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Jussuf Abbo „Der heimatlose Prinz“ – Präsentiert durch den Künstler Said Baalbaki

  • Celle

CELLE. Die Ausstellung zeigt den Künstler Jussuf Abbo, der um 1888 in Safed, damals zugehörig zur Provinz Beirut, geboren wurde und im Deutschland der 1920er Jahre eine beeindruckende künstlerische Entwicklung nahm. Sie stellt seinen Erfolg als exotischer Charakter in der künstlerischen Boheme Szene Berlins und später auch als geschätzter Künstler bei Galeristen und Sammlern dar. Aber auch sein Absturz mit dem Erstarken der Nationalsozialisten als jüdischer Bildhauer und Ausländer in Deutschland wird thematisiert. 1935 gelingt ihm zusammen mit seiner Frau Ruth die Flucht nach England. Die Umstände im Exil erlauben ihm jedoch nicht, wieder ein Leben als anerkannter Künstler aufzubauen. Er stirbt 1953 vereinsamt und von der Kunstwelt vergessen, in London.

Vorarbeiten für die Ausstellung Jussuf Abbo „Der heimatlose Prinz“. Gezeigt werden Zeitläufe, Werke und historische Dokumente zu den Werken Jussuf Abbos.

Jussuf Abbo ist ein von den Nationalsozialisten verfemte Künstler, der wie viele von ihnen in der Vergessenheit steckengeblieben ist. Es ist ihnen nach dem Zweiten Weltkrieg oft nicht gelungen, an ihre künstlerischen Erfolge wieder anzuknüpfen. Der heimatlose Abbo wurde nicht nur in Deutschland, England oder Frankreich vergessen (wo er ebenfalls für kurze Zeit arbeitete), sondern auch in Palästina oder seiner jüdischen Heimat. In den vergangenen Jahren ist vielen der verfemten und vom Ausstellungsverbot betroffenen Künstlern wieder eine öffentliche Würdigung oder Präsentation gewidmet worden. Das künstlerische Erbe Jussuf Abbos wurde seit 2009 in verschiedenen Beiträgen und Ausstellungen der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht. Seine Familie, die heute in England und Frankreich lebt, hat daran einen wesentlichen Anteil. In den letzten Monaten wurden kleinere Teile des erhaltenen bildhauerischen Nachlasses im Kunsthaus Dahlem in Berlin gezeigt und über 60 Werke besonders aus dem grafischen Nachlass wurden im Sprengel-Museum Hannover präsentiert. Zu beiden Ausstellungen ist jeweils ein umfangreicher Katalog erschienen.

Das Besondere der im atelier 22 e.V. gezeigten Ausstellung ist, dass das Leben Jussuf Abbos von einem Künstler – Said Baalbaki – präsentiert wird, der noch dazu ein Künstler aus dem gleichen Kulturkreis ist. Baalbaki ist ebenfalls künstlerisch in beiden Kulturen verankert und er hat in aktuellen Künstlerkreisen Reputation, Anerkennung und eine tiefe menschliche Vernetzung erreicht. Said Baalbaki ist 1974 in Beirut geboren und hat dort sein Studium der Malerei abgeschlossen. 2001 hat er in Amman den syrisch-deutschen Künstler Marwan kennengelernt und ist von diesem nach Berlin eingeladen worden, wo er an der UdK seine künstlerische Ausbildung fortgesetzt hat. Baalbaki lebt in Berlin und Beirut und hat eine Vielzahl von Auszeichnungen und Förderungen erhalten. Auch Baalbaki, der während des Libanesischen Bürgerkrieges (1975-90) in Beirut aufgewachsen ist, hat die Zerstörung seiner künstlerischen Schaffenskraft durch Gewalt und Krieg erfahren. Als er 2006 von Berlin nach Beirut zurückkehrte, erwischte ihn der Krieg erneut, wie er sich ausdrückt. Der Krieg nahm ihn als Geisel, er fühlte sich wie ein Erstickender, unfähig zu malen und plötzlich versiegte seine Quelle der künstlerischen Inspiration.

Bereits seit mehr als fünf Jahren erforscht Baalbaki das Leben dieses vergessenen Künstlers Jussuf Abbo. In dieser Ausstellung präsentiert er in einer sehr persönlichen Art das künstlerische Werk des „verträumten Arabers“ mit dem „weißen Herzen“. Er beschäftigt sich nicht nur mit der Erinnerung an einen vergessenen Künstler, sondern auch mit der Aufbewahrung unseres gemeinsamen und kollektiven Gedächtnisses. Die Frage der persönlichen Identität, Heimat und örtlichen Zugehörigkeit in sich auflösenden Strukturen oder Grenzen werden thematisiert. Abbo erlebte den Zerfall des osmanischen Reiches, was ihn in der Weimarer Republik zu einem Staatenlosen machte und sein Künstlerleben durch Elend, Krieg und Hass zerstörte. Dies führt unmittelbar in unsere heutige Gegenwart des Zerfalls gesellschaftlichen Zusammenlebens, des Verlusts von Heimat und kultureller Identität in unserer Nachbarschaft.

Diese Ausstellung trägt bei zur Rekonstruktion der Biografie eines modernen Künstlers, der gleichzeitig verschiedene Kulturen lebt. Sie ist eine Hommage an den immer suchenden Bildhauer Jussuf Abbo, der, wie Baalbaki sagt, die enge Verbindung sucht zwischen der Materie Stein und dem geistigen Medium Gedächtnis. Abbo, der „als Kind sicher einen Kiesel-Stein in den Galiläa See geworfen hat, der den Bau-Stein in Jerusalem geschnitten hat oder der den geliebte Lithografie-Stein gerne in Berlin gezeichnet hat. Und der den Marmor-Stein in London gemeißelt hat. Und so wird Abbo das Gedächtnis eines Volkes, eines Landes, die von Schicksal und Fluch betroffen sind.“ (Said Baalbaki in dem Vortrag „Mémoires de pierre“ < Stein-Erinnerung >, gehalten 2017 an der UdK
Berlin.)

Gezeigt werden etwa 50 Werke Jussuf Abbos, überwiegend aus seiner Blütezeit als junger Künstler der 1920er und 1930er Jahre in Berlin und Hannover. Wer wegen Corona den Besuch der Ausstellung Abbos im Sprengel Museum Anfang dieses Jahrs verpasst hat, kann jetzt einen anderen Teil seiner Werke im atelier 22 e.V. sehen, ergänzt um Dokumente und Zeitläufe des Lebens und Arbeitens Abbos in der Künstlerboheme Berlins. Der deutsch-libanesische Künstler Said Baalbaki führt durch die Ausstellung und die Kunst Abbos. Nur selten erleben wir, dass ein junger Künstler, der aus dem gleichen Kulturkreis kommt, einen verstorbenen Künstler bespricht. Baalbaki arbeitet sich an der Kunst Abbos und an Themen ab, die auch für heute lebende Künstler entscheidend sind, wie

o Welche Lebenserfahrung prägen die Werke eines Künstlers?
o Welchen Einfluss hat das Bedürfnis „Heimat“ auf seine Kunst?
o Wie war Abbo in der Künstlerboheme seiner Zeit vernetzt (u.a. Künstler-Freundschaft mit Else Lasker-Schüler)?

Said Baalbaki führt am Samstag und Sonntag, den 13. und 14. Juni 2020 durch seine Ausstellung. Nutzen Sie die Gelegenheit für persönliche Rückfragen und bitten um Erklärungen.

Corona erlaubt nicht die Veranstaltung einer traditionellen Vernissage. Daher wird die Ausstellung mit Führungen in kleinen Gruppen eröffnet:

Samstag, 13. Juni von 16 – 18 Uhr
Sonntag, 14. Juni von 14 – 18 Uhr

Bitte tragen Sie sich in die Besucherliste ein unter www.atelier22-celle.de und erleben Sie die persönliche Führung des Künstlers Said Baalbaki. Information des atelier 22 e.V. zur Ausstellung Jussuf Abbo „Der heimatlose Prinz“, von 13.06. bis 26.07.2020 29225 Celle, Hattendorffstrasse 13 Kontakt: info@atelier22-celle.de.

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