Sonntag, 1. Dezember 2024

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Mit Finanzakrobatik zu einem ausgeglichenen Haushalt? – Rat gewährt Verwaltung Zugriff auf „Sparstrumpf“ der Stadt

Über die Parteigrenzen hinweg waren sich die beiden Finanz-Fachleute unter den politischen Vertretern, Anatoli Trenkenschu (AfD) und Dr. Jörg Rodenwaldt (Zukunft Celle), in der jüngsten Sitzung des Rates einig: Das Ansinnen des Neuen Rathauses, das Aktien- und Beteiligungsvermögen aus dem Betrieb gewerblicher Art Congress Union Celle (BgA CUC) zu entnehmen und zum 25.3.2025 in den Kernhaushalt der Stadt zu überführen, sei abzulehnen. Auch die FDP wich von ihrer üblichen Pro-Verwaltungs-Linie ab und zeigte sich kritisch, beanstandete z.B., dass in der Begründung des Finanzdezernates nicht erwähnt werde, ob externe Experten befragt worden seien.

Die Kämmerin Nicole Mrotzek formuliert in der kurzen Beschlussvorlage: „Die Entnahme stellt im Rahmen der Neuausrichtung der Congress Union Celle den notwendigen Schritt zur Auflösung und Rückabwicklung eines nicht mehr anwendbaren und damit wirkungslosen Steuersparmodells dar… Der Jahresabschluss der BgA CUC zeigt künftig nachvollziehbar das Betriebsergebnis der Bewirtschaftung…, wodurch betriebswirtschaftliche Steuerungs- und Berichtsmöglichkeiten vereinfacht werden.“ Jörg Rodenwaldt bezeichnet die Vorlage in seiner Rede im Namen der gesamten Fraktion der Gruppe für Nachhaltigkeit und Vielfalt als „nebulös“. Er widerspricht der in Celle gängigen Auffassung, das Modell hinter der Congress Union sei schwer zu durchschauen und äußerst kompliziert. „Die Transparenz ist bestens gegeben. Die Zahlen des Betriebs gewerblicher Art Congress Union finden wir auch in unserem städtischen Haushalt.“ Der Ratsherr erläutert: „Das teilweise seit hundert Jahren ersparte Vermögen der Stadt Celle wurde vom Stadtrat vor langer Zeit quasi mit einem Sperrvermerk versehen und als sogenanntes ‚gewillkürtes‘ Kapital der Congress Union zugeordnet und damit dem Zugriff der Tagespolitik entzogen.“ Das Neue Rathaus schlage nun vor, den Sperrvermerk aufzuheben, und damit sozusagen an den Sparstrumpf der Celler zu gehen, nenne jedoch keinen triftigen Grund, weshalb dieser Schritt gerade jetzt unumgänglich sei.

In ihrer ebenfalls in der Sitzung gehaltenen Rede, mit der sie den Haushalt 2025 eingebracht hat, spricht die Kämmerin in Bezug auf das Aktien- und Beteiligungsvermögen von einem Wert von 26,8 Mio Euro. Sie verschweigt nicht, dass bei einer Herauslösung und Übertragung in das hoheitliche Vermögen der Stadt Steuern in Höhe von 11 Mio Euro ans Finanzamt zu zahlen sind. Dass diese kreditfinanziert sein werden, erfahren die Ratsmitglieder aus der Rede Rodenwaldts: „Nach dem jüngsten Bericht zum Schuldenmanagement zahlt die Stadt für solche Kredite drei Prozent Zinsen, damit reden wir von einer zusätzlichen Belastung von über 330.000 Euro für den städtischen Haushalt pro Jahr.“ Weiteres Kernargument des Ratsherrn: „Und was haben wir als Stadtgesellschaft gewonnen? Nichts!“

Da keine Gründe von Seiten des Neuen Rathauses genannt werden, weshalb die Transaktion jetzt auf den Weg gebracht wurde, werden Vermutungen angestellt: Man spekuliere auf die Wertsteigerung der Aktien. „Das so übertragene Tafelsilber soll zu einem späteren Zeitpunkt – für welchen Zweck auch immer – veräußert werden“, führt Jörg Rodenwaldt aus. Er spricht von Finanzakrobatik, „um vermutlich endlich einmal einen ausgeglichenen Haushalt ausweisen zu können.“

Dr. Michael Bischoff (CDU) widerspricht in einem Punkt energisch: „Niemand hat die Absicht, das Tafelsilber zu veräußern“, betont er, kommentiert die übrigen vorgebrachten Inhalte jedoch mit der Bemerkung: „Ihre Einlassungen sind berechtigt, Herr Rodenwaldt.“ Anatoli Trenkenschu folgt diesem als Redner, schließt sich der vorgebrachten Argumentation an und fügt hinzu: „Ich sehe keinen Handlungsbedarf. Das Ganze ist sehr unsicher, das ist uns keine 11 Mio Euro wert.“ Die ungewöhnliche Allianz zwischen AfD und der Gruppe für Nachhaltigkeit und Vielfalt bleibt mit ihrer Argumentation jedoch erfolglos. Die Vertreter der CDU, der SPD sowie der Unabhängigen stimmen mehrheitlich für die Pläne des Oberbürgermeisters und seines Teams.

Torsten Schoeps (WG/Die Partei) nennt, um seinem Statement Nachdruck zu verleihen, seinen Beruf: „Ich bin Dipl.-Finanzwirt und unterstütze die Beiträge meiner Vorredner. Dieses Ansinnen ist aberwitzig, das ist ein viel zu hoher Preis für wünschenswerte Transparenz. Erstmal abwarten, was Kai Thomsen macht.“

Dieser wird zusätzlich zu seiner Position als Geschäftsführer der CD-Kaserne das Management des Veranstaltungszentrums Congress Union im Zuge der geplanten Neuausrichtung ab Frühjahr 2025 übernehmen. Nicole Mrotzek erwähnt ihn in ihrer kurzen Replik auf die Rede Jörg Rodenwaldts ebenfalls: „Am Anfang werden Zuschüsse für die Congress Union nötig sein. Aber Kai Thomsen geht davon aus, dass er so viele Potentiale heben kann, dass es keine Zuschüsse mehr brauchen wird.“

Anke Schlicht
Celler Presse
Foto: WWM (Archiv)

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