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Aufschrei unter Pflegenden: Pflegende sollen bis zu zwölf Stunden täglich arbeiten

NIEDERSACHSEN. Seit 1. November hebelt das Land Niedersachsen in einer Allgemeinverfügung die geltenden Höchstarbeitszeiten unter anderem für Beschäftigte in Krankenhäusern und Pflegeheimen befristet bis zum 31.05.2021 aus. Ab sofort sind bis zu zwölf Stunden tägliche Arbeitszeit zulässig. Die Pflegekammer Niedersachsen kritisiert aufs Schärfste, dass Vertreterinnen und Vertreter der Pflege nicht im Vorfeld einbezogen worden sind.

Laut Allgemeinverfügung des Niedersächsischen Sozialministeriums soll die zulässige tägliche Arbeitszeit von Pflegefachpersonen auf bis zu zwölf Stunden pro Tag bei maximal 60 Stunden wöchentlich verlängert werden. „Monatelang hat das Land verschlafen, die medizinischen Einrichtungen auf die zweite Welle der Corona-Pandemie vorzubereiten. Jetzt sollen wieder die Beschäftigten in den systemrelevanten Berufen unter Einsatz ihrer eigenen Gesundheit die Situation retten“, kritisiert Nadya Klarmann, Präsidentin der Pflegekammer Niedersachsen die Verfügung aufs Schärfste. Die Verfügung enthält weder Regelungen zu Ausgleichstunden noch zu einer finanziellen Entschädigung für die Mehrarbeit. Lediglich ein Ersatzruhetag innerhalb eines Zeitraumes von acht Wochen ist für die im Rahmen der Ausnahmebewilligung geleistete Sonn- und Feiertagsarbeit zu gewähren. „Dürfen jetzt auch Teilzeitbeschäftigte zu täglich zwölf Stunden Dienst verpflichtet werden? Wir hätten uns gewünscht, dass Vertreterinnen und Vertreter der Pflege im Vorfeld angehört worden wären“, sagt Klarmann.

Bisher gilt für Beschäftigte in Pflegeberufen eine gesetzliche tägliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden. Pro Woche dürfen maximal 48 Stunden gearbeitet werden. In besonderen Ausnahmefällen darf der Arbeitgeber den Arbeitstag auf maximal zehn Stunden verlängern. „Die Landesregierung macht nicht nur eine Politik vorbei an den Interessen der Pflegenden, sie torpediert sogar das jahrelange Bemühen, Pflegeberufe attraktiver sowohl für derzeit Beschäftigten als auch den dringend benötigten Nachwuchs zu machen. Die Regierung sollte sich schämen, auf den Rücken der Menschen, die das System am Laufen halten, ihre eigenen jahrelangen Fehler in der Pflegepolitik auszubügeln“, so Klarmann. Das Gesundheitssystem werde nicht zusammenbrechen, weil Betten oder Beatmungsgeräte fehlen, sondern weil die Pflegefachpersonen in einer nie zuvor da gewesenen Art und Weise verheizt werden, so die Kammerpräsidentin.

Schon jetzt bedeuten Acht-Stunden-Schichten in voller Schutzausrüstung eine extreme Belastung für Beschäftigte in der Pflege. „Eine weitere Ausdehnung der Arbeitszeit ist unter keinen Umständen zu akzeptieren und wird die Kolleginnen und Kollegen aus dem Beruf treiben“, prophezeit Klarmann. Die Pflegekammer fordert das Land Niedersachsen daher eindringlich auf, die Allgemeinverfügung umgehend zu widerrufen, um nicht jegliche Glaubwürdigkeit gegenüber den in der Pflege Beschäftigten in Niedersachsen zu verspielen.

PR

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