Zum Inhalt springen
Anzeige
Anzeige

Bürgerinitiativen sprechen Umweltprobleme der Kaliindustrie und ihrer Rückstandshalden bei Besuch der EU-Kommission in Brüssel an

BRÜSSEL/WATHLINGEN. Die Umweltbelastung durch Kaliproduktion und Kalirückstandshalden, die fast nur aus Salz bestehen, sowie der Umgang der verantwortlichen Politik und der Behörden damit sind ein europaweites Problem. Das haben die Werra-Weser-Anrainerkonferenz e.V. sowie die Bürgerinitiativen Umwelt Uetze/Wathlingen und die BI Giesen Schacht (Hildesheim) kürzlich zusammen mit mehreren Initiativen aus Hessen und der spanischen Initiative „Prou Sal!“ (Schluss mit dem Salz!) in einem Gespräch der EU-Kommission gegenüber deutlich gemacht.

Anlass für den Besuch in Brüssel war der Weltwassertag. Der Vertreterin der Generaldirektion Umwelt ist u.a. berichtet worden, dass die Kaliproduktion in Deutschland immer noch salzhaltige Abwässer in die Flüsse einleite und damit nicht dem Stand der Technik entspreche. Das gelte ebenso für die niedersächsischen Kalirückstandshalden, von denen nahezu keine über eine funktionierende Basisabdichtung verfügt. Durch die Auflösung von Salz an der Haldenoberfläche und versickernde Haldenlaugen werden Grundwasser und Flüsse stark verschmutzt. Aus Sicht der Bürgerinitiativen sind dadurch auch Schutzgebiete mit dem höchsten europäischen Schutzstatus, wie das Auwaldgebiet Brand in Nienhagen oder das international bedeutende Vogelschutzgebiet Steinhuder Meer bedroht. Die niedersächsische Landesregierung hat kürzlich auf eine Anfrage im Landtag hin einräumen müssen, dass an fast allen untersuchten Halden in Niedersachsen das Grundwasser unzulässig stark versalzen ist. Untersuchungen zur genauen Ursache fehlen oder sind völlig unzureichend. Messbrunnen sind zwar vorhanden – aus Sicht der Initiativen allerdings an der falschen Stelle, nicht tief genug oder nicht geeignet. Eigentlich ist der Versalzungsvorgang sehr einfach zu beschreiben. Niederschläge lösen Salz auf, die Halden sind (auch von der Industrie anerkannt) wasserdurchlässig und die Haldenlauge versickert in den Boden und das Grundwasser. Bei hohen Grundwasserständen, wie beispielsweise in Wathlingen, komme noch die Auflösung von unten dazu. Nach Überzeugung der Bürgerinitiativen werde damit gegen das Verschlechterungsverbot der EU-Wasserrahmenrichtlinie zum Schutz der Gewässer verstoßen.

Erstaunlicherweise konnte die Landesregierung keine Angaben zu der so wichtigen Frage machen, ob die in Sehnde praktizierte sowie in Wathlingen und Giesen geplante Haldenabdeckung denn überhaupt funktioniert und inwieweit die Salz-/ Haldenauflösung tatsächlich verzögert werden kann. Diesbezügliche belastbare Erkenntnisse können nach Aussage der Landesregierung erst nach Abschluss der laufenden Haldenabdeckungen gewonnen werden. Die Haldenabdeckungen befinden sich also weiterhin in einem Versuchsstadium – auf Kosten von Menschen und Umwelt!

Die Aussagen von Umweltministerium, Landesbergamt (LBEG) und der Firma K+S zu den Ursachen der immer wieder auftretenden Versackungen an der Halde in Sehnde sind erschreckend widersprüchlich. Mal sind es die Abfälle, die über dem Salz weggeschwemmt worden sein sollen, dann das Salz selbst (etwas anderes ist auch nicht denkbar). Mal heißt es, die meisten Einbrüche seien aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht untersucht worden, dann wieder soll angeblich jede einzelne Versackung erforscht werden. Jedenfalls seien Versackungen auch in Bereichen aufgetreten, die nach Kenntnis der Bürgerinitiativen gerade mal ein Jahr vorher repariert worden waren. In der Genehmigung sind solche Einbrüche als unmöglich bezeichnet worden.

Dennoch halten Landesregierung und Umweltminister in Niedersachsen die Haldenabdeckungen „aus Gründen des Gewässer- und Grundwasserschutzes“ für eine gute Sache. Allerdings nicht uneigennützig – erhält das Land dadurch doch dringend benötigte Deponiekapazitäten. Dafür wird rechtlich äußerst fragwürdig argumentiert und die Abfallbeseitigung (um die es sich aus Sicht der Initiativen tatsächlich handelt) kurzerhand als Verwertung bezeichnet. Dazu wird ein Bestandsschutz behauptet, den es im Wasserrecht gar nicht gibt. Deponien auf Kalihalden (selbst K+S bezeichnet die Haldenabdeckungen so) müssen endlich auch rechtlich als Deponien behandelt werden. Nach Deponierecht würde allerdings kaum eine Genehmigung erteilt werden können. So hat die Zentrale Unterstützungsstelle Abfall des Gewerbeaufsichtsamtes in ihrer – fachbehördlichen – Stellungnahme im Planfeststellungsverfahren Giesen (Hildesheim) eine wasserdichte Abdeckung entsprechend Deponierecht gefordert und geschrieben: „Im Unterschied zu Deponien besteht der Haldenkörper aus einem hoch wasserlöslichen Material. Tritt dem Haldenkörper durch die mineralische Oberflächenabdichtung (wie in Wathlingen geplant), wenn auch zunächst in geringen Mengen, Wasser zu, kann dies auf Dauer zum Herauslösen von Salz führen. Das Oberflächenabdichtungssystem wird dem Entzug von Salz aus der Halde durch Sackung folgen. Hierdurch kann das Oberflächenabdichtungssystem mit der Folge eines vermehrten Wasserzutritts in den Haldenkörper in seiner Funktionstüchtigkeit zunehmend beeinträchtigt werden.“ Die Auflösung komme erst dann zum Abschluss, wenn kein Salz mehr da ist.

Die Initiativen fordern deshalb, dass die Kalirückstandshalden beseitigt werden müssen, statt (unzureichend) abgedeckt zu werden – so wie es in Spanien bereits angeordnet worden ist. Die Errichtung neuer Halden dürfe nicht mehr genehmigt werden.

Von der EU-Kommission erwarten die Initiativen jetzt, dass die europäischen Regelungen zum Schutz der Umwelt und des Wassers auch in Deutschland durchgesetzt werden.

PR
Foto: Achim Bartsch

Hinweis zu der Meldung
Diese Seite zeigt gesponsorten Marketing-Inhalt, Quell- und Informationslinks sowie extern eingespielte Banner und Flash-Anzeigen.



Anzeige