Dienstag, 8. Juli 2025

✔ unabhängig ✔ überparteilich ❤ kostenfrei

Anzeige

Anzeige

Multikulturell, traditionell, fröhlich-melancholisch – Premiere für jüdisches Familienfest

Koscher, Klezmer, Mesiba oder Sukka – Begriffe, die an diesem Kleinod im Herzen Celles in früheren Zeiten wahrscheinlich häufig zu hören waren. Vor der Synagoge, im Kreise im Stadtteil Blumlage/Altstadt wurde am Sonntag zum ersten Mal ein jüdisches Familienfest unter dem Motto „Mesiba“, was im Hebräischen so viel bedeutet wie Party, Fest, gefeiert. Damals, als es noch eine eigenständige jüdische Gemeinde in der Residenzstadt gab, spielte sich jüdisches Leben schwerpunktmäßig in der Altenceller Vorstadt (Blumlage) mit der um 1740 erbauten Synagoge als Mittelpunkt ab. Nur hier hatten sich die ersten jüdischen Familien, die ab 1673 kamen, ansiedeln dürfen.

Traditionelle jüdische Musik ist keine Seltenheit an diesem Ort, doch in der Regel sind die Klänge aus dem Inneren des Gotteshauses zu vernehmen. Am heutigen Sonntagmittag und -nachmittag ist es anders. Nachdem die Erste Stadträtin Nicole Mrotzek in Vertretung des Oberbürgermeisters das Event eröffnet hat, erklingt die Klezmer-Musik draußen, wer das Fest sucht, wird geleitet von den fröhlich-melancholischen Klängen. Mark Kovnatskiy hat Eigenkompositionen mitgebracht, zu denen unter seiner Anleitung getanzt wird. „Improvisieren und variieren, das ist typisch für Klezmer“, erläutert der weltweit bekannte Violinist, Dozent und Experte für jiddische Musik und Tänze. Er ist in Moskau aufgewachsen, hat dort Musik studiert, erst spät entdeckte er seine Leidenschaft für die Musik seiner Vorfahren. „Das ist eine lebendige Kultur, die sich immer noch entwickelt“, berichtet der seit 2004 in Hamburg lebende Kovnatskiy, der im Rahmen der aktuell stattfindenden Jüdischen Kulturtage zwischen Harz und Heide einen Workshop in Celle gegeben hat und nun die Ergebnisse beim Fest präsentiert.

Nur ein Programmpunkt einer ganzen Reihe von Attraktionen zwischen Spiel, Kulinarischem, Information, Puppentheater und Tanz. Den ganzen Nachmittag über wurden Führungen durch die Synagoge unter zwei Themenstellungen angeboten, die Gäste hatten die Wahl zwischen der Geschichte ab 1945 oder der Historie der Celler Juden von ihrem Beginn an. Einen Höhepunkt des Festes bildete der Vortrag mit dem Titel „Historische Synagogen in der Denkmalpflege in Niedersachsen“ von Dr.-Ing. habil. Ulrich Knufinke vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege.

Im Mittelpunkt des Events stand jedoch alles, was das Kinderherz erfreut – Hüpfburg, Malstände, Spielstationen und nicht zuletzt ein Gastauftritt des einzigen jüdischen Puppentheaters in Deutschland. Die Puppenspielerin Shlomit Tripp und ihre Bühne „bubales“ kommen aus Berlin und haben das Stück „Die Koscher Maschine“ mitgebracht. Enttäuscht von der nicht allzu großen Zahl an Zuschauern ist sie nicht: „Deutschlandweit kommen zu den Veranstaltungen, an denen ich teilnehme, seit dem 7. Oktober 2023 circa die Hälfte der Leute im Vergleich zu davor. Die Menschen haben Angst vor Terror.“

Auch die Leiterin des Stadtarchivs Angelika Tarokic, das gemeinsam mit der Stadt Celle, der Jüdischen Gemeinde Celle sowie dem Israel Jacobson Netzwerk für jüdische Kultur und Geschichte das Veranstalter-Team bildet, sucht nach einer Erklärung für die vergleichsweise geringe Resonanz: „Man hätte sich gewünscht, dass mehr Gäste kommen. Aber aufgrund der aktuellen Lage mit Terroranschlägen auch in Deutschland haben wir es schon befürchtet. Viele Menschen haben Angst zu kommen. Aber wir haben es durchgezogen“, betont Tarokic und fügt hinzu: „Wir haben ja sogar einen arabischen Caterer!“ Dieser kommt aus Hannover und bietet Falafel in allen Variationen an – Wrap, Teller, Bowl. „Nein“, antwortet er lachend auf die Frage, ob er gezögert habe, an diesem jüdischen Fest teilzunehmen. „Ich bin Moslem, andere Religionen akzeptiere ich. Ich habe jüdische Freunde“, berichtet der aus Syrien stammende Majid Allhadid, der seit 2007 in Deutschland lebt. „Hauptsache, man ist Mensch!“, sagt er abschließend. Die Puppenspielerin Shlomit Tripp hat ihren Auftritt erfolgreich absolviert und stärkt sich nun erst mal mit einem Falafel-Teller: „Bei Falafel hört die Feindschaft eben auf“, merkt sie an und lacht.

Anke Schlicht
Celler Presse
Fotos: Anke Schlicht

Hinweis zu der Meldung
Diese Seite zeigt gesponsorten Marketing-Inhalt, Quell- und Informationslinks sowie extern eingespielte Banner und Flash-Anzeigen.

WhatsApp-Kanal Immer bestens informiert! Erhalten Sie die neuesten Nachrichten und Updates jetzt auch direkt auf Ihr Smartphone. Folgen Sie unserem WhatsApp-Kanal und bleiben Sie schnell und unkompliziert auf dem Laufenden. Hier klicken und abonnieren!



Anzeige