Montag, 7. Oktober 2024

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„Nicht nur Tod und Auslöschung – sondern auch Schönheit“  – Teilnehmerinnen des Jugendbildungsseminars nach Auschwitz ziehen Bilanz

Eine Woche lang waren 18 Jugendliche und junge Menschen aus dem Landkreis Celle auf Spurensuche des größten Verbrechens der jüngeren Geschichte. Die Bildungsreise nach Auschwitz/Krakau hatten Sonja Winterhoff, Diakonin im Ev.-luth. Kirchenkreisjugenddienst, und Mariusz Rybak vom Projekt „Partnerschaft für Demokratie in Bergen“ organisiert. Tatkräftig unterstützt von Silvia Nitsche vom Integrationsbüro der Stadt Bergen. Welche Erfahrungen haben die Teilnehmerinnen gemacht? Und mit welchen Erkenntnissen sind sie wieder nach Hause gekommen? Fünf junge Menschen berichten.

Elia Anschein, 26

Für mich war die Reise eine „once in a lifetime“-Chance. Ich wollte Auschwitz nicht nur durch Bücher oder Dokumentation kennenlernen, sondern selbst vor Ort sein – betreut und begleitet von Menschen, die sich mit so einer Thematik und so einer Reise sehr gut auskennen. Ich nehme als eine von vielen neuen Erfahrungen mit, dass es in Auschwitz nicht nur um das Sterben der Opfer geht, sondern auch um das Leben, das diese Menschen geführt haben. Sehr beeindruckend waren die Gespräche mit Zeitzeugen, diese direkte Konfrontation mit dem Schrecken von Auschwitz. Ich nehme von dieser Fahrt die Motivation mit, auch weiterhin für den Frieden zu argumentieren. Wir sollten niemals aufhören den Dialog in unserer Gesellschaft zu suchen, um unsere freiheitliche Grundordnung zu stützen. Auschwitz zeigt, wie viel wert sie ist.

Nele Deiters, 20 Jahre

Das Tolle an so einer Reise ist, dass alle Teilnehmer*innen daran interessiert sind, mehr über so ein wichtiges Thema wie Auschwitz zu erfahren und sich dementsprechend viel ausgetauscht wird. Dazu gab es jeden Abend eine Reflektionsrunde, in der man seine Erfahrungen und Gefühle zum Ausdruck bringen konnte. Außerdem wurden wir eingeladen, das Erlebte in ein Tagebuch zu schreiben – das hat wirklich gutgetan. Tief bewegt war ich von den Vitrinen voller Schuhe, Haare, Kleidungsstücke. Da wird einem erstmal im Ansatz bewusst, wie viele Menschen hier umgebracht wurden. Nahe ging mir auch der Besuch einer Ausstellung, bei der die Bilder einer Überlebenden gezeigt wurden, die erst im hohen Alter angefangen hat zu malen. Riesige Zeichnungen von toten Gesichtern. Generell habe ich eher Hemmungen, meine Meinung laut und öffentlich zu vertreten, aber die Reise nach Auschwitz und die Erfahrungen mit der Gruppe haben mir sehr viel Mut gegeben, genau das zu tun, wenn es um Faschismus und Menschenfeindlichkeit geht: aufstehen und laut sein.

Sophia Fiege, 15

Solche Jugendreisen sind schon allein deshalb immer eine besondere Erfahrung, weil man spannende neue Menschen kennenlernen kann. Dazu dieses große Thema Auschwitz, mit dem ich mich gerne direkt vor Ort beschäftigen wollte. Mir persönlich hat das ein anderes Gefühl, einen anderen Zugang gegeben. Es ist zwar sehr bedrückend und belastend, gleichzeitig spürt man eine Verbindung zu den Opfern, das macht den ganzen Schrecken noch greifbarer. Ich fand es sehr wichtig, solche Erfahrungen innerhalb einer Gruppe zu machen und nicht allein. Die Abende zusammen bleiben auf jeden Fall in guter Erinnerung. Ich nehme aus Auschwitz und Krakau mit, die jüdische Kultur nicht nur mit Tod und Auslöschung in Verbindung zu bringen, sondern auch mit Schönheit. An einem Abend aßen wir gemeinsam in einem jüdischen Restaurant, dazu spielte eine Band Klezmer, jüdische Volksmusik. Das Leben geht zum Glück weiter.

Wiebke van Dijk, 19

Ich bin schon sehr gespannt, wie ich mich in den nächsten Tagen und Wochen mit dem Erlebten auseinandersetzen werde. Wir hatten ein straffes Programm, vieles davon hat naturgemäß Beklemmung und Entsetzen ausgelöst. In Auschwitz 1 und 2 kann man regelrecht spüren, dass an diesen Orten Schreckliches geschehen ist. Oft durchzuckt einen der Gedanke: Hier, wo ich gerade langlaufe, wurden Menschen gefoltert und ermordet. Dazu die Größe und Wucht der Ereignisse und dieses Ortes. Interessant war die Erkenntnis, dass die jüdische und die polnische Kultur während des Krieges und danach eng miteinander verwoben waren. Trotzdem leben in Krakau heute nur noch 900 Juden. Auschwitz ist bis heute überall spürbar.

Sunny Hamel, 15

Ich habe mich schon sehr viel mit dem Thema NS und der damaligen Zeit beschäftigt, leider habe ich erst sehr spät von der Reise nach Auschwitz erfahren – da war schon kein Platz mehr frei. Ich habe mich soft gemeldet, bis ich doch noch mitfahren durfte. Ich habe schon so viele Texte gelesen oder Dokumentationen geschaut, doch man bekommt erst ein ungefähres Gefühl für das Thema, wenn man selbst mal vor Ort war. Ich bin dankbar dafür, dass wir nicht nur den Horror der Vergangenheit, sondern auch das jüdische Leben der Gegenwart kennenlernen durften. In der Schule wird man oft dafür belächelt, wenn man sich mit so einem Thema wie Auschwitz oder dem Nationalsozialismus beschäftigt. Ich habe Menschen getroffen, die sich ähnlich wie ich dafür einsetzen wollen, dass gerade Auschwitz nie vergessen wird. Die gemeinsame Erfahrung hat uns jeden Fall in unserer Haltung gestärkt.

Alex Raack

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