Donnerstag, 12. Juni 2025

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Antrittsvorlesung von Frau Prof. Dr. Kleine Vennekate an der FIT Hermannsburg:

Seit dem 01.04.2022 hat Frau Professorin Dr. Katharina Kleine Vennekate an der Fach-hochschule für Interkulturelle Theologie Hermannsburg (FIT) den Lehrstuhl für Praktische Theologie mit einem Fokus auf Diakonie in interkultureller Perspektive inne. Am 31.01.2023 hat sie vor den Lehrenden, Mitarbeitenden und Studierenden der FIT sowie vor Angehörigen und Gästen ihre Antrittsvorlesung gehalten. Das Thema der Antrittsvorlesung lautete: „Menschen mit Traumaerfahrungen als Aufgabe interkultureller Seelsorge in Kirchengemeinden“.

Das Vortragsthema liegt Kleine Vennekate nicht nur aus akademischer Perspektive, sondern auch aufgrund ihres persönlichen berufspraktischen Hintergrunds am Herzen: Nach Theologiestudium und Ordination zur Pfarrerin sowie Promotion zu einem kirchen-geschichtlichen Thema an der KiHo Wuppertal / Bethel war sie 6 Jahre lang im Beratungs-zentrum der Lippischen Landeskirche als Psychotraumafachberaterin tätig. In dieser Zeit hat sie viele Beratungsgespräche insbesondere mit geflüchteten Frauen geführt, die sowohl unter dem Verlust der Heimat als auch unter traumatischen Erfahrungen litten.

Das Thema Flucht und Integration – auch traumatisierter – Geflüchteter ist in Deutschland nicht erst seit Ausbruch des Angriffskrieges in der Ukraine im Jahr 2022 hochaktuell. Christliche Gemeinden, und hier ganz besonders die internationalen Gemeinden, sind für Geflüchtete oftmals die erste Anlaufstelle, um Halt und Hilfe zu bekommen. Mit ihrem Vortrag hat Kleine Vennekate herausgearbeitet, welche Faktoren für eine kultur- und traumasensible Begleitung von traumatisierten Menschen in christlichen, insbesondere interkulturellen Gemeinden wichtig sind.

Zunächst hat Kleine Vennekate – gestützt auf wissenschaftliche Erkenntnisse – beleuchtet, was ein Trauma ist. Ein Trauma kann gravierende Folgen wie Panikattacken, Schlafstörungen, Flash Backs bis hin zu tiefer Verunsicherung, Kontrollverlust und posttraumatischen Belastungsstörungen haben. Zu den destabilisierenden Trauma-Erlebnissen kommen bei Geflüchteten der Verlust der Heimat und die Unsicherheit im fremden Aufnahmeland hinzu.

Für die Überwindung des Traumas und die Umwandlung der lebensbedrohlichen Erfahrung in eine positive Entwicklung im Sinne eines „posttraumatischen Wachstums“ ist – so Kleine Vennekate – Resilienz ein entscheidender Faktor. Resilienz wird von Fachleuten häufig als Widerstandskraft oder das Immunsystem der Seele bezeichnet. Verschiedene interne und externe Faktoren können die Herausbildung von Resilienz positiv (fördernd) oder eben auch negativ (gefährdend) beeinflussen.

Als Beispiel für interne, personale Faktoren nannte Kleine Vennekate – neben einem positiven Selbstkonzept, Zielorientierung und sozialer Kompetenz des Geflüchteten – auch Religiosität und Spiritualität. Der Glaube könne ein wichtiges Instrument sein, um dem erlittenen Schicksal einen Sinn zu geben und/oder Schutz in einer ungeschützten Situation zu erfahren. „Der Glaube kann helfen, das Unveränderbare zu akzeptieren“, so Kleine Vennekate. Eine kultur- und traumasensible Seelsorge müsse diese personalen Faktoren zur Stabilisierung des traumatisierten Menschen stärken.

Auch externe Faktoren können laut Kleine Vennekate resilienzfördernde Wirkung entfalten. So müsse es Aufgabe und Ziel kultur- und traumasensibler Seelsorge sein, die Suche der Betroffenen nach innerer Sicherheit zu unterstützen. Es gehe darum, den inneren Weg der betroffenen Person individuell zu begleiten Dabei biete die Bibel großes Potential das, was Menschen erlebt haben, in Worte zu fassen: Wut, Trauer, Verzweiflung, Zusammenhalt, Zuversicht, Hoffnung und Vergebung. Ein Eingehen auf Sprache und Kultur des oder der Betroffenen unterstütze das Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit. Zur Überwindung der Machtlosigkeit und Förderung der Selbstwirksamkeit der Betroffenen „sollten Gemeinden überlegen, wie sie Geflüchteten Raum und Ressource für eigene Aktivitäten und Projekte geben, mit denen sie sich in das Gemeindeleben einbringen können.“ Auch die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, insbesonderein christlichen Gemeinden, könne stabilisierend wirken. Und schließlich benötigen Geflüchtete dabei Unterstützung, sich an das neue Lebensumfeld mit einer anderen Kultur, einer anderen Sprache und einer anderen Gesellschaftsordnung anzupassen. Auch hier leisten christliche Gemeinden bereits vielfach Hilfe, so etwa durch Information, seelischen Beistand, Unterstützung bei der Wohnungssuche, Versorgung mit Kleidung oder Austausch mit anderen Geflüchteten.

Zusammenfassend stellte Kleine Vennekate fest: „Christlich interkulturelle Gemeinden haben ein großes Potenzial, geflüchtete Menschen mit traumatischen Erfahrungen zu unterstützen und deren Resilienz zu fördern.“ In ihrer Vorlesung hat sie mehrere konkrete Ansätze für eine kultur- und traumasensible Seelsorge entwickelt. Mangels empirischer Daten stützte sie ihre Ausführungen auf wissenschaftliche Literatur und Berichte von geflüchteten Menschen aus ihrer früheren Beratungstätigkeit. Zwar sei wissenschaftlich erwiesen, dass der Glaube an Gott Menschen mit traumatisierten Erfahrungen helfen kann sich zu stabilisieren; unerforscht ist – so Kleine Vennekate – bisher jedoch, wie der Glaube an Gott und wie christliche Gemeinden in Deutschland Geflüchteten helfen können, ihre traumatischen Erlebnisse zu bewältigen und ihren Weg in die deutsche Gesellschaft zu finden. Aufgrund dessen regte Kleine Vennekate eine empirische Untersuchung zu den dargestellten Ansätzen sowie den Aufbau eines Fortbildungsprogramms für kultur- und traumasensible Seelsorge an.

An die Vorlesung schloss sich eine angeregte Diskussion an, an der sich auch die über-wiegend internationalen Studierenden der FIT lebhaft beteiligten. Einige von ihnen berichteten, dass die traumasensible Seelsorge in den Gemeinden in ihren Heimatländern kaum thematisiert geschweige denn professionell umgesetzt werde.

Es gibt also nicht nur in Deutschland Handlungsbedarf.

PR
Foto: Dorothea Müller

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