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Das Bomann-Museum Celle und seine Sammlungen: Wer beansprucht Exponate, die zwischen 1933 und 1945 dem Museum überlassen wurden?

CELLE. In der Washingtoner Erklärung vom 3. Dezember 1998 haben 44 Staaten, darunter die Bundesrepublik Deutschland, zugesagt, unrechtmäßig entzogene Kulturgüter zu identifizieren. Dabei geht es um den Einfluss der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft auf die Inventarbeschaffungen von 1933 bis 1945. Seit März 2016 erhält das Bomann-Museum Fördermittel, um für zwei Jahre eine Wissenschaftlerstelle einzurichten. Auf dem Prüfstand stehen die rund 3.000 Objekte, die im Zeitraum von 1933 bis 1945 erworden wurden.

 

Die Aufgabe der Provenienzforschung ist es, die Herkunft von einzelnen Objekten oder Sammlungsbeständen wissenschaftlich zu rekonstruieren. Anschließend ist eine faire und gerechte Lösung mit den Vorbesitzern bzw. deren Erben anzustreben. Diese können beispielweise in der Rückgabe oder einem erneuten Ankauf zu einem gerechten Preis bestehen. Wie Museumsdirektor Dr. Jochen Meiners im Pressegespräch betonte, gebe es für die Rückgabe keine rechtliche Grundlage; das Verfahren sei lediglich eine freiwillige Verpflichtung. Rein rechtlich sei nur eine Klage durch Erben möglich.

Neben der Zusage von fairen und gerechten Lösungen bekräftigten die Staaten in Washington auch ihre Bereitschaft, finanzielle Mittel für die nötige Provenienzrecherche zur Verfügung zu stellen. Zur Bündelung der finanziellen Förderung und fachlichen Beratung wurde 2015 das „Deutsche Zentrum Kulturgutverluste“ als Stiftung in Magdeburg geründet. Es fördert als Nachfolgerin der bereits 2008 eingerichteten „Arbeitsstelle für Provenienzforschung“ Projekte der Provenienzforschung, so auch das im März begonnene Vorhaben des Bomann-Museums. Weiterhin konstituierte sich zur besseren Koordinierung und Vernetzung der Forschung im Februar 2015 das Netzwerk „Provenienzforschung in Niedersachsen“. Dessen Website informiert regelmäßig über aktuelle Veranstaltungen und bietet den Provenienzforschern aus den einzelnen Museen Gelegenheit, sich in einem internen Bereich über ihre Ergebnisse auszutauschen.

Nachdem die Suche nach entzogenen Kulturgütern sich zunächst auf große Gemäldesammlungen konzentrierte, besteht der Anspruch der aktuellen Provenienzforschung darin, die Herkunft aller Objekte unabhängig von ihrem materiellen Wert zu untersuchen. Dazu gehören auch Alltagsgegenstände mit nur ideellem Wert. Zur Identifizierung von verfolgungsbedingt entzogenen Gütern sind sämtliche Objekte zu überprüfen, die vor 1945 gefertigt wurden nach 1933 in den Museumsbestand gelangt sind. Dabei gilt es, zunächst diejenigen Bestände zu identifizieren, bei denen ein solcher Entzug nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden kann. Anschließend ist im Rahmen weiterer Recherchen zu ermitteln, in welchen Fällen sich ein konkreter Verdacht ergibt und ggf. bestätigt. Neben Archivunterlagen können in einigen Fällen auch die Objekte selbst eine wichtige Quelle sein. Jede kleine Notiz oder Inschrift, etwa auf dem Rücken von Gemälden, kann einen entscheidenden Hinweis zur Herkunft liefern. Daher ist auch die Objektobduktion wichtiger Bestandteil der Arbeit eines Provenienzforschers.

Das zweijährige Forschungsprojekt des Bomann-Museums beschränkt sich zunächst auf den Erwerbungszeitraum von 1933 bis 1945, für den allein über 3.000 Objekte zu überprüfen sind. Ein Schwerpunkt wird darin bestehen, mögliche Objektübernahmen von Juden aus Celle zu ermitteln, da der Museumsverein zeitweise 16 jüdische Mitglieder in seinen Reihen hatte. Dabei muss der Frage nachgegangen werden: “Wie freiwillig erfolgte die Überlassung?” Weiterhin richtet sich der Blick besonders auf die Erwerbungen bei regionalen und überregionalen Kunsthändlern. In den Jahren 1940 bis 1944 erfolgten wiederholt Ankäufe beim Auktionshaus Hans W. Lange in Berlin und beim Dorotheum in Wien, für die sich bereits bei der Vorbereitung des Projekts zum Teil konkrete Verdachtsmomente ergeben haben. Neben der Klärung der Frage, ob sich Objekte unrechtmäßig in der Sammlung befinden, leistet die Provenienzforschung einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der Sammlungsgeschichte des Hauses.

Die wesentlichen Ergebnisse werden auf der Website des Museums und der Internetpräsenz des Netzwerks „Provenienzforschung in Niedersachsen“ veröffentlicht. Darüber hinaus wird das Projekt durch eine regelmäßige Pressearbeit begleitet. Zur ausführlichen Darstellung der Ergebnisse ist eine Publikation geplant.

PR/Redaktion
Celler Presse

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