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Lockerungen beim Gottesdienstverbot? Regionalbischof Rathing im Interview

LÜNEBURG. In Folge der Corona-Krise sind öffentliche Gemeindegottesdienste seit 15. März – und vorläufig bis 6. Mai – untersagt. Mögliche Lockerungen werden Thema der Bund-Länder-Gespräche an diesem Donnerstag sein. Die Evangelische Kirche in Deutschland hat bereits „Eckpunkte einer verantwortlichen Gestaltung von Gottesdiensten“ erarbeitet, die von den niedersächsischen Kirchen zu einem differenzierten Hygienekonzept weiterentwickelt werden. Hartmut Merten sprach mit Regionalbischof Dieter Rathing über Gottesdienste in Corona-Zeiten.

Dieter Rathing, Regionalbischof für den Sprengel Lüneburg der hannoverschen Landeskirche

Wie schmerzlich ist das aktuelle Gottesdienstverbot für die 250 Kirchengemeinden in Ihrem Sprengel, für die Pastorinnen und Pastoren und für Sie persönlich?

Rathing: Von vielen weiß ich, dass sie diesen Verzicht nur schwer aushalten. Predigt schreiben und Gottesdienst feiern ist für uns der Kern unserer beruflichen Identität. Auch mir fehlt das.

Viele Gemeinden haben in der Corona-Zeit digitale Gottesdienstformate entwickelt. Glauben Sie, dass die Gottesdienstkultur nach Corona eine andere sein wird als vorher?

Rathing: Ich rechne damit, dass digitale Gottesdienstformen künftig zum Grundprogramm z.B. eines Kirchenkreises gehören werden. Aber auch unsere gewohnten Gottesdienste werden wir über lange Zeit hinweg nur mit besonderen Regeln feiern können. Ich hoffe, die Enttäuschung wird nicht zu groß sein, wenn viele jetzt den Gottesdienst wieder „zurück haben“ wollen und dann einen „ganz anderen“ als den gewohnten vorfinden werden.

Derzeit laufen Gespräche über die Frage, unter welchen Bedingungen die Kirchen wieder zu öffentlichen Gottesdiensten einladen dürfen. Welche Bedingungen werden das sein?

Rathing: Alle Hygieneregeln, die wir in den vergangenen Wochen gelernt haben, werden auch den Gottesdienst bestimmen: Abstand, Infektions- und Mund-Nasen-Schutz.

Es gibt Stimmen, die sich aus Gründen des Infektionsschutzes für eine längere Pause aussprechen. „Solidarisch auf Gottesdienste verzichten!“ lautete kürzlich etwa die Überschrift eines Kommentars im evangelischen Magazin „Zeitzeichen“. Was ist Ihre Meinung dazu?

Rathing: Solidarisch nach Alternativen suchen, wäre meine Antwort. Wann und wo immer es geht, draußen feiern. Die Jahreszeit lädt geradezu ein!

Sofern sich Landesregierung und Kirchen einig werden, könnte der erste öffentliche Gottesdienst wieder am 10. Mai gefeiert werden. Der 4. Sonntag nach Ostern trägt den Namen Kantate: Singt! Ausgerechnet auf das Singen aber soll laut Eckpunktepapier der EKD verzichtet werden. Können Sie sich einen Gottesdienst ohne Gemeindegesang, dafür mit Mund-Nasen-Schutz vorstellen?

Rathing: Noch kann ich mir das nur schwer vorstellen. Aber wir haben uns auch vor Wochen manches nur schwer vorstellen können, was dann ganz schnell Wirklichkeit geworden ist. Und wenn dann unsere Stimmen durch den Mundschutz gedämpft werden, entspricht das ja vielleicht auch eher unserer gedämpften Stimmung, selbst am Singe-Sonntag.

Auch in der Kirche wird die Abstandsregel gelten. Wer bestimmt eigentlich, wie viele Gottesdienstbesucher mit dieser Maßgabe in eine Kirche hineinpassen und wer kontrolliert das?

Rathing: Es könnte für jede Person eine bestimmte Quadratmeterzahl in einer Kirche bestimmt werden. Die Küster werden uns da gut einweisen, und wir werden auch selbst einen Blick dafür entwickeln.

Stellen wir uns vor, ein Kirchengebäude fasst unter Einhaltung des Abstandsgebotes 40 Personen, es kommen aber 45 Menschen. Wie sollen Kirchengemeinden damit umgehen?

Rathing: Auf Rücksicht und Verständnis sind wir alle in diesen Tagen angewiesen, und jeder praktiziert sie. Das werden wir als Christenmenschen in guter Verständigung dann doch auch hinkriegen, oder?

Rechnen Sie damit, dass Pfarrämter und Kirchenvorstände angesichts der geforderten Einschränkungen doch lieber auf Gemeindegottesdienste verzichten? Was sagen Sie denen?

Rathing: Wie in anderen Bereichen auch werden wir behutsam wieder beginnen. Je nach personellen und räumlichen Möglichkeiten können einige früher öffnen, andere später. Kein Druck! Aber viel Barmherzigkeit füreinander!

Als Regionalbischof sind Sie von dem Gottesdienstverbot ebenso betroffen wie alle anderen. Wann und wo werden Sie wieder auf eine Kanzel steigen und wie bereiten Sie sich nach der langen Pause darauf vor?

Rathing: Mein nächster Gottesdienst wäre zu Himmelfahrt in der Lüneburger St. Johanniskirche. Meine Vorbereitung wird vor allem im Blick auf alles „Gehen und Stehen“ eine besondere sein.

Regionalbischof Dieter Rathing leitet den Sprengel Lüneburg der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Dazu gehören die zehn Kirchenkreise im nordöstlichen Niedersachsen: Wolfsburg-Wittingen, Gifhorn, Celle, Walsrode, Soltau, Uelzen, Hittfeld, Winsen/Luhe, Lüchow-Dannenberg und Lüneburg.

PR

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