Donnerstag, 13. Februar 2025

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Jüdische Kinder im Holocaust

Diese Veranstaltung des Arbeitskreises Christen und Juden in Hermannsburg würdigte nicht nur den Holocaustgedenktag, sie war auch eine Ausstellungseröffnung und gewährte darüber hinaus durch den Referenten Dr. Thomas Rahe einen Einblick in die öffentlich wenig bekannte spezifische Geschichte jüdischer Kinder im Holocaust.

Der Historiker war vor seiner Pensionierung deren wissenschaftlicher und stellvertretender Leiter. Der Arbeitskreis stellt in diesem Jahr mit der Ausstellung „Sterne ohne Himmel – Kinder im Holocaust“ im Haus des Evangelischen Bildungszentrums Hermannsburg (EBH) die Kleinsten und Schwächsten in den Mittelpunkt. Rahe veranschaulichte das Leid der jüdischen Kinder während des Regimes der Nationalsozialisten auch durch Berichte über Begegnungen und Interviews mit Überlebenden im Rahmen der Erforschung und Dokumentation der Geschehnisse im Konzentrationslager Bergen-Belsen.

„Wenn sie hier ankamen, dann hatten sie schon Verlust, Trennung, verschiedene Aufenthalte in KZs und in manchen Fällen auch die sogenannten Todesmärsche hinter sich“, referierte der Historiker vor rund 80 älteren und jüngeren Interessierten aus dem Nordkreis Celle. Die Verfolgung durch die Nationalsozialisten beendete Kindheiten jäh, zerstörte das gewohnte Gefühl, von den Eltern beschützt zu werden, verkehrte die tradierten Rollen ins Gegenteil, wenn die Kleinsten beispielsweise im Ghetto für Essen sorgten. Sie kamen durch Löcher in den Zäunen hindurch, konnten sich auf sogenanntes „arisches“ Gebiet begeben und ein paar Rüben, Kartoffeln oder andere Lebensmittel auftreiben. Die von der internationalen Holocaust-Gedenkstätte „Yad Vashem“ konzipierte und in mehreren Sprachen verfügbare Ausstellung thematisiert die verschiedenen Aspekte jüdischer Kindheit zwischen 1933 und 1945, zunächst in Deutschland und nach Kriegsbeginn in den von der Wehrmacht besetzten Ländern.

Überschrieben sind die insgesamt 27 Tafeln zum Beispiel mit „Familie“, „Spiele“, „Erziehung“, „Überleben im Versteck“ oder „Abschied von Zuhause“. Einzelschicksale stehen im Mittelpunkt, unterlegt mit Fotos, oft aus glücklichen Tagen, mit dem Teddy im Arm oder im Kreise der Familie.

Dr. Thomas Rahe gibt zunächst einen Gesamtüberblick zum Thema, bevor er auf die Ausstellungs-Inhalte eingeht. „Kinder standen im Zentrum der Vernichtung“, sagt er, insgesamt wurden 1,5 Mio Kinder und Jugendliche im Holocaust ermordet. Keineswegs waren sie ausgenommen von den quälend langen Zählappellen zum Beispiel im KZ Bergen-Belsen, zu dem die Kinder ab vier Jahren antreten mussten, auch Zwangsarbeit mussten sie leisten.

„Dort, wo Spielen möglich war, wie z.B. in dem Teil von Bergen-Belsen, der als sogenanntes Austauschlager fungierte, spielten die Kinder auch Zählappell, aber hier kippte keiner vor Erschöpfung um, hier konnten die Kleinen selber bestimmen, was passierte, und so ihre schrecklichen Erlebnisse verarbeiten“, berichtete Rahe. Es sind die individuellen biographischen Geschichten, die er aus seiner langjährigen Gedenkstätten-Arbeit zu erzählen weiß, die das Leid der Kinder am stärksten veranschaulichen. So berichtet er von einem kleinen Mädchen, das sich nach der Befreiung Bergen-Belsens durch die englischen Alliierten energisch weigerte, eine Papiertüte abzugeben, als sie in das wenige hundert Meter entfernte Displaced Persons Camp auf dem ehemaligen Kasernengelände gebracht wurde. Die Hilfskräfte verbrannten alle Gegenstände und Kleidungsstücke, die sich im Lager befunden hatten, um Seuchen zu vermeiden. Doch gegen dieses kleine Mädchen waren sie machtlos. Sie verwahrte in der Tüte die Brille, den Personalausweis und das Tagebuch ihres Vaters.

Es war alles, was ihr von ihm geblieben war. Nur einen Tag hatte er die Befreiung überlebt. Erst Jahrzehnte später trennte sie sich von ihren Schätzen. „Sie schenkte sie der Gedenkstätte Bergen-Belsen“, berichtet Dr. Thomas Rahe am Ende seines sehr informativen und ebenso eindrucksvoll wie einfühlsam vorgetragenen Referates.

Anke Schlicht
Foto: C. von der Ohe

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