Freitag, 14. Februar 2025

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„So eine Angst und Ohnmacht“ – Veranstaltung zum Wolf in Hohnebosteler Dorfscheune

Von der mangelnden oder schwindenden Akzeptanz der ländlichen Bevölkerung ist in Diskursen zum Thema Wolf häufig die Rede. Wer sich ein Bild darüber machen wollte, was das eigentlich genau heißt, war in der Hohnebosteler Dorfscheune am Samstagnachmittag genau richtig. Mehr als 100 Frauen und Männer waren gekommen, um sich die Referate und Statements der geladenen Vertreter aus Politik und Jägerschaft anzuhören und um Fragen zu stellen und mitzudiskutieren. Die Stimmung lässt sich als aufgeheizt beschreiben. Milde ausgedrückt, war große Unzufriedenheit mit dem politischen Handling des Themas Wolf spürbar, ein wenig zugespitzt formuliert, war Wut, in jedem Fall jedoch große Ungeduld spürbar.

Anlass für die Zusammenkunft unter Federführung der Fotografin und Kennerin der Wolfsproblematik Anne Friesenborg waren die Ereignisse in dem kleinen Dorf Hohnebostel nahe Langlingen vor wenigen Wochen im November: Das Pferd „Charlie“ war von drei Wölfen zu Tode gehetzt worden, bei der Flucht vor den Raubtieren hatte sich das frühere, 20 Jahre alte Turnierpferd, das im nahegelegenen Fernhavekost seinen Lebensabend verbrachte, so schwer an einem Zaun verletzt, dass es in seiner Box verblutete. Die Besitzerin, Christine Schulze, regte die Veranstaltung an, um „die betroffene Bevölkerung“ zu Wort kommen zu lassen, Anne Friesenborg übernahm die Organisation .

Die Bilder und Videoeinspieler, die der Vorsitzende der Jägerschaft des Landkreises Celle e.V., Hans-Heinrich Matthies, mitgebracht hatte, waren so grausam, dass er die Warnung aussprach: „Wer das nicht sehen kann, schaut bitte weg.“ Er gab einen Überblick über die Ist-Situation im Landkreis, griff im Zuge dessen auch auf eine Vergleichszahl überregional zurück: In Niedersachsen mit einer Fläche von rund 48.000 Quadratkilometern und rund 8 Mio Einwohnern gibt es ca. 600 Wölfe, im flächenmäßig mit rund 450.000 Quadratkilometern viel größeren Schweden mit einer Einwohnerzahl von rund 11 Mio Menschen nur 300. „Der Landkreis Celle hat mit acht bis zehn Rudeln und mindestens 80 bis 100 Wölfen weltweit die höchste Wolfsdichte“, berichtete Matthies, tendenziell nähmen die Rudel mit einer Anzahl von 17 bis 23 an Stärke zu. Auch durch die Beiträge der übrigen Redner wurde klar, dass die Risse sich nicht mehr wie zu Beginn der Wolfsrückkehr auf Schafe beschränken, sondern zunehmend auch größere Tiere wie Rinder und Pferde attackiert würden. Auf dem Spiel stünden eine erfolgreiche, weil sichere, Weidetierhaltung sowie die Biodiversität.

Den „menschlichen“ Aspekt brachte Christine Schulze ein durch ihre eindringliche Schilderung der Jagd auf den Wallach „Charlie“: „Es hat mich in so eine Angst und Ohnmacht versetzt, wie ich es noch nicht erlebt habe. Das ist eine Situation, die man nie mehr vergisst.“ Vergeblich hatte sie noch versucht, die Wölfe durch lautes Rufen zu verscheuchen. Die Wölfe seien immer wieder unweit ihres Hauses gesichtet worden. „Der Hund hat sie gesehen, er will nicht mehr über den Hof gehen“, erzählt sie, macht deutlich, dass sie besonders die Nähe zum Wohnhaus als bedrückend empfinde und wendet sich dann hinsichtlich der Frage, was man von politischer Seite tun könne, direkt dem Bundestagsabgeordneten der CDU und Sprecher seiner Fraktion für den ländlichen Raum Henning Otte zu: „Es ist grundlegend falsch, was da passiert, es liegt an Euch, etwas zu verändern.“

Otte erklärt, dass die Herabstufung des Schutzstatus von streng geschützt auf geschützt Anfang Dezember dieses Jahres lediglich auf völkerrechtlicher Ebene vom ständigen Ausschuss der Berner Konvention im Europa-Rat vorgenommen worden sei. „Damit besteht nun die Möglichkeit, nachdem sich die Mehrheiten im Europäischen Parlament geändert haben“, dass auch dort eine Herabstufung erfolge, was dann ins europäische und nationale Recht überführt werden muss, indem auch das Bundesnaturschutzgesetz angepasst werden kann. Ein notwendiger Schritt, damit sich politisch etwas in Richtung eines regional differenzierten Wolfsmanagements ändern kann, besteht in der Meldung des günstigen Erhaltungszustandes von Seiten des Bundesumweltministeriums nach Brüssel. Diese würde die Grundlage für den derzeitigen Umgang mit dem Wolf berühren. Er gilt gemäß der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU aus dem Jahr 1992 als eine in ihrem Bestand gefährdete Art, was mittlerweile jedoch nach Meinung einiger Experten, so z.B. dem Dozenten für Wildökologie und Jagdwirtschaft Prof. Dr. Dr. Sven Herzog, nicht mehr der Fall ist. „Die Bundesumweltministerin Steffi Lemke sieht deutschlandweit keinen günstigen Erhaltungszustand“, referiert Henning Otte und fordert: „Angesichts des unzumutbaren Anwachsens der Wolfspopulation muss es möglich sein, die Wölfe zu reduzieren, d.h. zu schießen.“

Applaus brandet auf, dann verlassen einige jüngere Leute die Veranstaltung vorzeitig, weil nach eigener Aussage auf den Höfen noch Arbeit warte. Wie fanden sie die Zusammenkunft? Insgesamt gut, aber „durch diese Paragraphen steigt doch keiner durch“, sagt ein junger Mann, ein anderer ergänzt: „Es ändert sich ja sowieso nichts“, ein Dritter fügt hinzu: „Es geht alles viel zu langsam!“

Anke Schlicht
Redaktion Celler Presse
Fotos: Anke Schlicht

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