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Erkundungstour über Europas größten Truppenübungsplatz: Von Schwierigkeiten mit der NS-Geschichte, Häuserabriss, aktuelle Zivilisierungsforderungen und John Lennon

Landkreis CELLE/HEIDEKREIS. Geschichtswerkstatt und Friedensaktion Lüneburger Heide hatten in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung zur ganztägigen Erkundungstour über Europas größten Truppenübungsplatz eingeladen. Die Organisatoren Klaus Meier (VVN/BdA) und Charly Braun (ver.di-DGB) freuten sich über Gäste sogar aus Bremen, Hamburg und Hannover. Am Denkmal in Bad Fallingbostel für die ermordeten sowjetischen Kriegsgefangenen beschrieb Braun die Entwicklung der landwirtschaftlichen und touristischen Region zur am stärksten militarisierten in Deutschland.

Auf dem Friedhof der Rotarmisten in Oerbke berichteten Egon Hilbich und Charly Braun über die wirtschaftlichen Ziele des Faschismus am Überfall auf die Sowjetunion und wie gemäß ihrer rassistischen Weltanschauung auch in den Kriegsgefangenenlagern Massenmord vor allem durch Hunger und Seuchen begangen wurde. Erstaunlich, dass die Gefangenen dennoch in Arbeitskommandos zu Widerstand in der Lage waren, wie Sabotageakte in Rüstungsbetrieben beweisen. In den drei Lagern Belsen-Hörsten, Wietzendorf und Oerbke verreckten elendig etwa 60.000 sowjetische Gefangene.

Teilnehmende der Truppenübungsplatz-Erkundungstour vorm ehemaligen Gasthof „Onkel Nickel“ in Ostenholz, in dem 1966 die Filmcrew des Antikriegsfilms mit John Lennon gastierte.

In den Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg wurden die Lagerfriedhöfe immer wieder vernachlässigt, obwohl deutsche Verwaltungen, Politik und der Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge dazu von Briten und Sowjets verpflichtet wurden. Viele, von Vera Hilbich erforschte, Dokumente beweisen das detailreich. Es war „Kalter Krieg“ mit Aufrüstung und vergessen lassen der Nazi-Verbrechen. 1964 ließen deutsche Verantwortliche sogar das von überlebenden Rotarmisten errichtete Denkmal abreißen und durch ein neues des Nazi-Bildhauers Seelemeyer ersetzen. Um am Jahrestag der Befreiung vom Faschismus Gedenkfeiern zu verhindern, wurde 1985 sogar ein Manöver verlängert, berichteten Zeitzeugen. Inzwischen haben sich HistorikerInnen und vielerlei Gruppen durchsetzt, um auf den Lagerfriedhöfen an die Verbrechen der Wehrmacht zu erinnern.

Das ehemalige Entlausungsgebäude in Oerbke wolle man von der Bundeswehr zurück haben als Gedenk-, Ausstellungs- und Veranstaltungsort, fasste Braun die Forderungen von Gewerkschaften und anderen Organisationen zusammen.

Fallingbostels ehemaliger Ratsherr Gerd Martini kritisierte, dass bis heute die Menschen der bewohnten Dörfer des Truppenübungsplatz keine kommunalen Rechte haben und lediglich Bittsteller bei Finanzminister und BIMA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) sind. So wundert sich Hermann Reinecke, ehemaliger Betriebsratsvorsitzender der Zivilbeschäftigten der British Army, auch nicht, dass viele staatliche Wohnhäuser verkommen gelassen werden, um sie schließlich wie den Wünninghof in Ostenholz abzureißen.

Egon Hilbich und Klaus Meier berichteten von den widerständigen Bauern, die in den 1930er Jahren ihre Höfe nicht für einen Kriegsübungsplatz aufgeben wollten. Weitere Themen an anschaulichen Orten waren die neuen internationalen Kriegsziele der Bundeswehr, die eindrucksvolle Arbeit von Bürgerinitiativen und Friedensgruppen, die Forderungen von Gewerkschaften für eine „soziale, ökologische, nicht-militärische Wirtschaftsstruktur für den Kriegsübungsplatz zwischen Bergen und Bad Fallingbostel“.

Neu waren Charly Brauns Vortrag und Fotos von Bert Brechts „Legende vom toten Soldaten“, die 1985 mitten in Ostenholz als Theater mit Schinderassassa und in Uniformen aufgeführt wurde. Man selbst sehe das eigene Engagement in der Tradition des John-Lennon-Antikriegsfilm „How I won the war“, der 1966 auf dem Truppenübungsplatz gedreht wurde, kommentierte Marianne Ohlhoff abschließend.

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Foto: Jörg Teichfischer

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