CELLE. Seit über einem Jahr entwickelt eine von den Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte, des Kammergerichts, des Bayerischen Obersten Landesgerichts und des Bundesgerichtshofs eingesetzte bundesweite Arbeitsgruppe Vorschläge, wie die Möglichkeiten der Digitalisierung für effizientere und bürgernähere Zivilverfahren genutzt werden können. Diese Konzepte wurden am Dienstag auf dem ersten bundesweiten Zivilrichtertag vorgestellt und diskutiert, der als Livestream über YouTube verfolgt werden konnte. Mit dabei war auch die Präsidentin des Oberlandesgerichts Celle Stefanie Otte.
Von besonderer Bedeutung für die Bürgerinnen und Bürger ist unter anderem der Vorschlag eines digitalen Bürgerportals. Sowohl durch elektronische Ratgeber als auch durch die Möglichkeit einer virtuellen Kommunikation mit Justizmitarbeitern kann der Weg zu den Gerichten erleichtert werden. Grundlegend neu gedacht hat die Arbeitsgruppe darüber hinaus ein beschleunigtes Online-Verfahren. Insbesondere bei niedrigen Streitwerten kann ein kostengünstiges, schnelles und einfach zugängliches Verfahren ein Anreiz sein, sein Recht vor Gericht zu suchen, anstatt – abgeschreckt durch formelle Hürden – auf Forderungen zu verzichten. Mögliche Anwendungsbereiche sind zunächst Verbraucherstreitigkeiten wie etwa Streitigkeiten im Online-Handel und die Geltendmachung von Flug- und Fahrgastrechten. Auch die Übertragung auf weitere Verfahren ist denkbar.
„Wir müssen die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen, um den Bürgerinnen und Bürgern einen besseren und moderneren Weg zu ihrem Recht zu bieten und auch weiterhin alle Teile der Gesellschaft zu erreichen“, erklärte Stefanie Otte. „Dabei sollten wir auch über Horizonte hinausdenken. Bis vor kurzem wären selbst heute vorhandene Möglichkeiten, wie etwa Videoverhandlungen, noch undenkbar gewesen. Diesen Weg müssen wir mit Reformen des Zivilprozesses weitergehen. Ganz wichtig ist mir dabei aber, dass die Entscheidungen auch zukünftig durch unabhängige Richterinnen und Richter getroffen werden. Der Richter als Mensch kann nicht durch Algorithmen ersetzt werden.“
Die Vorschläge, die in einem 125-seitigen Diskussionspapier veröffentlicht sind, müssen jetzt mit Anwälten, Wissenschaftlern, Verbraucherverbänden und der Politik erörtert werden. „Mich erreichen viele Anfragen gerade auch von Rechtsanwälten, die mit uns ins Gespräch kommen wollen“, betonte Stefanie Otte weiter. „Wir werden deshalb diese Überlegungen in unserem Bezirk mit Nachdruck weiterführen.“
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