CELLE. Am 8. November fand zum dritten Mal der Sisters Day statt und die Beteiligung war enorm. Mit 123 Künstlerinnen und 24 Veranstaltungsorten konnten Zuschauer nach der Coronazwangspause vor größtenteils ausverkauften Häusern wieder lachen, ausrasten oder nachdenken. In Kunst & Bühne führte Sonja Gründemann durch das Programm.
Die Moderatorin, Sängerin und Comedienne eröffnete den Abend mit einem Ausschnitt aus „Typisch Frau“. Sie glänzte mit dem ersten Live Song des Abends „99 Handtaschen auf dem Weg in meinen Schrank…“. Darauffolgend erklärte Sonja Gründemann dem Publikum, worauf sich hier alle eingelassen hatten: „Auf kreative und witzige Weise weisen wir auf die gesellschaftspolitische Benachteiligung der Frau auch in der Comedy Branche hin. Ohne Witze über Frustshopping und Bindegewebe – keine Frauenquote – keine Männerschelte – einfach eine grandiose Show von Frauen für Alle. Denn Humor ist die Reinform des Widerstands!“
Und Sonja Gründemann hatte nicht zu viel versprochen. Doch zuerst richtete die Schirmherrin des Abends, Stadträtin Susanne McDowell, ein paar Grußworte an die Zuschauer. Die Einnahmen der Veranstaltung, so erläuterte sie, kämen dem Verein Brennessel e.V. zu. Nach der Pause stellte Gründemann in einem Interview mit Christa Pahls-Korzonnek (Vereinsvorsitzende) deren Arbeit vor. Die Vorsitzende hob hervor, wie wichtig es für Kinder sei, die richtigen Begrifflichkeiten ihrer Geschlechtsorgane zu gebrauchen. Die korrekte Benennung erschwere einen sexuellen Übergriff von Seiten des Täters. In diesem Verein setzen sich verschiedene Berufsgruppen gegen sexuelle Gewalt an Kindern ein. Mittels Präventionsprojekte in Kindergärten und Schulen stärken sie Kinder in der körperlichen Selbstbestimmung. Aber auch nach einem sexuellen Übergriff unterstützen sie Freunde, Angehörige und die Betroffenen in der Verarbeitung und bei der Polizeianzeige. Um die Arbeit zu unterstützen, weisen wir noch einmal auf die Kontonummer hin: Spendenkonto: DE10 2575 0001 0000 1580 48.
Alicja Heldt ließ keinen Zweifel an ihrem Können aufkommen und überzeugte mit messerscharfer Zunge und vollem Körpereinsatz. Die Zuschauer erhielten einen schonungslosen Einblick in die Unterschiede zwischen ihrem technikbegeisterten Mann Martin und ihr selbst. Der Applaus donnerte dieser jungen, frechen Comedienne entgegen; das Publikum war begeistert. Ganz anders Martina Schönherr: Vordergründig etwas ruhiger, stellte sie gnadenlos Stereotypen bloß. Als Frau über dreißig mit eigenem, ländlichem Haus, aber ohne Kind, überzeugte sie mit ausgefeiltem Sprachwitz. Sehr direkt sprach sie über die Absurditäten des Alltags. Immer wieder brach das Publikum in lautes Gelächter aus. Sei es, weil sie sich selbst darin entdecken konnten oder weil sie vergleichbare Situationen schon erlebt hatten.
Sonja Gründemann präsentierte mit verschiedenen, umgedichteten und sehr pointierten Songs ihr neues Programm „Alltagswahnsinn“, mit dem sie im Juni wieder in Kunst & Bühne zu sehen sein wird. Sie plauderte mit dem Publikum über das Leben mit Kindern und Karriere in der heutigen Zeit. Viele Zuschauer reagierten spontan auf ihre Pointen und konnten sich vor Lachen kaum halten. Dabei interpretierte sie verschiedene Lieder völlig neu und schälte sich elegant aus mehreren Outfits.
Lioba Albus schloss den munteren Reigen. Mit ihrem Alter Ego Mia Mittelkötter stand die wohl flinkste Zunge Westfalens auf der Bühne. Über 30 Jahre ist sie schon im zwischengeschlechtlichen Bereich tätig. Mit der Nonchalance einer Sauerländerin in ihrer typischen Mundart erzählte sie von ihrem eigenen Eheleben und das aller zwischenmenschlichen Beziehungen drumherum.
Wer jetzt immer noch keine Schmerzen im Zwerchfell hatte, der ging wahrscheinlich zum Lachen eh in den Keller – aber von diesen Menschen war am Montagabend wirklich niemand vertreten.
Was für ein Abend!
PR
Foto: Wolfgang Heermann
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