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Rechte Umtrieb in Celle und Uelzen – Das Phänomen „Völkische Siedler“

CELLE/UELZEN. Das Bild, dass die Gesellschaft von Rechtsextremisten hat, hat sich stark gewandelt. In den 90iger Jahren war noch der klassische Skinhead, mit den weiß geschnürten Springerstiefeln, Glatze und Bomberjacke, der Archetyp des Neonazis. Im neuen Jahrtausend wandelte sich das Aussehen und auch die Organisation- und Aktionsformen der so genannten „alten Rechten“. Glatze und Fred Perry Polo wichen Northface-Jacken, schwarzen Caps und modischen Sneakern. Völlig unbeeindruckt von diesen Wandlungen ist das Phänomen der Völkischen Siedler. Eine besonders obskure Spielform im Neonazismus. In Trachten, Cordhosen, Blumenkleidern und Flechtzöpfen und ordentlichen Scheiteln ausgestattet, versuchen sie sich möglichst nah am Ideal des „guten Deutschen“ aus den Jahren 1933-1945 zu bewegen. Ein klein wenig so, wie die Amish in den USA, nur eben mit Hitler und Strom.

Doch dahintersteckt nicht nur ewig gestriger Führerkult und eine enorme Portion Verschrobenheit, sondern eine langfristige Strategie. Schon vor etlichen Jahren wurde in der Naziszene die Losung „wir erobern die Städte vom Land aus“ ausgegeben. Das Prinzip ist simpel. In ländlichen Regionen, dort wo Immobilien günstig, die Bevölkerung oft nur wenig divers und die Zivilgesellschaft nicht so stark ist, werden Räume geschaffen, in denen die Neonazis sich als harmlose Nachbarn ausgeben und heimlich in das soziale Leben der Nachbarn einsickern. Ein Phänomen, das vor allem im Osten Schule gemacht hat. Trauriger Höhepunkt, das als Nazidorf verschriebene Jameln in MecklenburgVorpommern. Site Jahren fest in der Hand einiger Nazi-Familien. Doch auch in Niedersachen, vor allem im Kreis Uelzen und Celle, haben sich Völkische Siedler niedergelassen. Einer, der schon lange vor dieser Entwicklung warnt und auch Kommunen berät, in denen sich Nazis niederlassen wollen, ist der pensioniert Pastor Martin Raabe. Mitgründer und Sprecher der Bürgerinitiative „Beherzt“. Er stemmt sich mit seiner Arbeit gegen mehrere Völkische Familien, die sich im Landkreis Uelzen niedergelassen haben. Dabei sind vor Ort Strukturen entstanden, die den Alltag bereits erheblich erschweren.

„Ich muss mir oft überlegen, ob ich einen offensichtlich völkischen Handwerker mit einer Reparatur beauftrage oder ob ich eine ärztlich verordnete Therapie bei dem als völkische eingestellten Therapeuten durchführe. Oder ich bin damit konfrontiert, dass der Lehrer meiner Kinder oder Enkel bei einer rechtsradikalen Demonstration in Dresden mitmarschiert“, so Pastor Raabe.

Ein ernstes Problem, findet auch die FDP-Bundestagskandidatin Anja Schulz. „Ich habe mich schon in jungen Jahren gegen Nazis engagiert, bin auf Demos gewesen und habe meine Stimme erhoben. Das ist für mich Bürgerpflicht als Demokratin“. Für den Einsatz von Pastor Raabe hat sie indes nur Anerkennung übrig. Bei einem gemeinsamen Treffen vor wenigen Tagen tauschten sich die beiden über die Probleme im Umgang mit Völkischen Siedlern aus. Für Schulz ist dabei klar, dass der Kampf gegen rechts leider viel zu oft nicht von allen Schichten der Gesellschaft getragen wird. „Wir überlassen diese Auseinandersetzung oft der politischen Linken allein. Ein Stück weit aus Faulheit, aber auch, weil gerade Bürgerliche und Liberale dort selbst nicht den besten Ruf genießen. Niemand geht gerne auf eine Demo oder Kundgebung, wenn der selbst schräg angeguckt wird oder wohlmöglich noch einen Spruch gedrückt bekommt“. Für die junge FDP-Politikerin kann das jedoch kein ausreichender Grund sein, um sich nicht zu engagieren. Ihrem Empfinden nach ist das Engagement gegen rechts eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, an der sich alle politischen Richtungen beteiligen müssen. „Es geht ja nicht darum, dass jemanden von Solid oder der DGBJugend gleich mein allerbester Freund wird. Aber wenn in meiner Gemeinde Nazis dabei sind sich Angsträume zu etablieren, dann muss ich einfach mal über diesen Animositäten stehen und mich auf die Straße bewegen. Eine wichtige Einstellung, findet auch Pastor Raabe.

PR

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