Leserbrief: „Das Schweigen der Kühe“

Schlaflos in Celle kann viele Gründe haben. Dass das Muhen einer Kuh dafür verantwortlich sein kann, darauf kommt man wohl nicht so schnell. Unsere Leserin Ilona Scheele berichtet von solch einem Fall. Diesen Leserbrief veröffentlichen im Wortlaut:

„Gestern beim Abendspaziergang fiel es mir das erste Mal bewusst auf: Der Tag klang aus, alles kam zur Ruhe, nur eine Kuh nicht. Es war mir unangenehm und ich war froh, dass ich Gesellschaft hatte, ein angeregtes Gespräch mich ablenkte.

In Erwartung einer guten Nacht sank ich später in die Kissen, in denen ich mich eine Weile lang wälzte, weil sie eben nicht kam, die erwartete und gebrauchte Ruhe. Ich konnte die Kuh schreien hören. Immer noch. Gewohnt, mit offenem Fenster zu schlafen, schloss ich sie angesichts meiner Machtlosigkeit, doch auch durch die geschlossenen Fenster konnte ich sie hören. Und immer noch! Mittlerweile fast 24 Stunden später. Ich habe heute Morgen beim Milchviehbetrieb in der Nähe angerufen. Der Mitarbeiter bestätigte mir, auch er habe die Kuh die ganze Nacht über gehört. Man habe die Herde getrennt und das würde sich wieder legen. Das sei normal. Meistens ginge es schneller.

Jetzt weiß ich, dass man die Kälber von ihren Müttern getrennt hat. Eine Mutterkuh schreit und schreit und schreit. Das ist normal. Zumindest bei einem Milchviehbetrieb.

Für mich ist das nicht normal und ich überdenke meinen Verbrauch an Milch und Milchprodukten. Im Kassenschlager „Das Schweigen der Lämmer“ kommt FBI-Agentin Clarice Starling nach einem Kindheitstrauma lange nicht zur Ruhe, das Schreien der Lämmer ihrer Kindertage verfolgt sie.

Und ich frage mich, wann werden die Kühe schweigen.

Ilona Scheele“

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Foto: slightly_different / Pixabay

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