Mittwoch, 11. Dezember 2024

✔ unabhängig ✔ überparteilich ❤ kostenfrei

Anzeige

Anzeige

„Gehobenes Wohnen“ auf prominentem „Haesler-Areal“

Man sieht es ihr nicht an, aber die Baustelle am Ende der Speicherstraße im sogenannten Allerbogen verfügt durchaus über eine gewisse Berühmtheit. Die HAZ, die taz, das NDR-Kulturjournal und auch die „deutsche bauzeitung“ machten sie im Abbruch begriffenen noch bebauten Zustand im Frühjahr 2021 zum Gegenstand ihrer Berichterstattung. „Das Ende eines Denkmals: Stadt Celle reißt Haesler-Bau ab“ titelte zum Beispiel die HAZ.

Dreieinhalb Jahre später ist im Rahmen der in den politischen Gremien präsentierten Pläne für die Neubebauung der „Nördlichen Speicherstraße“ keine Rede mehr von der Wachswarenfabrik Schmidt in der Speicherstraße 25. Der Architekt des Neuen Bauens Otto Haesler (1880 – 1962) hatte für ihre Errichtung verschieden große Baukörper-Quader funktional zusammengefügt (s. Fotos). Damit wurde die Fabrik zu einem Schlüsselbau für seinen Weg in die Moderne, so setzte er das hier angewandte Prinzip nur wenig später im überregional bekannten und für touristische Werbezwecke gut zu nutzenden „Italienischen Garten“ um.

Im städtischen Bauausschuss sowie in der jüngsten Ortsratssitzung Neuenhäusen wurde nun vorgestellt, wie das 24.762 qm große Gelände entwickelt werden soll. „Alle Altbauten kommen weg“, bedauerte Karin Abenhausen (Grüne) in der Bauausschuss-Sitzung und votierte als einzige gegen den Bebauungsplan „Nördliche Speicherstraße“, der schwerpunktmäßig auf Wohnen setzt, aber auch Gewerbeeinheiten und Praxen vorsieht. Die Abstimmungen in den politischen Gremien hinken dem realen Geschehen hinterher, Baubeginn war bereits im Juni 2023. Unter der Adresse der einstigen architektonisch innovativen Fabrik, der Speicherstraße 25, firmieren nun die Eigentümer des Areals und Vorhabenträger „urbano Immobilien GmbH & Co. KG, Peter Preuhs“.

Das beauftragte Büro „baulampe architekten“ nennt das neue Quartier „Wohnen am Allerbogen“, es wird aus insgesamt 13 Baukörpern mit rund 155 Wohneinheiten sowie drei Tiefgaragen bestehen. Das Büro spricht von „gehobenen Wohnungen“, sozialer Wohnungsbau ist laut dem städtischen Mitarbeiter der Abteilung Bauleitplanung, Sebastian Knoll, in der Ortsratssitzung nicht vorgesehen. Die durchschnittliche Geschossanzahl beträgt drei bis vier. Den Mittelpunkt des Quartiers bzw. das „Kernstück der Gesamtanlage“, wie es „baulampe architekten“ nennen, „stellt ein fünf- bis siebengeschossiges Gebäude, das sogenannte ‚Sternhaus‘, dar.“ Dies beinhalte in Erdgeschossflächen kleinere Gewerbe und Praxiseinheiten (s. Architekturskizze). Für den Autoverkehr ist das Gelände ausschließlich von der Speicherstraße aus zugänglich. Laut einem Verkehrsgutachten aus dem Februar 2022 „entstehen rund 500 Kfz-Fahrten werktäglich mit Bezug zum neuen Wohngebiet“.

Der Abbruch der Wachswarenfabrik im Frühjahr 2021 machte das Gelände zum Fotomotiv, die Bilder zeigen viele Baumstümpfe. Ausgleichpflanzungen erfolgen laut Sebastian Knoll in dem Dorf Hohne im Ostkreis. Wieso diese nicht in Celle vorgenommen werden, beantwortet die Pressesprecherin des Neuen Rathauses Myriam Meißner: „Dabei geht es um Ausgleichspflanzungen, die zumindest aktuell im Stadtgebiet in der Form nicht möglich sind. Erforderlich ist, so will es das Bundesnaturschutzgesetz, in diesem Fall der Ausgleich in derselben Region, in der auch der Eingriff stattfand.“

Die Wachswarenfabrik Schmidt war das prominenteste Gebäude, das abgebrochen wurde. Weitere noch in jüngerer Zeit gewerblich genutzte Häuser erinnerten an die frühere industrielle Nutzung des Gebietes an der Aller. Mittlerweile ist der Altbestand auf eine Villa geschrumpft, auch sie wird abgerissen werden. Neuenhäusens Ortsbürgermeister Dr. Jörg Rodenwaldt (Zukunft Celle) blickt zurück auf den Abriss des denkmalgeschützten Haesler-Gebäudes: „Ich bin sicher, dass hier rechtlich alles sauber über die Bühne gegangen ist. Generell fördert es jedoch eher die Entstehung von gesichtslosen Quartieren, wenn der Kommerz über den Denkmalschutz und das historische Erbe gestellt werden.“

Anke Schlicht
Celler Presse
Fotos: Anke Schlicht (Archiv)
Architekturskizzen: baulampe architekten

Hinweis zu der Meldung
Diese Seite zeigt gesponsorten Marketing-Inhalt, Quell- und Informationslinks sowie extern eingespielte Banner und Flash-Anzeigen.