Samstag, 7. September 2024

✔ unabhängig ✔ überparteilich ❤ kostenfrei

Anzeige

Anzeige

Die AfD tagt, und die Demonstranten protestieren

Der Landesverband der AfD tagt am Samstag und Sonntag in der Celler Congress Union. Heute zog es deshalb fast 2.000 Gegendemonstranten in die Residenzstadt, um gegen den Landesparteitag und die AfD zu demonstrieren.

Während sich AfD-Mitglieder in der Congress Union einfanden, versammelten sich bereits die ersten Gegendemonstranten am Bahnhof in Celle. Absperrgitter waren bereits am Vortag vor der Union von der Polizei installiert worden, überall standen vereinzelt Polizeifahrzeuge. Es herrschte heute Morgen die Ruhe vor dem Sturm.

Der Landesparteitag startete, und die Delegierten gingen langsam zur Tagesordnung über, während die überregionalen Medien genauer hinschauten. Der Landesverband strotzte in der Vergangenheit nicht vor Geschlossenheit, und auch die Querelen mit der Landesjugend zeugten nicht von einem guten Verhältnis untereinander. Der gute Wahltrend in den letzten Wochen strahlt noch immer von der Bundes-AfD nach Niedersachsen. Ob der Landesverband nun geeint und geschlossen aus dem Parteitag herausgeht, wird sich zeigen.

Dass die AfD in Celle einen Landesparteitag abhalten kann, war für viele überraschend. Schnell formierte sich Widerstand, der am heutigen Tag zu einer Gegendemonstration führte. Bunt gemischt unter der Flagge der IG Metall und einem Solidarischen Celle vereinten sich die unterschiedlichsten Bündnisse, Parteien und Glaubensgemeinschaften.

Mit 250 Demonstranten hatte die IG Metall unter Lennard Aldag, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Celle-Lüneburg, die Teilnehmerzahl wohl noch etwas verhalten angekündigt. War dann schließlich am Bahnhof über 1.450 Teilnehmende positiv überrascht. Die ersten beiden Redner, Wilfried Manneke und Michael Huber, hatten gleich am Bahnhofsvorplatz die Ehre, ihre Reden halten zu dürfen. Manneke, Pastor a.R. und Mitglied im Netzwerk Südheide gegen Rechtsextremismus, mahnte und warnte vor der AfD: „Nur weil jemand demokratisch gewählt wird, heißt es nicht, dass dieser auch Demokrat ist.“ In sechs Punkten machte Manneke deutlich, warum für ihn die AfD keine Alternative ist, unter anderem unterstrich er die Angst der Menschen vor der Partei, die Islamfeindlichkeit, die rassistische Asylpolitik, dass die AfD der NPD immer ähnlicher wird und den geleugneten Klimawandel. In diese Kerbe schlug nun auch Michael Huber, Vertreter der Celler Klimaplattform, der Aussagen von AfD-Mitgliedern zum Klimawandel besonders unter die Lupe nahm.

Nun konnte es losgehen, und der Demonstrationszug reichte vom Bahnhof bis zur Breiten Straße. Nur langsam ging es voran in Richtung Congress Union. Als die fast 1.500 Demonstranten mit ihren mahnenden wie kreativen Schildern ankamen, stießen sie dort auf bereits wartende Sympathisanten. Die Anzahl der Teilnehmenden schoss damit auf fast 2.000 in die Höhe. Ein Lkw stand quer auf der Fahrbahn der B3 an der Congress Union und diente als Bühne. Musik erklang durch die Lautsprecher, man sorgte für eine gute Atmosphäre, bei strahlendem Sonnenschein. Doch genau diese Sonne machte bald den ersten Demonstranten zu schaffen, denn das Programm von 10 bis 14 Uhr war lang.

In einzelnen Reden beschwor unter anderem Thorsten Gröger, IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, die Geschlossenheit und die Grundfesten der Demokratie. Die AfD hingegen ist wie der Wolf im Schafspelz. Ferner zeigen sie, dass sie mit ihren Zielen und ihrer Rhetorik ausgrenzen wollen. In einer Podiumsdiskussion kamen Vertreter der Selbstvertretungsorganisation ZSL, der êzîdischen und jüdischen Gemeinden sowie von Gemeinsam Kämpfen zu Wort. Unter der Moderation von Juliane Fuchs, ver.di, stellten die Gäste ihren Standpunkt und auch Sorgen dar. Jana Petersen-Franke vom ZSL sieht das selbstbestimmte Leben behinderter Menschen in Gefahr und verbindet dies mit den Aussagen aus dem Sommerinterview von Björn Höcke, der „Inklusion mit einem Projekt“ verglich. Die Sprecherin der êzîdischen Gemeinde Rojin Yalti sprang kurzfristig ein, machte aber deutlich, dass die Gemeinde Sorgen um die Entwicklungen hat. Deutschland ist ihre Heimat, und die Ézîden sind auch angekommen und hier integriert. Rabbiner Feldhake sah schon früh einen schleichenden Prozess und ist dennoch über die Entwicklung erschreckt. Er ist der Meinung, man müsse sie stoppen. „Wir und die Mehrheitsgesellschaft wehren uns gegen euch, wir wehren uns“, teilte der Rabbiner eindringlich mit. Nina von Gemeinsam Kämpfen beleuchtete die Kritik an der AfD von feministischer wie auch que(e)rer Seite. Sie kritisierte dabei das gezeichnete Menschenbild der AfD.

Die Rede der Geschäftsführerin der Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten, Dr. Elke Gryglewski, war mit Spannung erwartet worden, nach dem Anschlag auf das Stiftungsgebäude. Sie übermittelte die Sorgen über die politische Entwicklung einiger Überlebender. Sie verfolgen alles sehr genau, können aber nicht persönlich anwesend sein, um den Protest zu unterstützen. In der Erinnerungskultur forderte einst die AfD eine 180-Grad-Wende. Zu dieser erschreckenden Aussage hatte sich die AfD Niedersachsen positioniert, beklagte Gryglewski.

Mahnende Worte auf der Demonstration mit einem Fazit, was zwischendurch fiel: „Wir alle sind bereits Zeugen einer anbahnenden Katastrophe.“ Die AfD-Mitglieder, die weit abgeschirmt in der klimatisierten Congress Union ihren Parteitag abhielten, störte der Protest wenig, da er nur relativ kurz stattfand. Aufgrund des schönen Wetters gab es bereits frühzeitig starke Auflösungserscheinungen. Zu Spitzenzeiten waren es bis zu 2.000 Teilnehmende, am Ende nur wenige Hundert.

Während der Parteitag nun weiterging und auch morgen noch stattfinden wird, bleibt abzuwarten, ob die eindringlichen Worte der Demonstranten weiter erklingen oder verhallen.

Redaktion
Celler Presse
Fotos: Celler-Presse.de

Hinweis zu der Meldung
Diese Seite zeigt gesponsorten Marketing-Inhalt, Quell- und Informationslinks sowie extern eingespielte Banner und Flash-Anzeigen.