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„Hände waschen! Hände waschen! Hände waschen!“

NIEDERSACHSEN. Coronaviren bedeuten vor allem für chronisch Kranke und ältere Menschen ein großes Risiko. Pflegefachpersonen, aber auch Menschen, die ihre Angehörigen selbst versorgen, stehen vor besonderen Herausforderungen. Was können Pflegefachpersonen tun, um das Risiko einer Übertragung zu verringern? Die Pflegefachpersonen Kerstin Stammel und Benjamin Schiller aus dem Vorstand der Pflegekammer Niedersachsen geben Antworten.

Wie gefährlich schätzen Sie die Situation ein, dass Corona-Infektionen zum ernsten Problem in Pflegeheimen werden?

Kerstin Stammel: Aktuell breitet sich der Coronavirus in Niedersachsen rasant aus und die Fallzahlen steigen schnell an. Somit steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass infizierte Menschen Pflegeeinrichtungen betreten und dadurch unwissend die Bewohner in Gefahr bringen. Da Heimbewohner aufgrund ihres Alters und ihrer Mehrfacherkrankungen zu den Risikogruppen gehören, stehen wir vor einer erstzunehmenden Problemlage. Dazu kommt, dass Menschen mit Demenz, der Aufforderung nicht nachkommen, Kontakte zu vermeiden und im Zimmer zu bleiben.

Was sollten Pflegeheime jetzt unbedingt beachten?

Kerstin Stammel: An jeden Eingang gehört ein Spender mit zugelassenem Desinfektionsmittel, dazu unbedingt eine Bildbeschreibung, wie man die Hände richtig desinfiziert. Es sollten Hinweisschilder ausgehängt werden, was besonders zu beachten ist. Die Desinfektion der öffentlichen Bereiche sollte deutlich häufiger erfolgen als üblich. Die genaue Regelung legt jede Einrichtung für sich fest. Laut einem Ministeriumserlass dürfen Personen, die sich innerhalb der letzten 14 Tage in einem Risikogebiet aufgehalten haben, für einen Zeitraum von 14 Tagen seit Rückkehr u. a. stationäre Einrichtungen der Pflege nicht mehr betreten.

Was raten Sie Kolleginnen und Kollegen, die über Husten, Fieber oder Gliederschmerzen klagen?

Benjamin Schiller: Wer akut erkrankt ist, sollte auf jeden Fall nicht zur Arbeit kommen. In der Pflege ist nun mal kein Homeoffice möglich. Ich persönlich würde immer den sicheren Weg gehen und zuhause bleiben. So schützt man nicht nur seine eigene Gesundheit, sondern auch die der Kolleginnen und Kollegen und natürlich auch die Patienten! Wenn es einen nachgewiesenen Kontakt zu infizierten Personen gibt, ist ein Test dringend erforderlich.

Wie kann die Ausbreitung in der ambulanten Pflege gestoppt werden?

Kerstin Stammel: Die Kollegen müssen alle notwendigen Hygienemaßnahmen einhalten. Dafür sind sie geschult. Sie müssen die Patienten und ihre Angehörigen auch über allgemeine Verhaltensregeln zur Vermeidung einer Infektion aufklären, denn welche Kontakte die Patienten oder deren Angehörigen hatten, ist für uns nicht nachvollziehbar.

Wie sollten sich die Kolleginnen und Kollegen informieren und wo sehen Sie die Verpflichtung der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber?

Benjamin Schiller: Man sollte nicht jeder Aussage glauben. Ich informiere mich persönlich bei vertrauensvollen Informationsquellen, z. B. dem Robert Koch-Institut oder dem Gesundheitsministerium, aber auch in der Fachliteratur und über aktuelle Publikationen. Natürlich haben auch die Arbeitgeber eine Pflicht, die Belegschaft zu informieren. Nicht vergessen dürfen wir die anderen Berufsgruppen. Das fängt z. B. bei den Reinigungskräften an, die eine extrem verantwortungsvolle Aufgabe übernehmen.

Das Bundesgesundheitsministerium hat wegen der Coronapandemie die Pflegepersonaluntergrenzen vorübergehend ausgesetzt. Welche Folgen hat das für Ihre Kolleginnen und Kollegen?

Benjamin Schiller: Die Verordnung regelt für die Bereiche Geriatrie, Unfallchirurgie, Kardiologie, Herzchirurgie, Neurologie und die Intensivmedizin ein Mindestmaß an Besetzung für das Pflegepersonal. Personaluntergrenzen schützen Patienten, aber vor allem die Pflegekräfte vor Überlastung und tragen aktiv dazu bei, dass Fehler vermieden werden. Der Gesundheitsminister argumentiert mit der ansteigenden Anzahl von Corona-Infektionen. Wir sehen derzeit aber eher eine Gefährdung der Patienten durch das Aussetzen der Verordnung. Sollte es aufgrund einer zunehmenden Anzahl von Infektionen zu Personalengpässen kommen, sieht die Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV) ohnehin eine Ausnahmeregelung vor. Das übereilte Aussetzen gefährdet Patientinnen und Patienten, aber auch Pflegende im ganzen Land, auch wenn manche Regionen gar nicht von einer höheren Infektionsrate betroffen sind. Sinnvoller wäre es, die Ausnahmeregelung zu nutzen. Diese schützt Patienten und Pflegekräfte zu gleichen Teilen! Gerade im Bereich der Intensivstationen ist das Aussetzen der Untergrenzen eine Katastrophe. Die Kolleginnen und Kollegen sind sowie so schon massiv überlastet.

Wie gehen Sie persönlich mit der Bedrohungslage um?

Kerstin Stammel: Ich persönlich finde diese Hysterie um Corona sehr schlimm. Die Bevölkerung wird verunsichert und zu völlig unlogischen Handlungen wie Hamsterkäufen getrieben. Ängstliche Menschen trauen sich schon nicht mehr aus dem Haus. Gesunde Menschen müssen meiner Meinung nach nur die Empfehlungen einhalten. Wir sollten den Fokus unbedingt auf den Schutz der Risikogruppen legen.

Wie kann sich jeder selbst schützen?

Kerstin Stammel: Hände waschen! Hände waschen! Hände waschen! Auf Körperkontakte, wie Händeschütteln oder Umarmungen verzichten, Abstand halten.

Benjamin Schiller: Auch in der beruflichen Umgebung steht die Händehygiene im Vordergrund! Als Mitarbeiter im Gesundheitswesen sind wir als gut informierte Pflegende aber auch Multiplikatoren für die Bevölkerung. Wir können die Menschen in unserem Umfeld aufklären und unterstützen. So leisten wir einen aktiven Beitrag zur Verlangsamung und Bekämpfung der Ausbreitung.

Kerstin Stammel ist Mitglied des Vorstands der Pflegekammer Niedersachsen. Die gelernte Altenpflegerin hat über 30 Jahre Berufserfahrung. Heute unterstützt sie Pflegeheime, Tagespflegeeinrichtungen und einen ambulanten Pflegedienst in Qualitätsfragen. Sie lebt und arbeitet in Hameln.

Benjamin Schiller ist Mitglied des Vorstands der Pflegekammer Niedersachsen. Der examinierte Gesundheits- und Krankenpfleger arbeitet auf einer Intensivstation der Medizinischen Hochschule Hannover. Er ist stellvertretender Landesbeauftragter in Niedersachen und Bremen für die Deutsche Gesellschaft für Fachkrankenpflege und Funktionsdienste e. V. (DGF).

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