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Premiere für den neuen Oberbürgermeister Dr. Jörg Nigge

CELLE. Die erste Ratssitzung für den neuen Oberbürgermeister hatte nur einen feierlichen Aspekt: Er wurde durch Bürgermeister Heiko Gevers vereidigt. Bei den weiteren Themen der Tagesordnung kam man schnell auf den Boden der Normalität. Da half auch ein neuer Oberbürgermeister nichts. Der Haushalt konnte nicht eingebracht werden wegen der überraschend noch zu berücksichtigenden Kosteneffekte, die den bis vor drei Tagen noch (fast) ausgeglichenen Haushalt in die roten Zahlen rückte. 3,9 Millionen € Defizit erfordern ein Haushaltssicherungskonzept, so dass der Haushalt erst Anfang April wieder auf die Tagesordnung kommt.

 

Jörg Nigge musste dann einräumen, dass er sich den Amtsantritt angenehmer vorgestellt habe. Es seien aber alle Fakten, die den Haushalt beeinflussen nach Recht und Gesetz zu berücksichtigen. Man habe seit Jahren in Celle über die Verhältnisse gelebt, stellte Nigge fest, zudem sehe er in dem defizitären Haushalt auch strukturelle Probleme.

Erster Stadtrat Thomas Bertram erläuterte die Situation, zumal jegliche Planung zum großen Teil auf Schätzungen beruhe und nun für zwei Einflüsse neues Zahlenmaterial vorliege, das von externen Dienstleistern zur Verfügung gestellt wurde. So hat das Finanzamt Celle im aktuellen Steuermessbescheid für 2017 den Ausfall 2,1 Millionen € Gewerbesteuer mitgeteilt, die möglicherweise durch zusätzliche Einnahmen durch Abrechnung früherer Jahre kompensiert werden könnten. Das sei aber ganz unsicher, so dass derzeit mit einem Einbruch von 2,1 Millionen € gerechnet werden müsse. Ein weiterer negativer Einfluss ist nach Bertrams Ausführungen die Pensionsrückstellung für Beamte, die in Ruhestand gehen. Hier hat der Dienstleister eine Erhöhung der Rückstellung um 1,8 Millionen € kalkuliert. Diese Effekte müssen in den Haushalt einfließen, da es sonst „ein ernsthaftes rechtliches“ Problem gebe. Somit müsse nun in den nächsten vier Wochen ein Haushaltssicherungskonzept entwickelt werden.

Antrittsrede Rat

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, lieber Herr Falkenhagen,
sehr geehrte Damen und Herren Ratsmitglieder,
meine sehr verehrten Damen und Herren.

Jedes Werden in der Natur, im Menschen, in der Liebe muss abwarten, geduldig sein, bis seine Zeit zum Blühen kommt. (Bonhoeffer)

5 Monate des Wartens sind vorbei und ich freue mich, nun endlich hier vor Ihnen stehen zu können. Wie Sie sich wahrscheinlich vorstellen können, wäre es mir lieber gewesen dies nicht gleich am vierten Arbeitstag tun zu dürfen, dazu noch in der derzeitigen Gemengelage zum Haushalt, aber trotzdem freue ich mich, dass es nun endlich losgeht.

Politische Übergangszeiten sind für alle Betroffenen nicht einfach und oftmals leider auch unschön wie wir in den letzten Wochen immer wieder feststellen mussten.

Besonders die Mitarbeiter der Verwaltung, die immer wieder den Spagat zwischen unterschiedlichen Meinungen, Gedanken und Loyalitäten machen mussten, waren davon betroffen.
Das war keine einfache Zeit und ich danke Ihnen auch an dieser Stelle noch einmal für Ihr Verständnis, Ihre Geduld aber auch für die Einbindung meiner Person bei perspektivischen Fragen, obwohl Sie auch hierfür nicht immer Applaus von jeder Seite bekommen haben.

Ich habe die Zeit nicht nur genutzt, um mich inhaltlich vorzubereiten, sondern auch um mit Ihnen, vornehmlich den Fraktionsvorsitzenden, ins Gespräch zu kommen.
Mein Ziel war dabei nicht nur das gegenseitige Kennenlernen, sondern vor allem Vertrauensbildung.
Wir haben meines Erachtens sachliche und produktive Gespräche geführt, in denen wir die jeweiligen Schwerpunkte unserer Arbeit in den nächsten Jahren ausgetauscht haben. Ebenso sprachen wir über die gegenseitigen Erwartungshaltungen.

Mein Credo war stets das Sachziel in den Vordergrund zu stellen, nicht aber Parteien und Personen. Daran halte ich auch weiterhin fest.
Ich möchte Sie bitten im Sinne unserer Stadt und ihrer Bürger, eine offene, ehrliche und sachliche Art im Umgang miteinander zu leben.
Sich im direkten Gespräch einig zu sein, um dann am nächsten Tag eine ganz andere Sichtweise den Medien entnehmen zu müssen, entspricht nicht meiner Vorstellung von politischer Kultur, scheint aber leider nicht ausgeschlossen zu sein.

Wir können und werden nicht immer einer Meinung sein, das ist demokratischen Prozessen zu eigen und wir können froh sein, dass wir in einem Land leben, in welchem wir eine derartige Streitkultur ausleben dürfen.
Aber: Auch einer Streitkultur sind Grenzen gesetzt. Nämlich da wo Sachargumente gegenüber Polemik, Unwahrheiten und persönlichen Verletzungen zurückstehen müssen.
Inhaltliche Diskrepanzen sind keine Einladung zu persönlichen Angriffen, mit dem Ziel Personen in der Öffentlichkeit zu diskreditieren.

Ich war teilweise erschrocken auf welchem Niveau sich Diskussionen in der Öffentlichkeit abspielen. Da nehme ich auch meine Partei nicht aus.

Ich war getroffen wie Vermutungen und Spekulationen gezielt an Medien gespielt werden, um daraus Skandale ableiten zu wollen, die nur darauf abzielen, Menschen zu beschädigen.
Dass nicht einmal Verwaltungsmitarbeiter davon ausgenommen werden, die durch ihre tägliche Arbeit das Pech haben zwischen politischen Fronten zu stehen, macht nachdenklich.
Wie möchte man berechtigterweise von der Verwaltung Leistung, Entscheidungsfreude und hohe Flexibilität verlangen, wenn die Mitarbeiter tagtäglich Angst haben müssen durch ihre Entscheidungen in die Presse gezogen zu werden. Das führt zu Einigelung, Tatenlosigkeit und Angst. Das kann und darf nicht unser Ziel sein.
Und vergessen wir nicht: Hinter jedem Mitarbeiter stehen Familienangehörige und das sollte uns unsere Verantwortung noch einmal sehr deutlich vor Augen führen.

Aber auch die Medien tragen eine große Verantwortung, der sie gerecht werden müssen. Berichterstattung auf Grundlage von Spekulationen und Halbwahrheiten sind Gift für unsere gesellschaftliche Zusammengehörigkeit und sorgen unter anderem damit für Politikverdrossenheit.
Die Medien erleben in diesen Tagen ziemlich viel Schelte von politischen Akteuren, und das nicht nur in Washington. Wir sollten uns aber freuen über eine freie, aktive Medienlandschaft, denn sie ist wichtig für jede funktionierende Demokratie. Ich verspreche einen fairen Umgang mit Ihnen und freue mich auf Ihre konstruktive, informative Begleitung in den kommenden Jahren.

Ich bitte Sie daher alle nochmals darum unsere politische Streitkultur für die nächsten Jahre jeder für sich zu überdenken und sich an den Sachthemen abzuarbeiten.
Lassen Sie uns die nächsten Jahre für unsere Stadt nutzen.
Die Bürger haben jedem Einzelnen von uns das Vertrauen ausgesprochen und beauftragt die Stadt weiterzubringen, nicht aber die eigene mediale Präsenz durch Polemik und gezielte Halbwahrheiten zu erhöhen.

Unser Verhalten wird auch der Prüfstein in der Öffentlichkeit dafür sein, ob es uns ernst ist mit einem Einsatz für die Stadt oder ob es uns um persönliche Darstellung unter Einsatz aller verfügbaren Mittel geht.

Wir sind aber auch gewählt, um unsere persönliche Meinung zu vertreten und nicht den Fehler zu machen, den Helmut Kohl gemacht hat, der sagte: „Ich weiß nicht, was mein Freund Mitterand darüber denkt, aber ich denke genauso.“
Bilden Sie sich in Gesprächen Ihre eigene Meinung und entscheiden Sie auf Basis von Fakten, nicht auf Basis von politischen Zwängen. Jeder Einzelne von Ihnen ist mir jederzeit für Gespräche, Erläuterungen und Fragen herzlich willkommen.

Ich biete Ihnen eine stets offene, ehrliche, transparente und sachliche Zusammenarbeit an und freue mich auf viele Diskussionen und Ideen für unsere Stadt.

Frei zitiert nach den Worten von Hoffmann von Fallersleben
Wag es, frei und froh zu sein!
Wag es – und die Welt ist Dein.

In diesem Sinne wünsche ich uns für die nächsten Jahre gute Entscheidungen, viel Mut, aber auch Freude an der Aufgabe.
Ich freue mich auf die Zusammenarbeit!

Einführung Haushalt

Meine Damen, meine Herren,

Sie können sich vorstellen, dass ich mir den Amtsantritt angenehmer vorgestellt hätte, als Ihnen gleich am zweiten Tag meiner Amtszeit mitteilen zu müssen, dass kurzfristige Effekte, die Herr Bertram gleich noch darlegen wird, den Haushalt des Jahres 2017 massiv beeinflussen werden.

Nach Recht und Gesetz sind wir verpflichtet alle Risiken, die uns bekannt werden, im Haushaltsplan zu berücksichtigen, mir blieb also gar keine andere Wahl, als derart zu verfahren. Mir wäre es anders auch angenehmer gewesen, zu Recht hätten Sie in ein paar Monaten aber gefragt, warum wir die nun vorliegenden Risiken vernachlässigt haben.

Nach Vorlage dieser Zahlen, in Rückschau der Haushalte der letzten Jahre und in Vorschau der bestehenden Planung der Haushalte der nächsten Jahre, die nicht besser sind, muss allerdings nun auch dem Letzten klar sein, dass wir seit Jahren über unsere Verhältnisse leben und ein strukturelles Haushaltsproblem haben und immer hatten.

Wir alle haben die Wirklichkeit ausgeblendet und uns vorgemacht nun sei alles gut.

Die Lage kann man auf einen klaren Nenner bringen: Wir geben mehr aus als wir einnehmen. Und es ist nicht immer zwingend die Einnahmeseite schuld.

Aber meine Damen und Herren: Wenn wir wirklich aus diesem Loch raus wollen, wenn wir nicht wollen, dass wir in der Zukunft völlig handlungsunfähig sind und den wesentlichen Strukturen unserer Stadtgesellschaft, angefangen beim Ehrenamt, über den Sport bis hin zur Kultur keiner Unterstützung und Anreize mehr  bieten können, dann müssen wir jetzt endlich den Schleier der politischen Schönfärberei abnehmen und handeln.

Handeln heißt: Es darf keine Tabus geben, es darf keine Besitzstandswahrung  geben und wir müssen an einem Strang ziehen. Nach vorne schauen ist das Motto, nicht der Blick zurück.

Und eines noch: Ich freue mich, dass manche derart großes Vertrauen in meine Fähigkeiten zu haben scheinen, dass Sie mir, wenn ich der Zeitung Glauben schenken darf, massive Veränderungen in Millionenhöhe innerhalb von zwei Tagen zutrauen.  Auf dieses Vertrauen setze ich in den nächsten Wochen bei der Erarbeitung von konstruktiven Vorschlägen!

Vielen Dank!

Redaktion
Celler Presse

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