Zum Inhalt springen
Anzeige
Anzeige

Alles greift ineinander – Celle als Bereitstellungsraum für die Militärische Evakuierungsoperation in Afghanistan

  • Celle

CELLE. In der alten Luftfahrzeughalle stehen Feldbetten hintereinander und nebeneinander, alle in säuberlichen Reihen. Darauf Schlafsäcke, darunter Rucksäcke; überall sind Kleidung und Ausrüstung verstaut. Zum Flugplatz ist ein schmaler Streifen abgezäunt, durch die Gitter können die Soldaten den Tower und die knapp zwei Kilometer Landebahn sehen. Sie sind bereit – sie wissen, dass es jederzeit losgehen kann, dass die Evakuierungsmission in Kabul läuft. Die Bilder gehen auf allen Medienplattformen um die Welt.

Schon mit den ersten Meldungen kamen die Befürchtungen, die gleichsam mit dem Tempo wuchsen und sich bewahrheiteten, in dem die Taliban in kurzer Zeit Stadt und Stadt gewannen, in dem sie sich Landstrich für Landstrich aneigneten. Als sie den 31.08. als ultimativ letztes Datum für Evakuierungsflüge festlegten, wurde die Zeit knapp für viele Afghanen, die in den letzten beiden Jahrzehnten den Wandel ihres Landes voranbringen wollten. Es blieben nur wenige Tage für die Evakuierung von Mitarbeitern und Ortskräften über den letzten verbliebenen Flugplatz in Kabul. In diesen wenigen Tagen stand binnen kurzer Zeit die Luftbrücke, galt es so viele Menschen wie möglich in Sicherheit zu bringen.

Die Logistik hinter einer solchen Luftbrücke ist komplex und in einer Situation, die jederzeit zur Krise werden kann, müssen viele mögliche Szenarien bedacht werden. In jedem davon müssen auf allen nötigen Strängen zum Zeitpunkt der Aktivierung sofort alle Räder ineinandergreifen und reibungslos laufen. Wenn die Lage im Einsatzland sich verschärft, wird möglicherweise sehr kurzfristig Verstärkung gebraucht, also muss diese jederzeit bereit und bei Bedarf schnell im Einsatzland verfügbar sein. Teilweise liegen Jahre der Ausbildung und Übung hinter den Soldaten der Division Schnelle Kräfte (DSK), um bestmöglich auf eine Lage wie die aktuelle vorbereitet zu sein. Als Verband jederzeit weltweit einsatzbereit zu sein, verlangt ein hohes Maß an Professionalität und setzt viel Übung voraus. Um diese Kräfte bei Bedarf schnell verlegen zu können, wurde auf dem Heeresflugplatz Celle kurzfristig ein Bereitstellungsraum für Reservekräfte der Division Schnelle Kräfte eingerichtet.

„Es war praktisch ein „Kaltstart“, denn das Ausbildungs- und Übungszentrum Luftbeweglichkeit war noch in der Sperrzeit, viele Soldaten hier sind aus dem Urlaub kurzfristig in den Dienst zurückgerufen worden. Sie haben ohne viel Vorlauf oder Vorbereitung ad hoc in Celle den Bereitstellungsraum für Kräfte des Einsatzverbandes gebildet“, erklärt der Kommandeur des Ausbildungs- und Übungszentrum, Oberst Jörn Rohmann. In gewisser Weise schließt sich damit ein Kreis, denn vor über 70 Jahren wurde im Zuge der Berliner Luftbrücke der Celler Flugplatz ausgebaut – Infrastruktur, die das Ausbildungs- und Übungszentrum Luftbeweglichkeit heute für die Ausbildung luftbeweglicher Operationen nutzt. „Von der ersten Stunde an war die Division Schnelle Kräfte der Hauptnutzer des Ausbildungs- und Übungszentrums, seit 2016 sind regelmäßig Kräfte für Übung und Ausbildung in Celle. Eine Lage wie diese zeigt deutlich, wie wichtig es ist, diese Kräfte zu haben.“

Diesmal war die Division Schnelle Kräfte jedoch nicht zum Üben auf dem Flugplatz. Um 170 Soldaten Reservekräfte im Bereitstellungsraum Celle aufzunehmen, wurden in einer der Luftfahrzeughallen kurzfristig Feldbetten aufgebaut, Sanitärcontainer installiert und der Bereich aus dem Flugbetriebsbereich ausgegliedert. In einem nahen Gebäude gab es Räume für einen Gefechtsstand und im Stabsgebäude wurde für die Führung und Steuerung von Logistik, Sanitätskräften, Militärischer Sicherheit und Abschirmung, Führungsunterstützung, Ausbildung und Betreuung für knapp zwei Wochen ein Gefechtsstand betrieben.

„Jeder Tag, an dem die Luftbrücke steht, kann eine grundsätzliche Änderung mit sich bringen, kann bedeuten, dass sofort Verstärkung nach vorn gebracht oder aus dem Einsatz herausgelöste Kräfte aufgenommen werden. Dafür ist Celle bereit. Hier warten Fallschirmjäger, Luftlandekräfte, Sanitäter und eine Reihe weiterer Truppen aus dem Streitkräfteportfolio und bereiten sich darauf vor, im Bedarfsfall sofort ins Einsatzland zu fliegen.“ Oberst Rohmann ist stolz, mit seinem Verband die DSK in der größten Evakuierungsoperation der Bundeswehr unterstützen zu können. „Wir sind uns der ernsten Lage und des schwierigen Auftrags bewusst. Deswegen haben die Einsatzkräfte das Recht darauf, bestmöglich unterstützt zu werden. Hier in Celle können die Soldaten nicht nur bereitgehalten und versorgt werden, sondern sich bei Bedarf in dieser Zeit auch auf die einzigartige Ausbildungsinfrastruktur abstützen, um sich weiter vorzubereiten.“

Nach den Anschlägen des IS schloss sich das ohnehin knappe Zeitfenster noch schneller und nach dem Ende der Evakuierungsoperation musste eine große Menge Soldaten aus dem Einsatzland eine Ausschleusung durchlaufen, ehe sie in die zahlreichen Heimatverbände zurückkehren konnten. Nach der Ankunft in Wunstorf und dem Appell wurde ein Ort gebraucht, an dem dieses sogenannte Redeployment in einem sicheren und geschützten Umfeld stattfinden konnte. Sobald klar wurde, dass ein Teil dieses „Redeployments“ über Celle laufen würde, wurden weitere Hallen eingerüstet und vorbereitet. „Die Infrastruktur mit dem voll einsatzbereiten Flugplatz und der guten Anbindung in Verbindung mit professionellen und flexiblen Personal machen das möglich. Hier zeigen sich deutlich Nutzen und Vorteil des Flugplatzes als operativ-strategische Ressource“, betont Oberst Rohmann. „Für diesen Auftrag wurden die Öffnungszeiten des Flugplatzes angepasst, sodass wir kurzfristig den Betrieb des Flugplatzes in der Nacht und am Wochenende sicherstellen konnten. Eine der Luftfahrzeughallen wurde binnen kürzester Zeit für das Redeployment vorbereitet. Rasch wurden Reservekapazitäten im Bereich Unterbringung, Versorgung, Betreuung und jedweder sonstigen Unterstützung gebildet. Wir hätten mehr Kräfte für einen längeren Zeitraum aufnehmen können. Die zurückkehrenden Soldaten konnten jedoch zum Glück noch in der Nacht der Ankunft schnell auf den Weg in ihre Heimatstandorte geschickt werden. Am Samstag war der Auftrag erfüllt.“

Andrea Neuer
Foto:  Andrea Neuer

Hinweis zu der Meldung
Diese Seite zeigt gesponsorten Marketing-Inhalt, Quell- und Informationslinks sowie extern eingespielte Banner und Flash-Anzeigen.



Anzeige