bei einer Öffnung oder Schließung eines Dorfladens und wird dabei durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert. Ziel der Haushaltsbefragungen ist es, herauszufinden wie Angebote konzipiert und gefördert werden müssen, um dem Versorgungsbedarf und den sozialen Zielen der Bevölkerung möglichst gut zu entsprechen.

Befragt wurde in den zu zwei Zeitpunkten in den Ortsteilen Müden und Poitzen: Knapp einen Monat vor und knapp ein Jahr nach der Eröffnung von Tante Hanna. Mit dieser sogenannten Panelbefragung können die Forscher unmittelbare Veränderungen im Verhalten, den Wahrnehmungen und den Einstellungen feststellen. Die Befragung wurde vorab im Knüppel angekündigt und die Fragebögen für den ersten Befragungszeitpunkt persönlich durch die Mitarbeiter des Thünen-Institutes verteilt. Corona-bedingt konnte der Fragebogen beim zweiten Befragungspunkt nicht persönlich durch das Thünen-Institut verteilt werden, sondern wurde stattdessen mit Unterstützung der Gemeinde Faßberg durch den Knüppel an die Orte Müden und Poitzen mitverteilt.

Nun liegen die Ergebnisse des Thünen-Institutes zur Fallstudie Müden vor. Ursprünglicher Plan war, eine große Bürgerinformationsveranstaltung durchzuführen, die aber coronabedingt nicht stattfinden kann. Deswegen wurden der Verwaltung, der Tante Hanna-

Geschäftsführung, dem Büro Koris, dem Gemeinderat und der Presse auserwählte Ergebnisse über eine Videokonferenz mitgeteilt. Die Informationen stehen den Bürgern auf der Homepage der Gemeinde Faßberg als PDF-Präsentation zur Verfügung oder können in gedruckter Version im Rathaus am Infopunkt eingesehen werden. Bürgermeister Frank Bröhl und Geschäftsführer Michael Gebers bedanken sich bei allen Teilnehmern der Befragung, die den Forschern wichtige Erkenntnisse lieferten und so zur Verbesserung des Angebotes von Tante Hanna beitragen. „Als Geschäftsführer der Tante Hanna GmbH bin ich zum einen sehr froh darüber, dass wir ein solches Projekt in unserer Gemeinde mit allen Beteiligten auf die Beine stellen konnten, zum anderen bin ich aber ganz besonders stolz auf unser Team im Markt, denn sie sind es die täglich mit viel Leidenschaft am Kunden dafür gesorgt haben, dass die Kundenzufriedenheit in der zweiten Umfrage sogar noch gesteigert wurde. Dafür kann ich allen nur meinen tiefen Dank aussprechen“, so Tante Hanna-Geschäftsführer Michael Gebers. 

Die wichtigsten Ergebnisse:

Der Dorfladen hat von allen anderen Betriebsformen Anteile gewonnen, insbesondere von Supermärkten wie Edeka, aber auch von Discountern wie Aldi oder Lidl, die eigentlich andere Zielgruppen bedienen“ sagt Matthias Seel, der am Thünen-Institut für die Befragung zuständig ist. Der PKW wird seit Eröffnung des Ladens öfter stehen gelassen, dafür wird häufiger das Fahrrad genutzt oder zu Fuß gegangen. Seit der Eröffnung von „Tante Hanna“ werden häufiger andere Personen beim Einkauf von Waren des täglichen Bedarfs getroffen.

Die Zufriedenheit mit den Einkaufsmöglichkeiten und den Treffpunkten ist deutlich gestiegen, was auch daran liegt, dass die Merkmale des Dorfladens die Erwartungen in allen Bereichen übertroffen haben.

Tante Hanna wird von breiten Bevölkerungsgruppen in Müden und Poitzen angenommen. Etwas häufiger kaufen Personen, die in Vereinen aktiv sind, Ältere und Personen mit längerer Wohndauer ein. Deutlich mehr kaufen Haushalte, die Anteile am Laden gezeichnet haben. Wichtigste Ladenmerkmale für die Nutzung sind Qualität und Preis. Wer diese gut bewertet, kauft auch deutlich mehr ein. Für z. B. Sonderangebote oder Regionale Produkte ist der Zusammenhang zwischen Bewertung und Nutzung deutlich geringer.

Allen Befragungsteilnehmern liegt ein ausgeprägtes Bewusstsein vor, dass für den langfristigen Erhalt des Ladens „Alle“ gebraucht werden; das bedeutet die Betreiber des Ladens, die lokale Politik und Verwaltung, „Ich selbst“ und die anderen Dorfbewohner.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich durch die Eröffnung von Tante Hanna Einkaufsgewohnheiten und Verkehrsmittelwahl verändern. Treffen und soziale Kontakte beim Einkaufen steigen merklich an und die Bewertung von Zufriedenheit mit der Versorgungssituation und Treffpunkten steigen teils deutlich an. Weiter ist zu erkennen, dass Haushalte, die Anteile gezeichnet haben, den Laden verstärkt nutzen. Tante Hanna entspricht den Erwartungen und übertrifft diese z. T. sogar. Die Nutzung hängt am stärksten mit der Bewertung von „Qualität“ und „Preisen“ zusammen. Eine hohe Zufriedenheit ergab sich mit sozialen Aktivitäten des Ladens (z. B. Tante Hannas „Feierabend“).

Abschließend besagen die Ergebnisse, dass zuvor gezeichnete Anteile Bürger an den Laden binden. Um weitere Kundengruppen zu erreichen, kann an den, für den Einkauf relevantesten, Merkmalen angeknüpft werden. Das bisherige Verhalten (Einkaufsstättenwahl, Mobilitätsverhalten, Kopplungsgewohnheiten) hat überraschenderweise kaum Einfluss auf die Anpassung des Einkaufsverhaltens. Hier bleibt jedoch unklar, inwieweit diese Beobachtungen der Corona-Pandemie geschuldet sind.

PR

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